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Die Freundin meines Sohnes

Die Freundin meines Sohnes

Titel: Die Freundin meines Sohnes
Autoren: Lauren Grodstein
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kurzen Weile taten sie das auch.
     
    An dem Abend zog ich in Alecs Atelier. Es sollte nur eine Zwischenlösung sein, wo ich bleiben konnte, bis wir uns überlegt hatten, was als Nächstes zu tun war. Alec wollte das Atelier nicht mehr – von mir wollte er nichts mehr –, und so hatte ich ein Ausweichquartier. Elaine wusste zwar nicht, was sie denken sollte (Vergewaltigung, Mord, ein Sonntagnachmittag), aber dass ich das Haus verließ, war offenbar nötig. Irgendetwas lief hier total falsch.
    Und ich, was wollte ich eigentlich? Ich wollte in der Nähe meines Zuhauses bleiben, obwohl ich nicht unbedingt das Gefühl hatte, es zu verdienen, daheim zu sein. In meinem Haus. Recht ist Recht, und Unrecht ist Unrecht, und ich wusste, was ich getan hatte.
    Und dann war da ja noch der Prozess. Die Anklageschrift traf sechs Wochen später in meiner Praxis ein, mitten an einem Tag, an dem großer Andrang herrschte. Für widerrechtliche Tötung reichten die Beweise nicht aus, auch wenn Arnie Craig das unbedingt so sehen wollte, genauso wie sein Sohn. (Dieser Rüpel von Roseannes Bruder tauchte zum ersten Mal einen Monat nach ihrem Tod in meiner Praxis auf,platzte ins Untersuchungszimmer, wo ich einem betagten Herrn, der Asthma hatte, gerade die Lunge abhorchte, und schrie: Sie war meine unschuldige Schwester! Widerrechtliche Tötung, du Drecksack! Wir schaffen deinen Arsch für tausend Jahre hinter Gitter!)
    Aber ich versteckte mich vor dem Vorwurf des Kunstfehlers nicht. Das war nicht mein wirkliches Verbrechen. Ganz Round Hill wusste sowieso von dem gegen mich angestrengten Verfahren – man weiß ja, wie das in Vororten ist –, wusste, wer mich verklagt hatte, wusste, warum derjenige mich verklagt hatte, wusste von Roseanne Craigs tragischem Tod – eine der besten an ihrer Schule, eine vielversprechende junge Frau mit einer vielversprechenden Zukunft. Wir waren immer noch eine Ärztegemeinschaft. Ärzte zittern schon beim Hauch des Vorwurfs einer Fehldiagnose. Hätte ich mehr tun sollen? Hätte ich mehr tun können?
    Nur ein bestimmter Arzt wusste es genau. Ich hatte die Narbe aufgerissen, die sich über dem Schmerz von Joes Familie gebildet hatte. Ob er dasselbe bei mir auch tat?
     
    Der letzte Patient war gerade raus, als heute mein Anwalt anrief. Mina klopfte an meine Tür, formte mit den Lippen: »Er ist dran.«
    »Er?«
    Sie verdrehte die Augen. » Ihr Anwalt .«
    Ich dankte ihr, holte Luft. Spielte das wirklich noch eine Rolle? Spielte irgendetwas noch eine Rolle?
    »Nick?«
    Hörbares Luftholen. »Großartige Neuigkeiten, Pete. Die Richterin hat die Klage abgewiesen.«
    Ich schwieg.
    »Pete, sind Sie dran?«
    Gute Nachrichten. Im Grunde das Beste, was mir passierenkonnte. Trotzdem ist es manchmal nicht leicht, das zu hören. «Ja.«
    »Wie ich Ihnen gesagt habe: keine Sorge. Wie ich Ihnen gesagt habe: unbegründet. Die Richterin hat sich die Literatur über die Addison-Krankheit angesehen. April Frank hat sich gemeldet, hat ihr von der Überweisung berichtet. Und da hat sie die Klage abgewiesen.«
    »Danke, Nick.« Ich hatte auch ihm nichts von Joe Sterns Hinweis gesagt. »Das ist wirklich großartig.«
    »Geschafft, was, Doc?«
    »Ja. Geschafft.«
    »Ich schicke Ihnen eine Rechnung.« Er lachte und legte auf.
    Also gut.
    Gut.
    Mina steckte den Kopf herein. Ich zeigte es ihr: Daumen hoch. Mina, die wunderbare, die spröde Mina schlang die Arme um mich und gab mir einen Kuss auf die Wange, bevor sie verlegen wieder zurück in ihre Zelle huschte.
    Ich setzte mich an meinen Schreibtisch, befingerte die glatten Ränder, die endlosen Seiten Papier. Ich richtete einen Stapel Zeitschriftenartikel. Das hatte ich Joe zu verdanken. Er hatte angerufen und mir gesagt, dass er es nicht erzählt hatte. Und mir in Erinnerung gerufen, dass er, trotz allem, was ich angerichtet hatte, bei ihm und bei seiner Tochter, seinem Liebling, trotz der seelischen Blessuren bei seiner Frau durch all das, was er so eisern für sich behalten hatte – jedenfalls sollte ich wissen, dass er immer noch ein guter und anständiger Mensch war. Er fand, ich hätte genug gelitten mit der Praxis, hier in Bergentown über dem Thailänder, keine schicken Räume am Round Hill mehr, nichts dergleichen. Und zu Hause über der Garage einquartiert. Meine Ehe am seidenen Faden. Roseanne Craigs Tod auf meinem Konto. JoeStern, mein Richter und Henker, war zu dem Schluss gekommen, ich sei bereits bestraft. Er wollte es nicht noch schlimmer machen.
    Und deshalb
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