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Die Frau, die ein Jahr im Bett blieb (German Edition)

Die Frau, die ein Jahr im Bett blieb (German Edition)

Titel: Die Frau, die ein Jahr im Bett blieb (German Edition)
Autoren: Sue Townsend
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Zuspätkommen und (erneute) Lügen bestraft.
    Sie wollte nicht an die Fehlgeburt denken, die sie in Paris erlitten hatte – ein Mädchen, das Babette heißen sollte –, und wie sie aus dem Krankenhaus in die große Wohnung zurückkommen und er verschwunden war, samt seinen eleganten Habseligkeiten und ihrem jungen Herz.
    Ihr war nach Weinen zumute, doch die Tränen blieben ihr irgendwo in der Kehle stecken. Ihre Augen waren knochentrocken, und ihr Herz umgab ein Ring aus Eis, von dem sie fürchtete, er würde niemals schmelzen.
    Erneut sprach sie mit sich selbst, diesmal streng. »Eva! Anderen Menschen widerfahren weit schlimmere Dinge. Du warst glücklich in deinem Leben. Erinnere dich an die Schneeflocken im Birkenhain, daran, wie du auf dem Rückweg von der Schule aus dem Bach getrunken hast, wie du bergab auf die samtweiche Wiese mit den essbaren Halmen gelaufen bist. An den Duft gebackener Kartoffeln über dem Lagerfeuer. Deine früheste Erinnerung – wie du mit deinem Vater eine Kastanie geöffnet hast und der glänzend braune Kern zum Vorschein kam. Wie du die ›Betreten verboten‹-Schilder ignoriert und im Ballsaal eines verlassenen Herrenhauses getanzt hast. Und die Bücher! Wie du mitten in der Nacht beim Lesen von P. G. Wodehouse gelacht hast. Und im Sommer lesend auf der kühlen Bettdecke gelegen hast, mit einer Tüte Zitronenbrausebonbons neben dir. Ja, ich war glücklich. Als ich mit meinem ersten Freund, Gregory Davis, meine erste Elvis-Platte gehört habe – beide so wunderbar schön.«
    Sie erinnerte sich, wie sie Brian heimlich beobachtet hatte, als er mitten in der Nacht zärtlich die Zwillinge fütterte. Es war ein bezaubernder Anblick.
    Während sie im Halbschlaf ihre glücklichen Erinnerungen Revue passieren ließ, legte sich die grausame Wirklichkeit wie ein Schatten darüber. Der Birkenhain war durch eine Wohnsiedlung ersetzt worden, in den Bach kippten die Leute ihren Müll. Der Hügel war eingeebnet worden, an seiner Stelle befand sich ein Bürgerzentrum, und Brian hatte die Zwillinge nie wieder nachts gefüttert.
    Alexander befand sich mit Erlaubnis des Bauers auf einem Gerstenfeld. Sie hatten E-Mails ausgetauscht, und der Bauer hatte vom Traktor aus gewunken, als sie sich begegneten.
    Er benutzte jetzt Ölfarben und versuchte, das Besondere eines jeden einzelnen Gerstenhalms zu vermitteln, das Gefühl, dass es ohne den einen keine hundert oder tausend oder wie viel Millionen Gerstenstängel auch immer auf einem sieben Morgen großen Feld standen, geben würde.
    Er spürte sein Handy an seinem Herz vibrieren. Widerstrebend ging er ran. Er hatte gerade einen Zustand erreicht, in dem sein Pinsel die Verlängerung seines Körpers war.
    »Hallo.«
    »Ist dort Alexander Tate?«
    »Ja, und Sie sind?«
    »Hier ist Ruby! Evas Mutter.«
    »Wie geht es ihr?«
    »Deshalb ruf ich an. Ihr Zustand hat sich verschlechtert, Alex. Sie schicken einen …« Ruby sah auf einen Zettel und las: »… einen ›Mitarbeiter vom psychosozialen Dienst‹ mit einer ›Zwangseinweisung‹. Er kommt mit Polizei und Rammbock.«
    Alexander packte schnell seine Malausrüstung zusammen und rannte damit zu seinem Lieferwagen, der auf einem Grünstreifen parkte. Er raste über die Landstraßen, schnitt waghalsig Kurven und überholte ungeduldig langsamere Fahrzeuge. Er hupte so oft, dass er sich selbst an Taddäus Kröte erinnerte.
    Tröt! Tröt! Tröt!
    Er hielt vor Evas Haus und sah zu seiner Bestürzung, dass der Baum, den sie so liebte, verschwunden war. Als er zur Haustür rannte, wurde ihm bewusst, dass auch die Menge verschwunden war und nichts als ein paar Flecken auf dem Bürgersteig hinterlassen hatte.
    Stanley und Ruby kamen zusammen an die Tür. Alexander sah an Rubys Gesicht, dass etwas nicht stimmte. Die drei gingen in die Küche, und Ruby erzählte, was passiert war, seit Alexander Eva zuletzt gesehen hatte.
    »Dass der Baum gefällt wurde, hat das Fass zum Überlaufen gebracht«, sagte sie.
    Alexander sah sich in der Küche um. Eine Patina aus Fett und Staub lag auf den Oberflächen, umgedrehte Becher klebten auf dem Abtropfbrett. Er lehnte den von Ruby angebotenen Tee ab und lief nach oben.
    Er sah Evas Tür und durch den Spalt die Dunkelheit im Zimmer. Er rief nach ihr. »Eva! Hör zu, meine Liebste, ich geh zurück zum Wagen, dauert nicht mal zwei Minuten.«
    Im Zimmer nickte Eva.
    Das Leben war zu viel für einen allein.
    Er kehrte mit seinem Werkzeugkasten zurück. Durch den Spalt sagte er: »Hab
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