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Geheimauftrag Phantom

Geheimauftrag Phantom

Titel: Geheimauftrag Phantom
Autoren: Jason Dark
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Leicht und trotzdem sicher führte der Zeichner den Bleistift über das weiße Papier. Auf der hellen Fläche entstand in einem dünnen Grau eine Skizze. Bald waren die ersten Bäume zu erkennen: ein Wald entstand. Der Betrachter des Bildes hatte den Eindruck, in den Wald hineinblicken zu können. Ein Weg, den der Künstler geschaffen hatte, bot sich dazu förmlich an.
    Fertig war das Werk noch nicht. Vor dem Finale spitzte der Künstler noch einmal den Bleistift. Es war wie ein Atemholen.
    Wieder näherte sich die Spitze dem Papier. Sie huschte noch einmal über die Fläche hinweg, ohne sie jedoch zu berühren. Etwas unkonzentriert, als könnte sich die Hand nicht entscheiden, wo sie nun weitermalen sollte. Ob über den Bäumen, davor oder zwischen ihnen. Da war noch die Lücke, der Weg, der tief in den Wald hineinführte. Genau in der Mitte setzte die Spitze leicht auf. Eine samtene Berührung, nicht einmal ein Schatten war zu erkennen, dann entstand der erste Strich.
    Bald waren die Umrisse eines langhaarigen Mädchens zu erkennen, das vor irgendwas wegrannte.
    Sie hatte Angst, und das nicht ohne Grund.
    Hinter ihr war jemand her. Eine Gestalt, die Ähnlichkeit mit einem Gespenst besaß.
    Ein unheimlicher Verfolger, ein Phantom, ein Schatten, der darauf lauerte, daß ihm jemand über den Weg lief. Bewaffnet war er mit einem langen Messer. Die schwarze Klinge fiel besonders auf.
    ***
    Claudine spürte die Finger des jungen Mannes auf ihren nackten Brüsten. Dafür war sie jedoch nicht in der Stimmung, deshalb protestierte sie: »Nein, bitte, nicht mehr, ich muß weg, wirklich. Ich bekomme sonst Ärger.«
    »Den muß man in Kauf nehmen.«
    »Nein, die Sitten sind streng. Sie sind…« Die Finger wanderten weiter. Claudine kannte sich aus. Wenn sie sich jetzt nicht losriß, kam sie überhaupt nicht weg.
    Und sie überwand sich. So heftig stemmte sie sich hoch, daß sie mit der Schulter beinahe gegen das Kinn des jungen Mannes knallte, der hastig zurückzuckte.
    »He, was hast du denn?« beschwerte sich dieser.
    Claudine schwang ihre Beine herum. »Tut mir leid, aber es geht nicht anders. Ich muß weg.« Die nackten Füße schlüpften in die weichen Stoffschuhe. Mit der rechten Hand griff sie zu ihrem ärmellosen T-Shirt und streifte es über.
    Claudines Freund hatte seinen Platz ebenfalls verlassen und auf einer umgestülpten Bierkiste Platz genommen. Er hatte sie bemalt und beklebt. In seiner Wohnung fand sich viel ›Selbsthergestelltes‹, und er schaffte es immer wieder, den Kram an die Touristen zu verkaufen, die über die Märkte von Ascona und Locarno schlenderten. Er schaute zu, wie Claudine ihr Stirnband umlegte. Damit bändigte sie die braune Haarflut. »Wann sehen wir uns wieder?«
    »Ich rufe dich an.«
    Der junge Mann lachte. »Das hast du schon oft gesagt.«
    »Und immer gehalten.«
    »Klar, nur konnte ich mich darauf nicht verlassen. Weißt du, ich habe zu lange gewartet, dabei hätte ich die Abende auch anders verbringen können.« Er grinste sie mit schneeweißen Zähnen an. »Du verstehst, was ich meine, Claudine?«
    Ihr Gesicht verschloß sich. »Ja, ich weiß Bescheid. Du denkst an andere Mädchen?«
    »Möglich.«
    Sie ging zur Tür, öffnete sie, hielt die Klinke fest und drehte sich noch einmal um. Wütend und mit Tränen in den Augen trat sie mit dem rechten Fuß auf. »Dann… dann… geh doch zu den anderen Mädchen! Verschwinde doch, du… du…«
    »That's life…«
    »Mit mir nicht, nicht mit mir.« Claudine ließ die Türklinke los und rannte weg. Sie hatte es geahnt, daß die Verbindung nicht mehr lange halten würde, so etwas spürte man, aber auf diese kalte Art und Weise abgeschoben zu werden, paßte ihr überhaupt nicht. Das Mädchen stolperte die schmale Treppe hinab. Die Haustür war nicht abgeschlossen. Danach mußte sie achtgeben, denn zwischen der Tür und der in den Hang hineingebauten Steintreppe befand sich nur mehr ein schmaler Zwischenraum.
    Claudine kannte den Weg. Sie war ihn oft genug gegangen, viel zu oft, wie sie sich jetzt eingestehen mußte. Sie hätte schon eher Schluß machen sollen. Blind war sie gewesen, so verdammt blind. Ihr Vater hatte sie immer vor Typen wie diesen Marktverkäufern gewarnt. Die Stufen der Treppe waren hart, ziemlich uneben und an einigen Stellen sogar glatt. Nach fünfzehn Schritten hatte sie die Treppe hinter sich gelassen und fand sich auf dem schmalen Gehsteig der Küstenstraße wieder.
    Der See lag ruhig da. Nicht einmal der übliche
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