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Die Frau, für die ich den Computer erfand

Die Frau, für die ich den Computer erfand

Titel: Die Frau, für die ich den Computer erfand
Autoren: Friedrich Christian Delius
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wenn Sie die Aufgabe nicht packen, meine Verdienste kann mir sowieso keiner rauben. Die Beweise stehen in den Museen. Mein Name findet sich auf Denkmälern, Schulen, Instituten, Straßenschildern. Machen Sie das mit Verstand, ich werde mich nicht beklagen. Ich werde mich nicht mehr beklagen können und bin auch ganz froh darum. Meine Freunde, die Familie, die werden sich bestimmt beklagen, die werden nicht alles glauben, was ich gesagt habe. Die einen fühlen sich zu wenig gewürdigt und die andern zu viel oder falsch. Man kann es nicht allen recht machen   … Deshalb hab ich ja Sie, das müssen Sie dann auf Ihre Kappe nehmen. Stecken Sie die Bänder in einen Safe, meine Stimme ist Beweis genug. Machen Sie damit, was Sie wollen, natürlich im Rahmen unseres Vertrags, bringen Sie das unter die Leute frühestens ein Jahr nach meinem Begräbnis oder zu meinem hundertsten Geburtstag oder irgendwann 2011 oder 2022 oder 2033, es ist egal, Hauptsache, Sie werden meiner Geschichte mit Ada gerecht   … Von mir aus dürfen Sie auch Ihren Namen über das Ganze setzen, ich schenke Ihnen dies Gespräch, mein ganzes Palaver, meine akustischen Hinterlassenschaften   … Ja, ich wiederhole: ich schenke Ihnen das alles   … Gut, das war’s, was ich   … Das haben wir hinter uns, auch ohne Notar. Ich binziemlich erschöpft jetzt und im Augenblick nicht mehr so sicher, ob ich meine komplette Story den beiden andern Herren Journalisten auch so ausführlich erzählen soll in den nächsten Vollmondnächten. Es ist schon anstrengend, über solche Dinge offen zu sprechen. Soll ich mir das noch einmal zumuten, noch zweimal zumuten? Vielleicht besser nicht. Ein Geheimnis ist doch ein schöneres Geheimnis, je weniger Leute es kennen   … Ich will mir das überlegen, will das auch mit Ada besprechen, wenigstens versuchen mit Ada zu besprechen. Vielleicht ist es wirklich besser, ich schenk es nur Ihnen. Ich lass es bei Ihnen. Volles Risiko   …

(Meine Seele, bittesehr)
     
     
     
    Soll ich ehrlich sein?   … Was sonst! Was schätzen Sie, warum?   … Ich schenk Ihnen das, weil   … Nein, ich muss anders anfangen   … Wissen Sie, seit ein, zwei Stunden hab ich nämlich einen Verdacht, einen ziemlich schrecklichen Verdacht. Da bin ich endlich auf den Trichter gekommen, da hat sich plötzlich der Gedanke festgesetzt: Der Mephisto, der sind Sie   … Lachen Sie nicht   … Sie sind der Geist, der stets bejaht, und das ist Ihr Trick. Sie sagen Ja und Amen zu allem, was ich sage, und so ziehen Sie mir einen Satz nach dem andern aus der Seele. Sie sind es, dem ich meine Seele verkaufe, Sie! Meine intimsten Erlebnisse und Gefühle, meine Geheimnisse und Betriebsgeheimnisse   … Nein,nein, Sie kommen daher als freundlicher Journalist und heucheln Verständnis für alle meine Seelenlagen. Sie lenken mich ab mit der Faust-Sache, und schon haben Sie mich in der Hand. Sie verlocken mich zu sprechen und   … Ja, ich rede gern, das gebe ich zu, aber gleichzeitig falle ich auf Sie herein und verkaufe Ihnen meine Seele scheibchenweise, Satz für Satz, Wort für Wort, Band für Band, den ganzen Stapel. Und in jeder Stunde, die wir hier geredet haben und reden, geht ein neuer Brocken meiner Seele in Ihren Besitz über und damit in die Hölle, in die Höllenmaschine der Medien, um es mal hübsch drastisch zu sagen. Da wird dann alles breitgewalzt und ausgelutscht, in den Schwatzrunden durchgenudelt, in Dreiminutengesprächen runtergekocht, am Ende wird alles durch das Fegefeuer der Fernbedienung gejagt. Und deshalb will ich vom Verkaufen nichts hören. Deshalb soll mir keiner sagen, ich hätte meine Seele verkauft. Deshalb schenk ich Ihnen das alles, was Sie hier gespeichert haben. Meine Seele, bitte sehr, geschenkt, Herr Mephisto, auf sieben Magnetbändern. Was für ein Schnäppchen! Frohe Weihnachten!   … Die Schenkung widerspricht nicht unserm Vertrag. Auch Sie werden sich an den Vertrag halten. Wie sagte der alte Franz Josef Strauß, pacta sunt servanda oder so ähnlich. Also, Sie werden warten, bis Sie Ihren Triumph auskosten können, meine Seele geschnappt zu haben, Herr Mephisto. Und meine Blamage, dass ich auf Sie reingefallen bin   …Aber ich habe auch einen Triumph   … Sie wissen nicht, und Sie sollen es niemals wissen, ob Sie auf mich reingefallen sind mit der Ada-Geschichte   … Wir sind quitt. Ich weiß nicht, ob ich auf Sie hereingefallen bin, mein lieber Herr Mephisto. Und Sie wissen nicht, ob Sie auf mich  
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