Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Galerie der Lügen

Titel: Die Galerie der Lügen
Autoren: Ralf Isau
Vom Netzwerk:
soll ich getan haben?«
    »Jetzt ist es genug, Ms Daniels. Treten Sie vor und lassen Sie sich die Handschellen anlegen, sonst zwingen Sie uns, Gewalt anzuwenden.«
    »Ich bin unschuldig.«
    »Darüber habe ich nicht zu befinden.«
    »Aber ich arbeite seit einem Monat an einem Buch und habe meine Wohnung so gut wie nie verlassen.«
    »Es genügt, wenn Sie am Tag der Tat in Paris gewesen sind, und daran besteht kein Zweifel, weil…« Longfellow klappte mitten im Satz den Mund zu. Offenbar hatte er schon mehr gesagt, als ihm erlaubt war.
    »Weil…?«, echote Susan.
    »Nicht jetzt«, beschied der Beamte. »Und nicht hier.«
    Alex kam sich vor wie in einem Albtraum und fragte sich, warum sie nicht endlich aufwachte. »Wieso sind Sie von meiner › Mittäterschaft ‹ so überzeugt, Superintendent?«, bohrte sie weiter. »Sprechen Sie es ruhig aus. Wenn Ihre Beweise auf Tatsachen beruhen, sagen Sie mir ohnehin nichts Neues.«
    »Na schön«, schnaubte Longfellow. »Anscheinend wollen Sie’ s so richtig auskosten, was? Glauben Sie mir, Ms Daniels, Sie wären nicht die Erste, die einen Mord begeht, um ein bisschen Aufmerksamkeit zu erheischen. Vielleicht täusche ich mich auch im Hinblick auf Ihre Motive. An Ihrer Schuld wird das letztlich nichts ändern. Die Indizien sprechen gegen Sie.«
    »Was für Indizien? Ich bin seit mindestens zwei Jahren nicht mehr in Paris gewesen.«
    Longfellows Gesicht blieb unbewegt. »Eine ziemlich schwache Verteidigung, Ms Daniels. Wir können beweisen, dass Sie vor drei Wochen sogar den Louvre besucht haben, und zwar nicht, um sich die Mona Lisa anzuschauen. Die Apparatur zum Einspeisen eines Fremdsignals in das Videoüberwachungssystem des Museums wurde in einem der Öffentlichkeit nicht zugänglichen Bereich gefunden.«
    »Was für eine Apparatur?«
    Der Detective breitete die Hände aus. »Na die, auf der man Ihre Fingerabdrücke sichergestellt hat.«

 
    Kapitel 2
     
     
     
    »Vorstellungskraft ist wichtiger als Wissen.«
    Albert Einstein
     
     
     
    ÜBER ÖSTERREICH,
    Dienstag, 25. September, 13.05 Uhr
     
    Selbst durch das schlierige Fenster eines Airbusses wirkten die schneebedeckten Gipfel der Alpen noch majestätisch. Darwin Shaw sah auf seine Armbanduhr. Der Kapitän hatte gesagt, die Maschine würde pünktlich in Wien landen. In fünfundzwanzig Minuten also. Genug Zeit, um im Kopf noch einmal alles durchzugehen. Er hatte eine Menge Fragen an den werten Hofrat Professor Dr. Alois Stangerl. Darwin schüttelte den Kopf und musste unweigerlich sch munzeln. Der Titelfetischismus der Österreicher belustigte ihn. Fast so sehr wie der britische.
    Das Gefühl der Heiterkeit verflüchtigte sich ebenso schnell, wie es gekommen war. Er befand sich nicht auf einer Vergnügungsreise. Wenn er morgen Abend nach London zurückflog, dann brauchte er mehr als Seifenblasen im Gepäck. Drei ungelöste Fälle waren für seinen Schreibtisch mindestens zwei zu viel. Es machte ihm nichts aus, Tag und Nacht unter Strom zu stehen. Gegen den Druck in der Army war der Job bei ArtCare bisher eine Entspannungsübung gewesen. Aber jetzt drohte die Sache aus dem Ruder zu laufen. Wenn im Wochentakt neue Museumseinbrüche hinzukamen und der Ruf nach Ergebnissen im Direktorium immer lauter wurde, obwohl die Faktenlage mehr als lückenhaft war, dann roch das verdammt nach einem weiteren Karriereknick.
    Darwin Matthew Shaw hatte den Rauswurf bei der Royal Military Police noch nicht ganz verkraftet.
    Er war als junger Bursche direkt von der Schule in die Armee Ihrer Majestät gewechselt, hatte eine Ausbildung in der Royal Army School of Mechanical Transport genossen und gerade seinen Ingenieur gemacht, als man sein investigatives Talent entdeckte und ihm vorschlug, zur Militärpolizei zu gehen. Er sagte ja und wurde in Rekordzeit zum Corporal befördert. Kaum zwei Jahre später fragte ihn sein Vorgesetzter, ob er sich eine Zukunft im Special Investigation Branch vorstellen könne. Der SIB beschäftigte sich nicht nur mit Schwerverbrechen, sondern auch mit den heiklen Fällen, die besonderes Fingerspitzengefühl benötigten. Wieder hatte Darwin seine Chance genutzt. Im SIB stieg er schnell zum Warrant Officer auf. Als er mit zweiunddreißig Provost Marshal, also Kommandeur, geworden war, wurde ihm ein besonders sensibler Fall übertragen.
    Und der brach ihm das Genick.
    Darwin hatte einen im dritten Golfkrieg hoch dekorierten Offizier einer Reihe besonders schmutziger Verbrechen überführt. Wäre die
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher