Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die galante Entführung

Die galante Entführung

Titel: Die galante Entführung
Autoren: Georgette Heyer
Vom Netzwerk:
empörte Mr. Calverleigh. »Das geht einfach nicht, Ma’am! Ein solches Benehmen – « Er brach plötzlich ab, als sie zwischen Tränen und Lachen zu ihm aufsah, und sagte in einem ganz anderen Tonfall: »Aber was ist denn das? Laß dich einmal ansehen!« Als er, noch während er sprach, ihr Gesicht zwischen seine Hände nahm und es zu sich aufhob, mußte sie ihn gewähren lassen. Sie wagte ihm nicht in die Augen zu sehen und brach fast wieder zusammen, als er sie einen Augenblick prüfend angesehen hatte und sagte: »Meine Geliebte, ich habe dich in besterhaltenem Zustand verlassen! Was ist denn hier alles vor sich gegangen?«
    Sie entfernte sich von ihm und sagte: »Sehe ich mitgenommen aus? Ich bin – ich bin ziemlich müde. Fanny war krank, und auch sonst war einiges los.« Sie lächelte mühsam und wies auf einen Stuhl. »Wollen Sie sich nicht setzen? Ich muß Ihnen sagen – Ihnen erklären –, warum ich Sie nicht heiraten kann.«
    »Ja, ich glaube, das mußt du wirklich«, sagte er und zog sie zum Sofa. »Ich kann mir nur einen Grund denken: daß du findest, du liebst mich nicht genug.«
    Sie ließ es, wenn auch widerstrebend, zu, daß er sie sanft auf das Sofa niederdrückte, und saß dann streng aufgerichtet da, die Hände fest im Schoß gefaltet. »Ich wollte Ihnen sagen, daß das wirklich der Grund sei«, sagte sie mit niedergeschlagenen Augen. »Ich – dachte, es wäre am besten, genau das zu sagen. Ich wollte nie, nie – « Sie schwieg, als ihr etwas einfiel, und sah mit einem empörten Funkeln in den Augen auf. »Ich möchte gern wissen, was sich Mitton eigentlich dabei gedacht hat, mich einfach von Ihnen überfallen zu lassen, ohne zuerst zu kommen und zu fragen, ob ich überhaupt für Besucher daheim sei. Er hat Sie nicht einmal angemeldet!« sagte sie, und ihrer Stimme war deutlich anzuhören, daß sie sich schlecht behandelt fühlte.
    Er hatte am anderen Ende des Sofas, seitwärts gewandt und einen Arm auf die Lehne gelegt, Platz genommen, so daß er ihr Profil im Auge behalten konnte. Er schien sich durchaus wohl zu fühlen, und in seinem Verhalten deutete nichts darauf hin, daß er etwas von dem Kummer empfand, der bei einem Herrn natürlich gewesen wäre, dessen Werbung soeben abgelehnt worden war. Er sagte: »Oh, du darfst den armen Kerl nicht rügen. Ich habe ihm gesagt, ich würde mich selbst anmelden.«
    »Dazu hattest du kein Recht!« schalt Abby. »Wenn du mich nicht erschreckt hättest – wenn ich nur einen Augenblick lang vorgewarnt gewesen wäre – dann hätte ich nicht – dann wäre es nicht passiert!«
    »Nun, vielleicht hättest du mich nicht geküßt, aber ich hatte die feste Absicht, es zu tun. Daher ist es gut, daß er mich nicht angemeldet hat«, sagte Mr. Calverleigh. »Küßt du eigentlich immer Herren, die unangemeldet hereinkommen? Ich werde sehr achtgeben, daß das keiner mehr tut, wenn wir verheiratet sind.«
    Ein Lächeln zitterte auf ihren Lippen. Sie errötete leicht, schüttelte aber den Kopf und sagte: »Wir werden nicht heiraten!«
    »Richtig, das habe ich vergessen«, sagte er entschuldigend. »Warum werden wir nicht heiraten?«
    »Das ist es eben, was ich dir meinem Gefühl nach erklären muß. Ich hatte es nicht vor, aber da ich mich so ungehörig benommen habe, würde die Erklärung, daß ich dich nicht liebe, wenig nützen, nicht wahr?«
    »Nein, gar nicht«, sagte er zustimmend.
    »Eben. Also – du mußt versuchen, es zu verstehen, Miles! Ich weiß, du teilst diesbezüglich meine Gefühle nicht, also ist es sehr schwierig, es dir zu erklären. Ich habe nachgedacht und nachgedacht – mit mir argumentiert, bis mein Kopf schmerzte – aber schließlich habe ich erkannt, daß ich dich nicht heiraten kann – nicht darf!«
    »Und was hat dich zu diesem Schluß geführt?« fragte er im Plauderton.
    Sie begann an ihrem feuchten Taschentuch herumzukneten. »Ich nehme an, man könnte sagen, Mrs. Ruscombe sei schuld daran. Sie ist Cornelias Busenfreundin – James’ Gattin, weißt du –, und macht es sich zum Anliegen, uns nachzuspionieren und Cornelia über alles, was wir tun, zu berichten.« Sie hob die Augen kurz zu ihm auf und lächelte verzerrt. »Ich fürchte, wir waren nicht sehr diskret, Miles, denn sie erzählte Cornelia, daß ich dich ermutige, mir den Hof zu machen. Das brachte, wie du dir vorstellen kannst, James über unser Haupt. Natürlich gerieten wir einander in die Haare – das tun wir immer –, aber obwohl ich entsetzlich wütend war,
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher