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Die Freundin meines Sohnes

Die Freundin meines Sohnes

Titel: Die Freundin meines Sohnes
Autoren: Lauren Grodstein
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ernsthaft glauben, Iris. Ich bitte dich. Vergewaltigt ? Ja, ich habe sie geschlagen, und ja, sie hat geblutet. Ich hab ihr vermutlich die Nase gebrochen. Möglicherweise hat sie sogar ein Schleudertrauma erlitten. Das ist schlimm, ich weiß, und ich fühle mich schrecklich bei dem Gedanken, aber … aber ich habe niemanden vergewaltigt . Und eine gebrochene Nase kann wieder heilen. Das ist kein septisches Fieber, kein Myokardinfarkt. Das ist keine Addison-Krankheit.
    »Pete, sag uns doch einfach, was passiert ist«, sagte Joe. Er bemühte sich, einen vernünftigen Ton anzuschlagen, aber in seiner Stimme lag panische Angst.
    »Wendy hat uns gezeigt, was sie angehabt hat«, sagte Iris.
    »Ich habe eure Tochter nicht vergewaltigt.« Wie lächerlich, wie grauenhaft, so etwas zu sagen.
    »Peter, Laura ist vieles, aber eine Lügnerin ist sie nicht.« Iris hielt Joes Hand, umklammerte sie fest. »Da waren dicke Blutstropfen …«
    »Aber ich hab sie nicht …« Ich sollte hier etwas beweisen, was nicht stattgefunden hatte, und so etwas ist unmöglich. Eine Auseinandersetzung mit einer verschwundenen Frau kann man nicht gewinnen. Die Stelle, an der Laura meinen Unterarm angefasst hatte, begann zu pochen. »Ich weiß zwar nicht, wie ich beweisen kann, dass ich nichtgetan habe, was ich nicht getan habe. Aber ich habe eure Tochter nicht vergewaltigt. Ich habe keine Ahnung, warum sie mich dessen beschuldigt. Ich habe keine Ahnung, was ich sonst …«
    »Sie hat die Stadt verlassen, Pete, sie ist abgehauen.«
    »… noch sagen soll, außer, dass sie labil ist. Sie ist labil.«
    »Sie hat keine Nachricht hinterlassen. Wir wissen nicht, wo wir sie suchen sollen. Und Wendy sagt, ihr Gesicht war geschwollen, sie hatte eine Platzwunde – und dann noch die Schlafsachen.«
    Auf Iris ging ich gar nicht erst ein, ich sah gleich Joe an. »Du weißt es seit Jahren«, sagte ich. »Sie erfindet Sachen, Joe, bitte. Du weißt es doch.« Meine Stimme verriet mich, sie hatte einen nervösen Ton. Womöglich sogar einen schuldbewussten.
    »Sag mir, was passiert ist, Pete.«
    Ich sah die beiden an, sah in die Gesichter, die mir so vertraut, so lieb waren. Das Licht strömte ins Wohnzimmer, brachte das Grau in Iris’ Haar zum Leuchten. Wie wenig sie doch von ihrer eigenen Tochter wusste – wie viele Geheimnisse Laura doch ihr ganzes Leben lang vor ihr gehabt hatte! Sie habe ihre Eltern schützen wollen, hatte sie gesagt. Aber wovor genau mussten diese Eltern eigentlich beschützt werden? Joe mit seiner erfolgreichen kinderärztlichen Praxis? Iris mit ihrem Millionengehalt? Die beiden mit ihren drei Kindern am MIT ? »Ich bin zu ihr in die Wohnung gegangen, das stimmt«, sagte ich. »Ich bin zu ihr in die Wohnung gegangen.«
    »Und dann?«
    »Ich wollte bloß sehen – ich wollte bloß sehen, was sie macht, klar? Ich bin zu ihr in die Wohnung gegangen, um mich mit ihr zu unterhalten. Ich wollte mit ihr über ihre Zukunftspläne mit Alec sprechen.«
    Wir schwiegen alle. Iris räusperte sich. »Und weiter?«
    »Wir haben uns unterhalten«, sagte ich. Ich begann zu schwitzen. »Und dann bin ich gegangen.«
    »Und sonst war nichts?«, fragte Joe.
    Wieso konnte ich es nicht zugeben? Ich brachte es einfach nicht fertig. Ich war ein Feigling, der schwitzte. Ich hatte sie zwar nicht vergewaltigt, nein, konnte aber auch nicht sagen, was ich getan hatte. Ich schützte die beiden ebenfalls, und mich dazu. Ich habe deine Tochter geschlagen, Joe. Deinen Liebling Laura, die du am liebsten hast.
    »Warum hat sie dann geblutet, als Wendy kam?«
    »Ich weiß es nicht«, sagte ich.
    »Warum hat sie gesagt, du hättest sie vergewaltigt?«, fragte Iris. »Ich kenne Laura«, sagte sie. »Sie würde nicht einfach etwas erfinden, sie würde nicht einfach so lügen.«
    »Für dich ist sie wohl ein Engel, was?«
    »Wie bitte?«
    Die traurigste Verteidigung des schuldbewussten Feiglings: Angriff, wenn die Verteidigung nichts taugt. »Deine Tochter Laura ist wohl vollkommen. Glaubst du alles, was sie sagt?«
    »Peter, ich kann einfach nicht glauben, dass sie bei so einer Sache lügen würde«, sagte Iris. »Und das Schreckliche ist, ich wüsste kaum, was schlimmer wäre – der Gedanke, dass sie es doch täte, oder der, dass du tatsächlich zu so etwas fähig wärst.«
    »Sie lügt, Iris. Ich habe keine Möglichkeit, es zu beweisen, aber sie lügt …«
    »Nein«, sagte Iris. »Ich hab ihre Schlafsachen gesehen.«
    Als ob Laura nonnengleich wäre, blitzsauber. Als ob es
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