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Die Geächteten

Die Geächteten

Titel: Die Geächteten
Autoren: Hillary Jordan
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lange. Das hätte ganz leicht ihr eigenes Leben werden können, wenn sie in Dallas geblieben wäre und ihre Strafe angenommen hätte. Sie dankte ihm freundlich, als er ihr den Schlafsack reichte, und dachte, egal, was sie erlebt hatte und noch durchmachen musste, es war es wert gewesen, um solch ein Schicksal zu vermeiden.
    Als sie den Laden verließ, sah sie ein Schild über der Tür: FROHES NEUES JAHR WÜNSCHEN ALLE MITARBEITER! Sie blieb stehen. Ein neues Jahr hatte begonnen. Wo würde sie im nächsten Jahr am 1. Januar sein? In einem Haus oder einem Apartment, auf dem Land oder in der Stadt, mit einem Mitbewohner, einem Freund, einem Ehemann, einer Katze? In Gedanken malte sie sich alle Szenarien aus, versuchte, eines nach dem anderen Gestalt annehmen zu lassen, doch keines von ihnen klang nach oder nahm irgendeine konkrete Form an. Das Einzige, was sie im Moment sah, war Weiß.
    Sie parkte auf dem Parkplatz eines riesigen Einkaufszentrums einige Kilometer weiter die Straße hinunter und schlief eingewickelt in ihren Schlafsack auf dem Boden des Lieferwagens fast zwölf Stunden. Als sie aufwachte, war es schon wieder dunkel, und es hatte aufgehört zu schneien. Sie prüfte die Temperatur – minus zwölf Grad, die sich bei dem kalten Wind wie minus fünfzehn Grad anfühlten. Bei dieser Kälte zog sie es vor, in einen Becher zu pinkeln. Sie rümpfte die Nase, als sich der Geruch in dem engen Raum verbreitete. Sie goss es aus dem Fenster, dann putzte sie sich die Zähne, spritzte etwas Wasser in ihr Gesicht und fuhr zurück zur Autobahn. Auf ihrer Fahrt kam sie an einem White Castle vorbei. Ihr Magen begann sofort nach einem Burger, Pommes und einem Becher Kaffee zu verlangen, doch nach einem kurzen, heftigen Schlagabtausch zwischen ihm und ihrem Gehirn griff sie nach einem weiteren matschigen Sandwich aus der Kühlbox. Sie aß jeden noch so unappetitlichen Bissen und tröstete sich die ganze Zeit damit, dass dies der Geschmack der Freiheit sei.
    Auf der Autobahn war Sand gestreut worden, so konnte sie etwas schneller fahren. Sie hoffte, Champlain gegen Mitternacht zu erreichen. Unweit von Syracuse hielt sie an einer Tankstelle, um den Lieferwagen aufzuladen. Die Temperatur war jetzt auf fast minus zwanzig Grad gefallen, und sie hatte mehr als nur Harndrang. Also riskierte sie es hineinzugehen, um die Toilette zu benutzen. Das riesige Video im hell erleuchteten Sitzbereich war an, und eine große Gruppe von Menschen hatte sich davor versammelt, einige saßen mit weit aufgerissenem Mund davor. Sie waren derart auf den Bildschirm fixiert, dass sie keine Notiz von der Roten nahmen. Hannah blieb stehen, um ebenfalls zuzusehen.
    Sie sah eine kess, blonde Nachrichtensprecherin – der langweilige Typ, der auch mit vierzig noch versuchte, anbetungswürdig zu erscheinen. Hinter ihr eine Einstellung der Washington National Cathedral. Dann wechselte das Bild zu Aidan, der mit rotem Kopf voller Leidenschaft von der Kanzel sprach. Hannah spürte, wie sich in ihr etwas verschob, wie bei einem Erdbeben. Nein, nein, du hast es versprochen . Sie ging zum Video, als würde sie allein auf dem Boden des Meeres laufen, ihre Gliedmaßen wurden angesichts des Widerstandes des Wassers immer langsamer, das Geräusch, das auf ihre Ohren traf, war verzerrt und widersinnig. Sie bahnte sich ihren Weg durch die Menge, weil sie das hören musste.
    »… der Neujahrstag endet in einem Tumult«, sagte die Sprecherin atemlos vor Aufregung. »Er endet mit der Absetzung Aidan Dales als Minister für Glaubensfragen, nachdem dieser eine hitzige und unerwartete Rede gehalten hat, in der er die Hautverchromung als von Gott ungewollt, verfassungswidrig und unmenschlich bezeichnet hat. Er hat den Kongress und einen sehr überraschten Präsident Morales aufgerufen« – ein schneller Schnitt auf die verblüfften Gesichter des Präsidenten und der First Lady –, »dieses Verfahren sofort zu untersagen. Darüber hinaus schockierte er die Kirchengemeinde und die ganze Welt, indem er eingestand, eine außereheliche Affäre mit einer Frau ohne Namen zu haben.«
    Wieder kam Aidan ins Bild. »Behaltet mich in Erinnerung, wie ich wirklich bin«, sagte er, »ein Sünder, der unter euch ging, sich hinter einer Maske aus Frömmigkeit versteckte, während in meinem Herzen die Falschheit brannte. Über zwei Jahre lang habe ich mein eheliches Gelübde gebrochen, in Gedanken und in Taten. Ich habe meinen Gott und meine Frau betrogen« – Nahaufnahme von einer
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