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Die Frau meines Lebens

Die Frau meines Lebens

Titel: Die Frau meines Lebens
Autoren: Nicolas Barreau
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böse Wolf, der Kreide gefressen hatte, aber das wußte das dumme
Schäfchen nicht. »Gibst du mir mal die Mama?«
    »Die Mama
ist nicht da.«
    Wenn das
meine Isabelle war, zählte sie nicht zu den Geduldigsten. Ein paar Minuten
hätte sie schon mal warten können, fand ich.
    »Wann kommt
deine Mama denn wieder?« fragte ich.
    »Weißnich«,
sagte das Stimmchen kläglich.
    Ließ diese
Mutter ihr Kind stundenlang allein? Einen Augenblick hatte ich Mitleid mit der
kleinen Stimme, dann beschloß ich, mich wieder auf das Wesentliche zu
konzentrieren.
    »Sag, mal …
wie heißt deine Mama denn?« fragte ich.
    Das Stimmchen
kicherte.
    »Du stellst
vielleicht komische Fragen. Mama, natürlich.«
    »Hmm.« Ja,
natürlich. Ich hatte vergessen, daß Kinder ihre eigene Logik haben. »Und was
sagt der Papa zu der Mama?« Ich klopfte mir innerlich auf die Schulter. Man muß
eben nur wissen, wie man mit den Kleinen redet.
    »Der Papa?«
Das Stimmchen schien zu überlegen. »Der Papa sagt immer mon bijou .«
    Okay. So
kam ich nicht weiter.
    »A-h … ja!
Sag mal, mein Schatz, hat die Mama dunkelblonde Haare?« bohrte ich weiter.
    »Weißnich. – Was ist dun-kel-blond?« Sie sprach es aus wie ein chinesisches Gericht.
    Tja, wie
erklärt man einem Kleinkind, was eine Haarfarbe ist. Die Frage machte mich
offengestanden sprachlos. Dann hörte ich Geräusche im Hintergrund, eine
Männerstimme fragte »Marie, wer ist denn da am Telefon?« Ich ahnte nichts
Gutes.
    »Da ist ein
Mann, der will wissen, was du zur Mama sagst und ob die Mama dunkelblonde Haare
hat«, erklärte Marie aufgeregt.
    » WAS ?« Ich sah förmlich, wie der kleinen Marie der Hörer aus der Hand
gerissen wurde.
    »Robert
Petit, hier, wer ist denn da?« Er klang mißtrauisch. Aggressiv. Ein Mann, der
keinen Spaß verstand. War das Professor Snape?
    Artig sagte
ich mein Sprüchlein auf.
    »Antoine
Bellier hier. Entschuldigen Sie vielmals, Ihre … äh … Frau … Madame … äh …
Isabelle … Petit hatte bei uns ein Buch bestellt …«, stotterte ich los.
    »Hier gibt
es keine Isabelle Petit, und ich würde wirklich gerne wissen, was Sie die
Haarfarbe meiner Frau angeht. Im übrigen ist Claudine brünett. Sind Sie ein
Perverser oder was? Unterstehen Sie sich, noch einmal hier anzurufen und uns zu
belästigen!«
    Ich dankte
dem Herrn, daß ich dem eifersüchtigen Ehemann nicht auf der Straße begegnet
war, murmelte etwas von falscher Nummer und legte betreten auf.
    Noch sieben
Nummern. Es war Viertel nach drei! Die Zeit arbeitete gegen mich, aber tut sie
das nicht immer irgendwie?
    Unter der
vierten Nummer meldete sich wieder eine Frau. Diesmal sogar mit Namen.
    »Dubois?«
Es klang entspannt und freundlich, ein wenig erwartungsvoll sogar, und mein
kleines dummes Herz wußte wieder mal alles besser und begann wie wild zu
schlagen. Ich mußte bereits mit Tonnen von Adrenalin vollgepumpt sein – wieviel
von dem Streßhormon verträgt ein menschlicher Körper, bevor das Kammerflimmern
einsetzt? Ich sah die Schlagzeile »Mann telefoniert im Park – Herzschlag! Wie
gefährlich sind Handys?« plötzlich deutlich vor mir.
    »Hallo?«
fragte die Stimme mit einer Engelsgeduld. »Wer ist denn da?«
    Ich
verdrängte den Gedanken an meinen vorzeitigen Tod und hoffte auf ein Wunder.
Warum konnte ich nicht endlich Glück haben, und es war die unvergleichliche
Isabelle?
    »Bitte
verzeihen Sie die Störung … Ich war eben, also vor etwa einer Stunde im Café de
Flore …«
    »Ja … und?«
Madame Dubois klang belustigt. »Sagen Sie – Sie sind nicht zufälligerweise die
schöne Frau mit dem roten Schirm, die mir ihre Telefonnummer gegeben hat?«
platzte ich heraus. »Sind Sie es, Isabelle?« Bitte, sag ja, sag ja, beschwor
ich sie stumm.
    Madame
Dubois lachte. »Ich fürchte, ich kann Ihnen nicht weiterhelfen, junger Mann.
Ich heiße Céline. Und das schon seit vierzig Jahren. Aber in einem anderen
Leben wäre ich gerne diese Isabelle gewesen …«
    Ich ließ
enttäuscht die Schultern sinken. »Ja, dann … war das wohl die falsche Nummer.
Tut mir leid«, sagte ich lahm.
    »Das macht
doch nichts«, erwiderte sie. »Einen schönen Tag noch.«
    Ich drückte
die Nummer weg. Es war halb vier. Es war zum Verzweifeln. Plötzlich merkte ich,
wie mich jemand anstarrte.
    Eine alte
Dame mit kurzen grauen Löckchen und einem grünen Mäntelchen saß auf der Nachbarbank,
ihr weißes Hündchen auf dem Schoß. Auch das Hündchen glotzte angriffslustig in
meine Richtung. Offenbar saß die
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