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DIE FRAUEN DER DIKTATOREN

DIE FRAUEN DER DIKTATOREN

Titel: DIE FRAUEN DER DIKTATOREN
Autoren: Diane Ducret
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Wenn Benito zu ihnen spricht, „fühlen sie ihre Schwäche in Stärke umschlagen“ [5] , heißt es unter Mussolinis Mitarbeitern. Ein eventueller Beobachter müsse sie nur aufmerksam betrachten, um zu erkennen, wie Mussolinis magnetische Anziehungskraft sie zu allem bereit mache. „Wie viele haben wir im Vorübergehen zu seinen Füßen niedersinken sehen?“
    Jedenfalls verlässt kein weibliches Wesen den Palazzo Venezia, die Residenz des „Duce“, im Vollbesitz seiner geistigen Kräfte, wenn es ihn einmal betreten hat. Die große Schauspielerin Cécile Sorel, die von der Comédie-Française eine Rente erhielt, befindet sich in Rom, wo sie in Molières Der Menschenfeind auftritt. Die Sala del Mappamondo, wo Mussolini seine Besucher empfängt, gehört zu den Pflichtstationen der neuen Grand Tour von Rom, zumindest bei den Frauen, die im Licht der Öffentlichkeit stehen. Das Tête-à-Tête ist für fünf Uhr nachmittags angesetzt. Doch hören wir, was sie selbst darüber schreibt: „Der Duce erwartete mich. In diesem fast schon heilig zu nennenden Saal war das Erste, was ich sah, seine funkelnden Augen. Ein inneres Feuer zeugt von unbändiger Willenskraft, von der unerschütterlichen Gewissheit des Sieges.“
    Der Zauber überträgt sich sofort, seine bloße Anwesenheit genügt. Doch ist er auch ein geschickter Verführer? „Kaum hatte er angefangen, zu mir zu sprechen, mir zuzuhören, begann ich schon, hingerissen seine Züge zu studieren. Unbewegt, konzentriert, geheimnisvoll beobachtet er, ohne etwas von sich preiszugeben. Doch wenn sein Besucher oder dessen Ideen ihn interessieren, malen seine Gedanken sich sofort in seinem Gesicht und man sieht, wie er ernst, ironisch oder tragisch, manchmal sogar alles zugleich, dreinblickt. Er ist tausend Männer in einer Person, und tausend Männer sind in ihm, die er kaum zu bezähmen weiß. Doch am Ende verzieht er nur verächtlich den Mund. Seine Willenskraft bricht sich Bahn, und er fängt zu lachen an.“
    Das Spiel gleicht dem eines Schauspielers, dessen ausdrucksvolles Gesicht die Kargheit seiner Gestik umso mehr hervortreten lässt. Die Unterhaltung dauert etwa eine Stunde. Mussolini verspricht, abends zu ihrer Vorstellung zu kommen. In einem letzten Aufflackern eigenständigen Denkens fragt die französische Schauspielerin den „Duce“, wieso die Italiener so sehr an ihrem neuen Führer hängen. „Sie wissen, dass ich sie nie aus den Augen verliere … Sie wissen, dass ich mein Vaterland liebe. Man regiert nur richtig, wenn man es aus Liebe tut“, antwortet er mit einer bombastischen Tirade. Als Cécile Sorel die Gitter des Palastes hinter sich lässt, kann sie nur noch an eines denken: dieses Lächeln, das das anziehendste der ganzen Welt sein muss.
    Die höchsten Aristokratinnen verlassen die Sala del Mappamondo voller Begeisterung. Die Prinzessin Paula von Sachsen-Holstein legt ihrer Wallung keine Zügel an, als sie von dem Mann berichtet, der sie zumindest zwei Mal dort empfangen hat: „Er ist gut! Der Menschenfresser, der Tyrann ist gut! Ein Mann, der so lächelt, kann nicht schlecht sein … Ich fühlte, wie seine Augen mir in den Schatten folgten. Ich entfernte mich und trug die tiefe Süße dieses Blickes in mir, die ich insgeheim in meinem Herzen verschlossen hatte.“
    Auch die Intellektuellen stimmen bald ähnlich hymnische Gesänge an. Ellen Forest, eine niederländische Gelehrte, beschreibt Mussolini schwärmerisch als „kristallenen Kelch voll besten Weines“. Eine gewagte Metapher, die sie noch weiter ausführt. „Man möchte nicht einen Schluck missen, aber auch nicht alles auf einmal genießen. Man könnte ja einen Tropfen verschütten. Diesen Wein muss man nach Gourmetmanier kosten, seine Freundschaft, seine unglaublichen Qualitäten, doch erst, wenn niemand mehr die Andacht stört.“
    Höhepunkt weiblicher Elogen aber ist der Vergleich mit dem Unvergleichlichen, mit Napoleon, den die Schriftstellerin Margarita Fazzini anstellt. Mussolini habe alle Eigenschaften des großen Korsen geerbt, seinen unbezähmbaren Willen, seinen Ausdruck. Der „Duce“ sei wie der Erste Konsul ein Mann, der mit der Masse und dem ewig Weiblichen umzugehen wisse, das sich „stets von der Kraft angezogen fühle, wenn sie verführerisch sei, zumindest beim Manne“. Auch die Masse sei ja weiblich, und wie eine Frau erkenne sie den Mann, den echten Mann [6] .
    Die Frauen sprechen aus, was Mussolini schon in seinen Anfängen erkannt und zum Prinzip seiner
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