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Die Frau meines Lebens

Die Frau meines Lebens

Titel: Die Frau meines Lebens
Autoren: Nicolas Barreau
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ihre wechselhaften Launen auslebte und
uns allen gewaltig auf die Nerven ging.
    Ich
trommelte mit den Fingern gegen die Scheibe. Der Fahrradfahrer, den mein
Chauffeur eben fast gerammt hatte, fuhr an uns vorbei. Er wenigstens kam voran.
Ich sah mich in einer wilden Phantasie die Autotür aufreißen und den fröhlichen
Studenten vom Fahrrad stoßen, um dann selbst damit weiterzufahren.
    » Aaah, merde! « fluchte jetzt auch der
Taxifahrer. Seine schweren Hände klatschten auf das Lenkrad. »Ein bißchen Regen – und schon fahren hier alle wie die Henker. Wahrscheinlich hat so ein Idiot
wieder nicht aufgepaßt.«
    »Monsieur«,
erklärte ich gepreßt und zog mich zwischen den beiden Vordersitzen nach vorn.
dch hab es furchtbar eilig.« Ich sprach meine verzweifelte Botschaft direkt in
sein rechtes Ohr. Das große Ohr eines alten Franzosen. Wenn wir weiter so
vorankamen, würden wir die Kirche Saint-Paul-Saint-Louis – was für ein Name war
das überhaupt?! – an diesem Tag nicht mehr erreichen, das war so sicher wie das
Amen in derselben.
    Der
Taxifahrer nickte. »Hab schon verstanden, Monsieur, aber was soll ich tun?« Er
wandte seinen Kopf in meine Richtung. » Les
Russes, hein? « fragte er. »Nichts als Ärger mit den Russen.« Offenbar
wollte er den Stau nutzen, um mir seine Meinung über Russen kundzutun. Ich ließ
mich in meinen Sitz zurückfallen und überlegte fieberhaft, was für
Möglichkeiten ich noch hatte.
    »Es ist
doch so«, fuhr der Taxifahrer ermutigt fort. Er hatte wieder Land gewonnen.
»Wer kann sich heute die teuersten Hotels in der Stadt leisten, wer hängt in
den Edelschuppen rum, hein? Nicht die
Scheichs, das war mal.« Er gestikulierte wild mit den Händen. »Ich sag's Ihnen,
Monsieur, es sind die Russen! Früher haben sie immer auf arm gemacht, und
jetzt? Jetzt fallen sie hier ein und wedeln mit ihren dicken Scheinen, trinken
Champagner, fressen Austern und Kaviar, stinken vor Geld und kaufen sich alles – unsere Firmen, unsere Frauen …«
    Es ging
wieder ein Stück voran, er brauchte seine Hand zum Schalten, machte eine
Sprechpause von fünf Sekunden und suchte meinen Blick im Rückspiegel.
    Meine Augen
starrten glasig zurück. Eine merkwürdige, zementartige Lähmung hatte mich
befallen, aber in meinem Innersten brodelte der Vulkan.
    Ich hatte
keine Lust, in eine rassistische Russendiskussion einzusteigen und hätte am
liebsten »Schnauze« geschrien.
    Was gingen
mich die Russen an? Ich wollte zu Isabelle, und es war zehn vor zehn! Ich war
gerade auf dem besten Weg, alles zu verlieren. Die Russen waren nun wirklich
nicht mein Problem. Oder doch?
    Während ich
die Ausführungen des Taxifahrers, der inzwischen so richtig in Schwung gekommen
war und alles »ganz genau« wußte, über mich ergehen ließ – Taxifahrer in Paris
wissen immer alles ganz genau und haben zu jedem Thema eine dezidierte Meinung –, reifte in mir ein wahrhaft diabolischer Plan.
    » Mais, Monsieur «, fiel ich unvermittelt
ein in seinen Monolog. »Was soll ich erst sagen? Mir hat so ein verdammter
Russe mein Mädchen ausgespannt.«
    Der
Taxifahrer kuschelte sich wohlig in seinen Sitz. »Während ich geschäftlich weg
mußte.« Ich beugte mich wieder vor und hieb mit der Hand auf das Polster vor
mir. »Ich hab geschuftet wie ein Blöder, und der macht sich an meine Kleine ran.«
Es war eine wahrhaft herzzerreißende Geschichte. »Und wenn ich nicht in …«, ich
sah auf die Uhr, »… in zehn Minuten an dieser verdammten Kirche bin, wird er
sie heiraten. Meine Isabelle! Helfen Sie mir, Monsieur!«
    Ein
schluchzender Laut entrang sich meiner Kehle.
    Der
Taxifahrer knirschte mit den Zähnen.
    »Das wollen
wir doch mal sehen … das wollen wir doch mal sehen«, murmelte er. Dann legte er
den Rückwärtsgang ein. »Halten Sie sich gut fest, Monsieur. Es geht los!«

26
    Es
war eine der spektakulärsten Taxifahrten, die ich je erlebt habe. Eine
brillante Mischung aus Achterbahn und Autoscooter.
    Mit
quietschenden Reifen setzte der Wagen ein paar Meter zurück, scherte dann aus,
durchbrach den Stau, ohne auf das wütende Gehupe der anderen Autofahrer zu
achten, und holperte ein Stück über den Bürgersteig. Ein Schwarzer, der mit
seinem blauen Müllbeutel voller Handtaschenimitate die Straße entlang
schlurfte, sprang aufgeschreckt zur Seite.
    »Arschloch!«
schrie er und schüttelte die Faust.
    » Ta gueule! « schrie mein Taxifahrer
zurück und zeigt ihm den Finger. »Und wo ist deine Genehmigung, hä, wo
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