Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Gamant-Chroniken 02 - Die Rebellen von Tikkun

Die Gamant-Chroniken 02 - Die Rebellen von Tikkun

Titel: Die Gamant-Chroniken 02 - Die Rebellen von Tikkun
Autoren: Kathleen M. O'Neal
Vom Netzwerk:
dunkelbraune Augen. Im Moment waren diese Augen weit aufgerissen und furchterfüllt wie die eines Kaninchens, das in der Falle saß. Tahn trat ein und zuckte zusammen, als Mikael vor ihm zurückwich, die Lippen fest zusammengepreßt, um ein Schluchzen zu unterdrücken.
    Die Tür schloß sich mit einem leisen Geräusch. Tahn bemühte sich um ein freundliches Lächeln, während er sich in der Kabine umschaute. Sie war etwa zwölf Quadratmeter groß. Auf der rechten Seite standen ein Tisch und zwei Stühle, links das Bett. In einer Nische an der Rückwand befand sich ein kleiner Schreibtisch mit einer Computereinheit. Beleuchtet wurde der Raum lediglich von einer einzigen Röhre.
    »Alles in Ordnung, Mikael?«
    »Ja, Sir.«
    »Du hast es hier ziemlich dunkel.«
    Mikael befeuchtete seine Lippen und schwieg mehrere Sekunden. Dann deutete er zu den Deckenleuchten und flüsterte: »Diese hellen Lichter machen mir Angst, Sir.«
    Tahn nickte und machte sich insgeheim den Vorwurf, nicht selbst daran gedacht zu haben. Auf Kayan hatten die Gamanten in primitiven Höhlen gewohnt. Öllampen und Kerzen waren ihre einzigen Lichtquellen gewesen. »Wäre es dir recht, wenn ich eine Lampe holen ließe? Wir könnten sie am Tisch befestigen, und du müßtest die Deckenleuchten überhaupt nicht mehr benutzen.«
    »Ja, Sir. Danke sehr, Sir.«
    Die Worte kamen so leise heraus, daß Tahn sie kaum verstand. Er bewegte sich unbehaglich und verlagerte sein Gewicht auf den linken Fuß. Der Junge zuckte zusammen, und Tahn dämmerte langsam, wie einschüchternd seine physische Präsenz auf den Knaben wirken mußte. Er kniete sich nieder. »Ich habe dir etwas mitgebracht«, erklärte er mit bemüht fröhlicher Stimme.
    »Was denn?«
    Tahn griff in seine Hemdtasche, zog drei in Plastik eingeschweißte Briefmarken hervor und reichte sie Mikael. Es handelte sich um die Lieblingsmotive des Jungen, alte Marken, auf denen die ersten Sternenschiffe abgebildet waren. Mikael blickte auf die Marken und krümmte abwehrend die Schultern, dann drehte er sich weg.
    Seine Haltung traf Tahn wie ein Schlag in den Magen. Er senkte den Kopf und verwünschte sich selbst. Dann sagte er sanft: »Es ist schon in Ordnung, Mikael. Ich dachte nur, du würdest die Marken vielleicht gerne haben. Ich möchte, das wir Freunde werden.«
    Der Junge schwieg, doch in seinen Augen standen bittere Anklagen: Du hast meine Welt vernichtet. Du hast meine Familie getötet!
    Tahn rieb sich die Stirn. Er hatte keinerlei Entschuldigung anzubieten, vom Haß auf sich selbst einmal abgesehen, und er bezweifelte, ob das Kind eine derart irrelevante Begründung akzeptieren würde.
    Er legte die Marken vor Mikael auf den Teppich, war sich angesichts der Dunkelheit aber nicht sicher, ob der Junge sie überhaupt erkennen konnte. Tahn tippte auf eine der Marken und fragte: »Erinnerst du dich an diese hier?«
    Der Junge erschauerte und schlang die Arme um den Leib.
    Stirnrunzelnd sah Tahn die Gänsehaut auf seinen Armen. »Ist dir kalt, Mikael?«
    »Nur ein bißchen.«
    »Tut mir leid. Bei Nacht werden die Kabinentemperaturen im Schiff gesenkt und ich habe vergessen dir zu zeigen, wo der Thermostat ist.« Verdammt. Auf Kayan herrschten die meiste Zeit des Jahres über tropische Temperaturen. Kein Wunder, daß er friert. Tahn erhob sich, ging zu dem Kontrollpanel über dem Bett des Jungen und stellte die Temperatur auf 24 Grad ein.
    »Du mußt nur diesen Zeiger nach rechts verstellen, Mikael, dann wird es so warm, wie du es haben möchtest.«
    Mikael antwortete nicht. Er hatte die Unterlippe zwischen die Zähne gezogen und starrte furchtsam auf die Briefmarken, als handle es sich dabei um eine feindliche Lebensform, die plötzlich aufspringen und ihn angreifen könnte.
    Tahn kniete sich wieder neben die Marken und deutete auf die rechts liegende. »Dies hier ist das erste Frachtraumschiff, das die Menschen gebaut haben. Erinnerst du dich? Es stammt von der Alten Erde.«
    Mikael blickte auf und flüsterte: »Ich erinnere mich.«
    »Weißt du auch noch, wie alt diese Marke ist?«
    »Nein, Sir. Das interessiert mich nicht.«
    Tahn atmete langsam aus. »Aber ich dachte, das wäre diejenige gewesen, die dir am besten gefallen hat. Ich wollte sie dir schenken.« Er nahm die Marke und reichte sie dem Jungen.
    Mikael wich einen Schritt zurück. »Ich will sie nicht. Ich will gar nichts von Ihnen! Sie sind ein böser Mann!« Seine Brust hob und senkte sich heftig. Der Blick, mit dem er Tahn bedachte, zeugte
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher