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Die Fünf Tore 1 - Todeskreis

Titel: Die Fünf Tore 1 - Todeskreis
Autoren: Anthony Horowitz
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der zu viele Zigaretten raucht. »Das ist sehr unhöflich von mir – und ich verabscheue Unhöflichkeit. Pünktlichkeit ist das beste Zeichen einer guten Erziehung.«
    »Hatten Sie Probleme bei der Anreise?«, fragte Mallory.
    »Der Bus hatte Verspätung. Ich hätte ja vom Busbahnhof aus angerufen, aber leider besitze ich kein Mobiltelefon. Wir sind auf dem Land in Yorkshire noch nicht so fortschrittlich wie Sie hier in London. Und da es dort, wo ich lebe, ohnehin keinen Empfang gibt, wäre es sinnlos, sich ein Mobiltelefon anzuschaffen.« Sie sah Matt an. »Ich freue mich sehr, dich kennenzulernen, junger Mann. Ich habe schon viel von dir gehört.«
    Matt betrachtete die Frau, die sich bereit erklärt hatte, seine neue Pflegemutter zu sein. Was er sah, gefiel ihm überhaupt nicht.
    Jayne Deverill hätte aus einem anderen Jahrhundert kommen können, einem Jahrhundert, in dem es Lehrern noch erlaubt war, Kinder zu schlagen, und in dem man jeden Morgen vor dem Frühstück in der Bibel lesen musste. Matt hatte noch nie jemanden gesehen, der so streng aussah. Jill Hughes hatte die Frau begrüßt wie eine alte Freundin, doch es stellte sich heraus, dass sich die beiden noch nie begegnet waren und sich nur vom Telefon kannten.
    Stephen Mallory sah betroffen aus. Auch er hatte Mrs Deverill erst jetzt kennengelernt, und obwohl er ihr die Hand gegeben hatte, hatte er seitdem keinen Ton mehr gesagt und schien in seine eigenen Gedanken versunken zu sein. Die Richterin interessierte sich mehr für den Papierkram als für alles andere, als hätte sie es eilig, die ganze Angelegenheit hinter sich zu bringen.
    Matt musterte Mrs Deverill erneut. Sie tat, als schlürfte sie unbekümmert ihren Tee, doch sie konnte ihren Blick offenbar nicht von ihm abwenden. Sie verschlang ihn förmlich mit den Augen.
    »Kennst du Yorkshire schon?«, fragte sie.
    Matt brauchte einen kurzen Moment, um zu begreifen, dass sie mit ihm sprach. »Nein«, sagte er. »Ich war noch nie da.«
    »Der Ort, in dem ich lebe, heißt Lesser Malling. Er ist ein bisschen abgelegen. Die nächste Stadt ist Greater Malling, und auch die ist ziemlich unbekannt. Kein Wunder. Die Gegend hat nichts zu bieten. Wir sind sehr bodenständige Leute. Wir kümmern uns um das Land, und das Land kümmert sich um uns. Ich nehme an, dass es dir nach dem Leben in der Stadt dort sehr ruhig vorkommen wird. Aber daran gewöhnst du dich schnell.« Sie sah die Richterin an. »Ich kann ihn also gleich mitnehmen?« Die Richterin nickte.
    Mrs Deverill lächelte. »Und wann darf ich mit Ihrem ersten Besuch rechnen?«
    »In sechs Wochen. Wir wollen Matthew Zeit geben, sich einzuleben.«
    »Nun, ich kann Ihnen versichern, dass Sie ihn nach sechs Wochen bei mir nicht wiedererkennen werden.« Sie schaute Gwenda Davis an. »Sie brauchen sich um Ihren Neffen keine Sorgen zu machen, Mrs Davis. Sie dürfen ihn natürlich jederzeit anrufen, und wir freuen uns schon jetzt auf Ihren Besuch.«
    »Also, das kann ich nicht versprechen«, murmelte Gwenda Davis. »Es ist eine lange Fahrt, und ich weiß nicht, ob mein Freund …« Sie verstummte.
    »Sie müssen noch einige Formulare ausfüllen, Mrs Deverill«, sagte die Richterin. »Aber dann können Sie beide sich auf den Weg machen. Mrs Davis hat für Matthew einen Koffer gepackt.« Sie sah Matt erwartungsvoll an. »Ich nehme an, du möchtest jetzt ein paar Minuten mit deiner Tante allein sein, um dich von ihr zu verabschieden.«
    »Nein. Ich habe ihr nichts zu sagen.«
    »Es war nicht meine Schuld!«, sagte Mrs Davis, die plötzlich wütend wurde. »Ich hatte nie etwas mit deiner Familie zu tun. Ich hatte nie etwas mit dir zu tun. Ich wollte dich nicht einmal nehmen, nachdem das mit deinen Eltern passiert war. Aber ich habe es trotzdem getan, und du hast nichts als Ärger gemacht. Du hast dir das alles selbst zuzuschreiben.«
    »Das muss doch wohl nicht sein«, mischte sich Mallory beschwichtigend ein. »Viel Glück, Matt. Ich hoffe, dass jetzt alles besser wird.« Er hielt ihm die Hand hin. Matt zögerte, dann schüttelte er sie. Das Ganze war schließlich nicht Mallorys Schuld.
    »Zeit zu gehen!«, sagte Mrs Deverill. »Wir wollen doch den Bus nicht verpassen!«
    Matt stand auf.
    Mallory sah ihm nachdenklich und auch ein wenig besorgt hinterher, als er den Raum verließ.
     
    Eine Stunde später ging Matt neben Mrs Deverill durch den Busbahnhof von Victoria. In der Hand hatte er den Koffer, den seine Tante für ihn gepackt hatte. Er sah sich um. Busse kamen
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