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Die Gabe der Magie

Die Gabe der Magie

Titel: Die Gabe der Magie
Autoren: Kathleen Duey
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sich schämen. Pfef ferminztee in Flaschen zu
verkaufen.«
    Die Magierin reckte sich, um größer
auszusehen. »Dieses Serum ist aus einer seltenen Gebirgsflechte gewonnen, die
nur …«
    »Still«, zischte Mattie. Mit einem ihrer
dicken Finger klopfte sie auf die Kutschbank. Die Magierin zögerte, griff dann
jedoch nach dem Haltegriff und zog sich empor. Micah kletterte auf der anderen
Seite hoch und wartete zitternd, während die alte Magierin viel Aufhebens darum
machte, ihren Umhang zurechtzuzupfen und die Zügel von der Querstange zu lösen.
    »Denken Sie an meine
Worte«, rief Mattie der Magie rin
zu. Dann wandte sie sich an Micah. »Sag deiner Mutter, dass ich morgen am frühen Vormittag komme. Ich werde kochen und
ihr mit dem Säugling helfen.«
    Die Magierin hob den Arm und ließ die
Peitsche knallen. Das klapprige Kutschpferd lehnte sich ins Geschirr, und
knirschend setzten sich die Räder in Bewegung. Micah schluckte schwer, als sich
der Karren neigte und auf den gefurchten Weg einbog, der zurück zum Kopfsteinpflaster
der Marktstraße führte. Er grub seine Nägel in das abgeschabte Holz der Bank.
Noch nie war er mit einer solchen Magierin allein gewesen. Er war auch noch
keiner so nahe gewesen.
    Die alte Frau drehte sich zu ihm und
klopfte ihm auf die Schulter. »Fünf, hast du gesagt, ja? Und da bist du dir
auch sicher?«
    Micah nickte, bewegte sich unbehaglich
unter ihrer Hand und versuchte, bis an den äußersten Rand der Bank zu rutschen.
Sie lachte. Micah wollte sie nicht ansehen. Er saß wie versteinert da, während
das dürre, alte Pferd weitertrabte. Eine Stunde verging, vielleicht auch mehr.
Micah ließ seine Gedanken schweifen, und sein Mund wurde trocken. Es kam ihm
vor, als wären sie schon seit einem Jahr unterwegs.
    Als der Karren endlich quietschend im Hof
des Bau ernhauses zum Stehen kam, sprang
Micah hinunter, rann te zum Haus und rief nach seinem Vater. Die Tür
wurde aufgestoßen.
    »Kommen Sie schnell«, schrie Papa
aufgeregt. »Ich habe ihr gesagt, dass Sie …«
    »Es kostet Sie fünf Silberstücke«, sagte
die Magierin. Auch sie war rasch abgestiegen und zog eine Ledertasche unter dem
Kutschbock hervor.
    Micah sah, wie sich das Gesicht seines
Vaters verhärtete, aber er drehte sich um und ging zum Haus. Die Magierin
blickte sich um, und ihr Blick kreuzte sich mit dem Micahs. »Was ist mit meinem
Pferd?«
    Micah nickte. »Ich kümmere mich darum.
Beeilen Sie sich nur.«
    Auf dem Gesicht der alten Frau erschien
ein breites Grinsen. »Gib ihm auch ein bisschen Heu, Schätzchen. Aber nimm ihm
nicht das Geschirr ab.«
    Micah nickte und sah, wie ihr
widerwärtiges Lächeln noch zunahm, als sein Vater wieder zurückkam. In der Hand
hielt er die Börse mit der ganzen Habe seiner Mutter, all ihren Ersparnissen
und dem Geld für die Saat im nächsten Jahr. Mit ihren gelben Zähnen öffnete sie
das Zugband, dann biss sie in jede Münze, um zu prüfen, ob sie weich und das
Silber rein war. Erst dann ging sie zum Haus und stieg die Treppe zur Veranda
empor.
    Micah sah ihr hinterher, als sie ins Haus
hineinging. Er hörte seine Mutter einmal aufschreien, und sein ganzer Körper
zog sich bei diesem Laut zusammen. Dann schloss sein Vater die Tür. Das
Geräusch der Angeln ließ Micah zusammenfahren, und nun war er endlich wieder in
der Lage, sich zu bewegen. Er lief zurück zum Karren und führte die betagte
Mähre mitsamt dem Wagen zu dem alten, moosbedeckten Holztrog. Der Griff der Pumpe
war warm von der Sonne. Er kniete sich hin und trank zusammen mit dem Pferd,
und das kalte Wasser beruhigte ihn ein wenig.
    Die Mähre hob den Kopf, ihr Maul stand
offen, und von ihren Nüstern tropfte es, als Micah ihr einen Armvoll Heu brachte.
Er wusste, dass das seinem Vater nicht gefallen würde, nicht, nachdem er
gesehen hatte, wie gierig die Magierin die Münzen geprüft hatte. Aber das war
schließlich nicht der Fehler des Pferdes gewesen.
    Micah hörte einen erstickten Schrei und
erstarrte. Die alte Mähre stupste ihn an und machte dabei sein Hemd nass. Er
band die Zügel an einen Ast der Eiche, die dem Hühnerstall Schatten spendete,
und warf das Heu neben das Pferd. Mehr blieb ihm nicht zu tun.
     
    DIE LUFT FÜHLTE SICH SCHWER AN; SIE KLEBTE
AN MICAHS HAUT, WÄHREND ER AUF DAS HAUS ZUGING, die
Augen starr auf die Vordertür gerichtet. Als er einen Fuß hob, um die Stufen
zur Veranda emporzusteigen, hörte er seine Mutter erneut schreien. Mitten im
Schritt blieb er stehen, aus dem Gleichgewicht
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