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Die galante Entführung

Die galante Entführung

Titel: Die galante Entführung
Autoren: Georgette Heyer
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nicht.«
    »Sie könnten mir helfen, daß ich mich finanziell erhole – mir Zeit geben!«
    »Das könnte ich. Ich könnte dich auch ruinieren. Ich will beides nicht – obwohl ich beim Anblick von Danescourt stark versucht war, dich deinen Wohnsitz im King’s Bench-Gefängnis aufschlagen und dich dort verrotten zu lassen. Was du übrigens tun wirst, wenn du mein Angebot ablehnst.«
    »O verdammt, ich kann nicht ablehnen! Wie bald kann ich den Zaster haben?«
    »Sobald die Übertragung vollzogen ist. Die nötigen Dokumente werden soeben vorbereitet, und du findest sie bei meinem Anwalt. Ich versehe dich mit seiner Anschrift. Nimm übrigens lieber deinen eigenen Mann mit, um zu sehen, daß alles in Ordnung ist.«
    »Das werde ich bestimmt tun. Und ich werde Ihnen sehr verbunden sein, wenn Sie mir sofort einhundert vorstrecken, Sir!«
    »Die schenke ich dir«, sagte Miles und zog eine Banknotenrolle aus der Tasche.
    »Sie sind sehr gütig!« sagte Stacy steif. »Wenn Sie also nichts mehr zu sagen wünschen, möchte ich Ihnen Gute Nacht sagen.«
    »Nein, nichts mehr«, antwortete Miles. »Gute Nacht.«

18
    Da Miss Butterbank, die eine Nacht und den größten Teil des Tages unter den Todesqualen heftiger Zahnschmerzen gelitten hatte, beim Zahnarzt saß, als Mr. Miles Calverleigh nach Bath zurückkehrte, wurde die Nachricht von seiner Ankunft erst Stunden nach seinem unerwarteten Besuch bei Miss Abigail zum Sydney Place getragen. Sie wurde völlig überrumpelt. Er fand sich zu einer ungewöhnlich frühen Stunde ein, und Mitton mußte zugeben, er glaube schon, daß Miss Abigail daheim sei. Miles sagte, es sei nicht nötig, ihn anzumelden, rannte die Treppe empor und hinterließ Mitton im Besitz seines Hutes und Malakkastocks und hin- und hergerissen zwischen romantischen Vermutungen und Mißbilligung eines so formlosen Benehmens.
    Abby war allein und damit beschäftigt, einen Kragen aus Spitzenstoff zuzuschneiden. Der Tisch im Salon war mit Stecknadeln, Schnittmustern und Pergamentblättern übersät, und Abby hatte eben die Zuschneideschere ergriffen, als Mr. Calverleigh lässig das Zimmer betrat. Sie sah auf; ein Laut zwischen Atemanhalten und Aufschrei entschlüpfte ihr; die Schere fiel klappernd zu Boden, und Abby lief unwillkürlich mit ausgestreckten Händen auf ihn zu. »Du bist zurückgekommen! Oh, du bist doch zurückgekommen!« rief sie.
    Wie unklug und sogar ungehörig es war, ihre Gefühle so zu verraten, wurde ihr zu spät bewußt, aber Mr. Calverleigh schien es überhaupt nicht zu bemerken. Bevor sie sich noch besinnen konnte, lag sie schon in seinen Armen und wurde mit beträchtlicher Heftigkeit geküßt. » Mein strahlender, mein ganz besonderer Stern! « flüsterte ihr Mr. Calverleigh ins Ohr.
    Mr. Calverleigh hatte sehr starke Arme und eine zur Benützung durch eine großgewachsene Dame sehr bequem gebaute Schulter. Abby, nach Atem ringend, lehnte ihre Wange dankbar an sie und hatte einige kurze Augenblicke lang das Gefühl, daß sie nach einer stürmischen Überfahrt sicher im Hafen vor Anker gegangen sei. Sie sagte, sich an ihn schmiegend: »Miles! Oh, mein Lieber, du hast mir so entsetzlich gefehlt!« Aber kaum hatte sie das ausgesprochen, als auch schon alle Schwierigkeiten ihrer Lage über sie hereinstürmten, samt der Erinnerung an den Entschluß, zu dem sie sich so schmerzhaft durchgerungen hatte. Sie sagte, als sie sich loszureißen versuchte: »Nein! Oh, ich kann mir nicht vorstellen, wieso ich –! Ich kann nicht, Miles, ich kann ja nicht!«
    Mr. Calverleigh, der erfolgreiche Geschäftsmann, war nicht so leicht aus dem Gleichgewicht zu bringen. »Was kannst du nicht, meine Herzliebste?« erkundigte er sich.
    Abby sagte mit zitternder Stimme: »Dich heiraten! Oh, Miles – nicht!«
    Sie riß sich von ihm los, wandte sich ab, tastete blind nach ihrem Taschentuch und versuchte ihr möglichstes, sich nicht von ihrer Gemütsbewegung überwältigen zu lassen.
    »Also, ich muß schon sagen!« rief Mr. Calverleigh in schmerzlich verblüfftem Ton aus. »Das übersteigt doch alles! Nach dem, was sich soeben zwischen uns abgespielt hat! Ich staune, daß du es wagst, mir ins Gesicht zu blicken!«
    Abby wagte ja gar nicht, ihm ins Gesicht zu blicken – sie war damit beschäftigt, sich die nassen Wangen abzutrocknen.
    »Hat dir noch nie jemand gesagt, daß es die Höhe an Ungehörigkeit ist, einen Herrn zu küssen, falls du nicht die Absicht hast, ihn unverzüglich zum Altar zu begleiten?« fragte der
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