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Die Frau meines Lebens

Die Frau meines Lebens

Titel: Die Frau meines Lebens
Autoren: Nicolas Barreau
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ist
die?« Dann bog er in eine Seitenstraße ein.
    »Keine
Sorge, Monsieur«, sagte er zu mir. »Wir hauen Ihre Kleine da raus. Wir schaffen
das schon, ich kenne eine Abkürzung.«
    Wieder bog
er scharf um die Kurve, und ich klammerte mich an der Rücklehne des
Vordersitzes fest. Entweder würden wir die Kirche pünktlich erreichen oder
tödlich verunglücken, und beides war okay.
    Unser Mann
in Paris brauste gerade in der falschen Richtung durch die Pfützen einer
Einbahnstraße, als mein Handy klingelte. Es war Viertel nach zehn.
    »Ja«, schrie
ich in den Hörer.
    »Hier ist
Nathan.« Ich hörte Stimmen im Hintergrund. »Ich bin jetzt am Montmartre, aber
hier oben ist nichts. Es schifft wie bescheuert, ich sag dir, das würde ich …«
Einen kleinen Moment war die Verbindung unterbrochen, dann war Nathan wieder
dran. »War eben in der Kirche – nur die üblichen Touristen. Ich war sogar unten
am Karussell und hab mich ein bißchen in den Cafés umgeschaut. Hier ist keine
Braut … und keine Hochzeit. Und bei dir?«
    Ein Auto
kam uns entgegen, und der Taxifahrer wich geistesgegenwärtig auf den
Bürgersteig aus und rammte eine Mülltonne.
    »Kann ich
noch nicht sagen. Bin noch auf dem Weg.« Meine Gedanken überschlugen sich. Dann
schied Sacré-Cœur also aus, und Anastasia hatte fabuliert. Im Geiste sah ich
die schneeweiße Basilika mit ihren byzantinischen Kuppeln aufragen. Ich war vor
Jahren mal auf einer Hochzeit am Montmartre gewesen, allerdings fand sie nicht
in der Sacré-Cœur statt, sondern in einer kleinen Kirche, die gleich daneben
steht und die kaum Beachtung findet, obwohl sie eine der ältesten Kirchen von
Paris ist.
    »Nathan«,
rief ich. »Hast du auch in der kleinen Kirche geschaut, in
Saint-Pierre-de-Montmartre?«
    Nathan
verneinte. »Bleib dran, ich nehm dich mit«, sagte er und trabte los …
    »So, ich
steh jetzt vor der Kirche, schöne Tür übrigens«, sagte er einige Minuten
später. Und dann aufgeregt: »Antoine! Da drinnen spielt Musik.«
    Ich fuhr in
meinem Sitz hoch. Das war das St. Petersburger Salonorchester. »Verdammt!«
stieß ich hervor.
    Inzwischen
hatte der Taxifahrer die Einbahnstraße verlassen und fuhr wieder nach den
Regeln des Pariser Straßenverkehrsamtes, wenn man von der überhöhten
Geschwindigkeit mal absah.
    »Keine
Sorge, Monsieur, wir sind sofort da«, rief er. »Jetzt nur nicht die Nerven
verlieren.«
    »Na, los,
Nathan, geh rein! Worauf wartest du?« rief ich meinem Freund zu. Ich sah vor
meinem geistigen Auge, wie er das Kirchenportal aufdrückte und in das helle Gewölbe
des Mittelschiffs trat.
    Jetzt hörte
ich auch die Musik. Ich preßte das Handy an mein Ohr. Es klang, als ob die
Engel im Himmel singen würden. Überirdisch schön. Konnten Geigen solch
sphärische Töne hervorbringen?
    »Fehlanzeige«,
sagte Nathan trocken. »Hier probt nur der Chor der Knaben.«
    In diesem
Moment machte das Taxi eine Vollbremsung, und ich flog nach vorn. Ich stieß mit
dem Kopf gegen den Vordersitz, und das Handy glitt mir aus der Hand.
    Vor uns
parkte mit eingestellter Warnblinkanlage ein Laster, ein paar Männer entluden
in aller Seelenruhe nackte Schaufensterpuppen.
    Ich tastete
auf dem Boden nach meinem Handy. Das Display war erloschen und die Leitung tot.
    » Ah, non! C'est pas possible! Das gibt's
ja wohl nicht«, schimpfte der Taxifahrer. Dann drehte er sich zu mir um.
    »Es ist
besser, Sie steigen hier aus, Monsieur. Wenn Sie an der nächsten Ecke nach
rechts abbiegen und die Straße entlanggehen, kommen Sie direkt zur Kirche. Allez-y, allez-y, zeigen Sie es dem Kerl«,
setzte er hinzu. Er hielt beide Fäuste hoch. »Ich drücke Ihnen die Daumen.«
    Ich dankte
meinem Freund, dem Taxifahrer, der sein Herz auf dem rechten Fleck hatte,
solange es um seine Landsleute ging. Ich warf ihm einen dicken Schein hin,
obwohl ich kein Russe war, schnappte mir das Handy und riß die Autotür auf. Es
regnete immer noch. Ich warf einen letzten, bedauernden Blick auf meinen
Regenschirm, der im Taxi bleiben würde, weil das Regenschirm-Sprinting niemals
eine olympische Disziplin sein wird.
    Und dann
rannte ich los.

27
    Es
war nach halb elf, als ich an der Église Saint-PaulSaint-Louis ankam. Mein Herz
raste.
    Vor dem
Hauptportal der dreistöckigen Barockkirche, die wie ein Monument der Verheißung
in den grauen Pariser Himmel ragte, stand eine Menschentraube.
    Elegant
gekleidete Menschen, unter bunten Regenschirmen eng zusammengedrängt, die trotz
des schlechten Wetters lachten und
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