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Die Furcht des Weisen / Band 2: Die Königsmörder-Chronik. Zweiter Tag

Die Furcht des Weisen / Band 2: Die Königsmörder-Chronik. Zweiter Tag

Titel: Die Furcht des Weisen / Band 2: Die Königsmörder-Chronik. Zweiter Tag
Autoren: Patrick Rothfuss
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Lagerfeuers um und machte keine Anstalten, sich zu setzen. Er stimmte erneut seinen Singsang an und zeigte dabei aufs Geratewohl auf irgendwelche Dinge – auf einen Stein, der in der Nähe lag, auf einen Holzklotz, auf ein Beil …
     
Braune Brache.
Herber Hauch.
Brauch und borge.
Küchenrauch.
     
    Zuletzt zeigte er auf das Lagerfeuer. Er trat näher heran, bückte sich und zog einen Ast daraus hervor, der länger war als sein Arm. Das andere Ende glühte rot.
    »He, du bist ja noch besoffener als ich«, sagte der bärtige Soldat und lachte schallend. »So habe ich das nicht gemeint, dass du dir was von unserem Feuer gönnen sollst.«
    Der blonde Soldat krümmte sich vor Lachen.
    Bast sah auf die beiden Männer hinab. Dann begann er ebenfalls zu lachen. Es war ein scheußliches, freudloses Geräusch. So lachte kein Mensch.
    »He!«, rief der Bärtige, der nun gar nicht mehr belustigt blickte. »Was ist denn los mit dir?«
    Es fing wieder an zu regnen, und ein Windstoß warf Bast große Tropfen ins Gesicht. Seine Augen blickten dunkel und durchdringend.Ein weiterer Windstoß ließ das andere Ende des Asts grell aufflammen.
    Das glühende Ende zog einen hohen Bogen durch die Luft, als Bast damit abwechselnd auf die beiden Männer zeigte und wieder seinen Singsang anstimmte:
     
Bierfass. Barfuß.
Stein und Stock.
Wind und Wasser.
Unterrock.
     
    Zuletzt zeigte Bast mit dem brennenden Ast auf den Bärtigen. Seine Zähne leuchteten rot im Feuerschein. Und sein Gesichtsausdruck war alles andere als ein Lächeln.

Epilog

Eine dreistimmige Stille
     
    E s war wieder Nacht geworden. Das Wirtshaus zum WEGSTEIN lag in Stille, und es war eine dreistimmige Stille.
    Der vernehmlichste Teil dieser Stille war dumpf und lastend und verdankte sich dem, was fehlte. Wäre ein Regen niedergegangen, dann hätte er aufs Dach getrommelt, wäre die Traufen hinabgelaufen und hätte die Stille letztlich ins Meer fortgespült. Hätten sich Gäste in den Betten des Wirtshauses geliebt, dann hätten sie mit ihrem Seufzen und Stöhnen die Stille beschämt und von dannen geschickt. Wäre Musik erklungen … aber nein, natürlich erklang keine Musik. All das fehlte, und so blieb es still.
    Außerhalb des Wirtshauses drang der Klang einer fernen Festlichkeit leise durch den Wald. Fiedelklänge. Stimmen. Stampfende Stiefel und Händeklatschen. Doch dieser Klang war zart wie ein Faden und riss ab, als sich der Wind drehte, und zurück blieb nur das Rascheln im Laub und etwas, das sich fast wie der ferne Schrei einer Eule anhörte. Doch auch das verklang und ließ nichts zurück außer der zweiten Stille, die wartete, wie ein endlos innehaltender Atem.
    Die dritte Stille war weit weniger vernehmlich. Hätte man eine Stunde lang gelauscht, so hätte man vielleicht begonnen, sie im kalten Metall von einem Dutzend Schlössern zu erahnen, die fest zugesperrt waren, um die Nacht draußen zu halten. Sie ruhte in den Tonkrügen voller Apfelmost und den Lücken im Schankraum, wo eigentlich Stühle und Tische hätten stehen sollen. Sie lag in den Schmerzen der Blutergüsse, die sich über einen ganzen Körper verteilt bildeten, und sie ruhte in den Händen des Mannes, der dieseBlutergüsse an sich trug und sich nun vorsichtig vom Bett erhob, die Zähne vor Schmerzen zusammengebissen.
    Der Mann hatte leuchtend-, ja flammendrotes Haar. Seine Augen blickten dunkel und abwesend, und er bewegte sich mit der Geschicklichkeit eines Diebes durch die Nacht. Er ging die Treppe hinab. Im Schankraum, hinter den fest verschlossenen Fensterläden, hob er die Hände wie ein Tänzer, verlagerte sein Gewicht und vollzog ganz langsam einen einzigen, vollkommenen Schritt.
    Das Wirtshaus gehörte ihm, wie ihm auch die dritte Stille gehörte. Und das war nur recht und billig so, denn sie war die größte der dreifachen Stille und schloss die anderen ein. Sie war so tief und so weit wie der Spätherbst. Sie wog so schwer wie ein großer, vom Fluss glatt geschliffener Stein. Es war der geduldige, blumensichelnde Laut eines Mannes, der darauf wartet zu sterben.

Anhang

Kalender und Währungen
     
    Der Kalender
    Nach dem aturischen Kalender besteht das Jahr aus den acht Monaten
Thaw
,
Equis
,
Caitelyn
,
Solace
,
Lannis
,
Reaping
,
Fallow
und
Dearth
sowie den abschließenden sieben Tagen des
High Mourning
, an denen die Wintersonnenwende gefeiert wird. Die Monate bestehen aus vier »Spannen« zu je elf Tagen.
     
    Die einzelnen Tage heißen
Luten
,
Shuden
,
Theden
,
Feochen
,
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