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Die Frau im Fahrstuhl

Die Frau im Fahrstuhl

Titel: Die Frau im Fahrstuhl
Autoren: Helene Tursten
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Wie soll ich dafür nur die Kraft aufbringen? Nur dass dein Mörder im Sarg neben dir liegt, tröstet mich. Deine lange Mail hat mich im Tiefsten getroffen. Ich ahnte nichts! Wie es dir ging, hast du wirklich gut versteckt. Bis zu dieser letzten Mail… Ich sah das als ein Zeichen. In der Tat war alles bereits vorbereitet! Bereits mehrere Monate zuvor hatte ich zu meinem Chef gesagt, dass ich nach Miami fahren müsse. Dort war ich auf eine Tagung über Krankenpflege in Kriegsgebieten eingeladen. Bei dieser Gelegenheit wollte ich ein paar Tage Ferien machen. Die Arbeit war überaus anstrengend, und ich war erschöpft. Schließlich bin ich nicht mehr die Jüngste. Nach Schweden wollte ich erst wieder im August. Als deine Mail kam, ging ich zu meinem Chef und sagte, ich müsse fahren. Ich wollte drei Wochen wegbleiben. Ich buchte einen Flug nach Miami. Ich sagte meinem Chef nicht, dass ich nach Schweden wollte. Bei einer anderen Fluggesellschaft bestellte ich ein Ticket nach Göteborg. Gleichzeitig reservierte ich zwei Tickets von Göteborg nach Miami einige Tage später. Ich hatte vor, dich nach Florida mitzunehmen. Die Tage vor der Rückreise nach Miami wollte ich mit dir in meiner Wohnung in Göteborg bleiben. Dann hätten wir uns um einen Scheidungsanwalt und andere praktische Dinge kümmern können. Nach deiner Rückkehr nach Göteborg hättest du in meiner Wohnung wohnen können. Dein Mann wusste schließlich nicht, wo ich wohne, und im Telefonbuch stehe ich auch nicht unter Hääger, sondern unter Axelsson, dem Namen meines verstorbenen Mannes. Frag mich nicht, warum ich das nie geändert habe, schließlich sind seit dem Tod von Per-Erik fast vier Jahre vergangen.
    Aber nichts kam so wie geplant.
    Fakt ist, hätte diese Inspektorin Irene Huss eine Stunde später angerufen, um mir mitzuteilen, dass du tot bist, dann hätte ich das Gespräch nicht entgegennehmen können. Dann wäre ich bereits in der Luft gewesen auf dem Weg nach Miami. Ich hatte meinen Dienstanschluss auf mein Handy weitergeschaltet, damit meine Kollegen mich noch bis zum letzten Augenblick, bis zum An-Bord-Gehen erreichen konnten.
    Als die Polizistin ihre Botschaft überbrachte, glaubte ich, dass ich das nicht überleben würde. Das durfte nicht wahr sein! Jetzt hatte ich niemanden mehr. Mama, Papa, Per-Erik und jetzt du… Ich hatte diese Irene Huss immer noch am anderen Ende der Leitung, als ich wieder einigermaßen zu mir kam. An das Ende des Gesprächs erinnere ich mich nicht, weiß aber noch, dass sie sagte, es bestehe keinerlei Verdacht, dass bei deinem Tod etwas nicht mit rechten Dingen zugegangen sein könnte.
    Während des Flugs verfolgte mich ein Gedanke. Es musste ihm gelungen sein, dich zu ermorden. Er hatte dich die Treppe hinuntergestoßen, ohne Spuren zu hinterlassen. Er hatte dir das Leben zur Hölle gemacht und dich zum Schluss auch noch ermordet. Als die Maschine landete, war ich vollkommen davon überzeugt, dass es so gewesen sein musste. Dank deiner Mail wusste ich, was für ein Mann er war. Plötzlich wusste ich recht viel über meinen Schwager. Ein Gedanke nahm in meinem Kopf Gestalt an: Dieses Wissen konnte ich ausnutzen. Ich wollte Rache üben! Ich entschloss mich, es auch wirklich zu tun.
    Als ich in Miami ankam, wurde es ziemlich eng. Ich war gezwungen, mein Gepäck zu holen und es für den Flug nach Schweden erneut einzuchecken. Aber die Zeit reichte. Während der fünfzehn Stunden über den Atlantik hatte ich genügend Zeit, um zu planen, wie ich Lars Svensson töten würde.
    Ich machte mir seine unflexible Art, seine Rituale und seinen Geiz zu Nutze. Zu Hause hatte es blitzsauber zu sein, aber Putzen verabscheute er. Nach dem Nachhausekommen ging er als Erstes in die Küche und goss sich sechzehn Zentiliter nach Teer stinkenden Whisky ein. Du hast auch geschrieben, wie fürchterlich er schmeckte. Ich kenne diesen Whisky und weiß, dass er als sehr edel und exklusiv gilt. Deswegen erstaunte es mich, dass du schriebst, dass er zum Essen immer eine Flasche billigen Wein trank. »Er schüttet den Wein runter wie Milch oder Wasser«, schriebst du. Vielleicht kaufte er auch deswegen keine teuren Weine. Es ging ihm nicht um den Geschmack, sondern um den Alkohol. Und er war geizig. Nie wollte er essen gehen. Ihr hattet nur selten Gäste. Du schriebst, ihr hättet nur einmal im Esszimmer gesessen, seit du bei ihm eingezogen seist. Und ich hatte geglaubt, dass du durch ihn neue und interessante Freunde gefunden hättest!
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