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DIE FRAUEN DER DIKTATOREN

DIE FRAUEN DER DIKTATOREN

Titel: DIE FRAUEN DER DIKTATOREN
Autoren: Diane Ducret
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hatte nicht den Mut und nicht die Zeit, mich unter die Räder Eures Wagens zu werfen, als Ihr heute Morgen an der Piazza Venezia in den gleichnamigen Palazzo gefahren seid.
    Exzellenz, ich bin Aushilfslehrerin und habe ein Kind, dessen Vater gestorben ist. Zwei meiner Brüder dienen in Afrika. Ich bin seit Juni ohne Einkommen. Man nimmt uns das Haus weg. Was soll aus mir werden? Was soll ich tun?

M. Ilmenia
     
    Eifersucht
     
    Siena, 14. Dezember 1925
     
Duce, ich habe Euch gestern bei Eurem umjubelten Besuch in unserer Altstadt gesehen. Unsere Blicke kreuzten sich: Ich habe Euch meine Bewunderung spüren lassen, meine Hingabe. Ich habe Euch all meine Gefühle enthüllt. Ich trage in meiner Brust ein Herz, das wahrhaft schlägt, und keinen verweichlichten Schwamm wie die jungen Mädchen, die Euch reihenweise auf der Piazza erwarteten und Euch so bedrängten, dass fast Euer Leben in Gefahr geriet. Fast hätten sie die Scheiben Eures Wagens eingedrückt: Idiotische Meuchelmörderinnen, wie ich sie verabscheue!
    Bis zu Eurer Ankunft in unserer Stadt war ich die unglücklichste Frau der Welt. Einem kalten Mann in schlechter Ehe verbunden, fühle ich dieses Band wie das Henkersseil um den Hals. Ich fürchtete, ich würde nie die Liebe meines Lebens kennenlernen. Heute weiß ich, dass ich Euch liebe. In den Zeitungen liest man, dass Ihr eher durch die Welt schwebt als in ihr lebt: Ihr gebt Italien alles, was Ihr habt. Ihr esst nicht, trinkt nicht, schlaft nicht. Nun, dann werde auch ich künftig durch die Welt schweben: Seit ich Euch gesehen habe, esse ich nicht mehr, ich trinke nicht, ich schlafe nicht. Gestern bin ich gelaufen, was ich nur konnte, um Euch nicht aus den Augen zu verlieren.
    Ich fürchtete schon, das Bewusstsein zu verlieren, und gleichzeitig wusste ich, bevor ich Euch nicht mehr sah, dass ich Euch im tiefsten Herzen berührt habe: Der warme Blick, mit dem Ihr mich angesehen habt, hat es mir gesagt.
    Hier, in der Seneser Gegend, blüht eine Blume, die des Gepflücktwerdens harrt. Lasst sie nicht welken, denn wenn Ihr Euch dieser Blume nähert, werdet Ihr einen Garten entdecken – voll leidenschaftlicher Hingabe und ebenso diskret.

Michela C.
     
    Die List
     
    Pisa, 14. November 1927
    Verehrungswürdiger Duce,
    da ich die Adresse des kleinen Romano nicht kenne, schicke ich das bescheidene Geschenk für Euren Sohn direkt an Euch.

Mit vorzüglicher Hochachtung, Florina D.
     
    Mussolini schätzt die Aufmerksamkeit dieser Damen zwar nicht in jedem Fall, doch was Geschenke angeht, nimmt er es sehr genau. Sein an die Sekretärin gerichteter Kommentar: „Ist das Geschenk angekommen?“
    Doch Florina D. bleibt am Ball. Sie hat das Geschenk sozusagen als Trojanisches Pferd benutzt. Im Januar 1928 wechselt sie den Nachnamen und schickt Mussolini ein drängenderes Billet-doux:
     
Duce, ich würde so gerne Ihre Bekanntschaft machen, die mich zutiefst ehren würde. Wann könntet Ihr mich empfangen? Viva Mussolini!

Eure hingebungsvolle Florina di F.
     
    Zorn
     
    Trient, 15. Juni 1940
     
In Eurer Rede vom 16. Mai habt Ihr gesagt, in der Politik dürfe es keine Gefühle geben. In der Politik zähle nur das Interesse. Nun, so sollt Ihr wissen, dass das italienische Volk sich noch nie vom blanken Interesse leiten ließ. Das italienische Volk kämpft um die Ehre. Duce, die Kriegserklärung an Frankreich war ein unehrenhafter Akt. Ein Mann von Ehre schlägt nicht auf einen Verwundeten ein. Ihr werdet als Beispiel der Niedertracht in die Geschichte eingehen.

Lina Romani
     
    Lebensklugheit
     
    Rapallo, 3. Oktober 1934
    Duce,
    Euer Glückwunschtelegramm zu meinem hundertsten Geburtstag kam gerade an, und ich kann es sogar ohne Augengläser lesen, da Gott seine Hand schützend über mein Leben gehalten und mir nur solche Hindernisse in den Weg gelegt hat, die sich mit Mut und frohem Herzen überwinden ließen.
    Auch Eure Tage werden leichter vergehen, wenn Ihr vor dem Schlafengehen ein Glas Ratafia aus weißen Trauben trinkt, wie ich das tue, seit ich achtzig bin. […] Da dieser katalanische Kräuterlikör umso besser schmeckt, je älter er wird, lasse ich Euch etwa hundert Flaschen zukommen, die ich bisher eifersüchtig gehütet habe. Sie sind vielleicht nicht ganz so alt wie ich, aber auf jeden Fall nicht sehr viel jünger, da mein Mann und ich sie zubereitet haben, als Rom zur Hauptstadt ausgerufen wurde. […]
    Man gebe Zimt, Gewürznelken und Koriander in eine Flasche guten Traubenmost und lasse die Mischung
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