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Die Frau, die ein Jahr im Bett blieb (German Edition)

Die Frau, die ein Jahr im Bett blieb (German Edition)

Titel: Die Frau, die ein Jahr im Bett blieb (German Edition)
Autoren: Sue Townsend
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würde.«
    Sie hörte Glas splittern und kurz darauf Brian auf der Treppe.
    Er rief ihren Namen.
    Sie antwortete nicht.
    Er öffnete die Schlafzimmertür. »Da bist du ja«, sagte er.
    »Ja, hier bin ich.«
    »Bist du krank?«
    »Nein.«
    »Warum liegst du mit Klamotten im Bett? Was willst du damit erreichen?«
    »Keine Ahnung.«
    »Du hast das Empty-Nest-Syndrom. Ich habe im Radio eine Sendung darüber gehört.« Als sie nicht reagierte, sagte er: »Also, stehst du jetzt auf?«
    »Nein, hab ich nicht vor.«
    Er fragte: »Was ist mit Abendessen?«
    »Nein danke, keinen Hunger.«
    »Ich meinte, was ist mit meinem Abendessen? Ist was da?«
    Sie sagte: »Keine Ahnung, sieh in den Kühlschrank.«
    Er stapfte nach unten. Sie hörte seine Schritte auf dem Laminat, das er im Jahr zuvor so unbeholfen verlegt hatte. Sie hörte am Knarren der Dielen, dass er ins Wohnzimmer gegangen war. Binnen kurzem kam er wieder nach oben gestapft.
    »Was zum Teufel ist mit deinem Sessel passiert?«, fragte er.
    »Jemand hat einen Esslöffel auf die Lehne gelegt.«
    »Das ganze Ding ist voll mit Suppe.«
    »Ich weiß. Das war ich.«
    »Du hast die Suppe drübergekippt?«
    Eva nickte.
    »Du hast einen Nervenzusammenbruch, Eva. Ich ruf deine Mutter an.«
    »Nein!«
    Die Wucht ihrer Stimme ließ ihn zusammenzucken.
    Sein schockierter Blick verriet, dass seine traute heimische Welt nach fünfundzwanzig Jahren zerbrochen war. Er ging nach unten. Sie hörte ihn über das ausgestöpselte Telefon schimpfen, dann, kurz darauf, wie er eine Nummer wählte. Als sie den Hörer des Schlafzimmeranschlusses abnahm, meldete sich ihre Mutter umständlich mit ihrer Telefonnummer: »0116 2 444 333, Mrs. Ruby Brown-Bird am Apparat.«
    Brian sagte: »Ruby, hier ist Brian. Du musst sofort herkommen.«
    »Geht nicht, Brian. Ich lasse mir gerade eine Dauerwelle legen. Was ist denn los?«
    »Es geht um Eva …« Er senkte die Stimme. »… Ich glaube, sie ist krank.«
    »Dann ruf einen Krankenwagen«, sagte Ruby gereizt.
    »Rein körperlich ist alles mit ihr in Ordnung.«
    »Na, dann ist ja gut.«
    »Ich komme und hol dich ab, dann kannst du es selbst sehen.«
    »Brian, ich kann nicht. Ich gebe eine Dauerwellenparty, und in einer halben Stunde muss ich meine Spezialmischung ausspülen. Sonst sehe ich aus wie Harpo Marx. Hier, sprich mit Michelle.«
    Nach ein paar gedämpften Lauten kam eine junge Frau an den Apparat.
    »Hallo … Brian, nicht wahr? Ich bin Michelle. Darf ich Ihnen erklären, was passiert, wenn Mrs. Bird in diesem Stadium die Dauerwelle abbricht? Ich bin zwar versichert, aber es käme mir höchst ungelegen, wenn ich vor Gericht erscheinen müsste. Ich bin bis Silvester ausgebucht.«
    Der Hörer wurde Ruby zurückgereicht. »Brian, bist du noch dran?«
    »Ruby, sie liegt vollständig bekleidet mit Schuhen und Strümpfen im Bett.«
    »Ich habe dich gewarnt, Brian. Wir standen vor der Kirche und wollten gerade reingehen, und ich habe mich umgedreht und zu dir gesagt: ›Unsere Eva ist ein stilles Wasser. Sie redet nicht viel, und du wirst nie erfahren, was sie denkt …‹« Nach einer langen Pause sagte Ruby: »Ruf deine eigene Mutter an.«
    Die Leitung wurde unterbrochen.
    Eva war schockiert, dass ihre Mutter in letzter Sekunde einen Versuch unternommen hatte, ihre Hochzeit zu sabotieren. Sie griff nach ihrer Handtasche und durchforstete den Inhalt nach etwas Essbarem. Sie hatte immer etwas zu essen dabei. Das hatte sie sich angewöhnt, als die Zwillinge noch klein und immer hungrig waren, ihre offenen Münder wie die Schnäbel von Vogelküken. Eva fand eine zerquetschte Chipstüte, einen flach gedrückten Bounty-Riegel und eine halbe Rolle Polos.
    Sie hörte Brian erneut wählen.
    Brian war immer leicht nervös, wenn er seine Mutter anrief. Es fiel ihm schwer, die Worte zu formen. Irgendwie schaffte sie es immer, ihm ein schlechtes Gewissen zu machen, egal um was es bei dem Gespräch ging.
    Seine Mutter antwortete prompt mit einem zackigen »Ja?«
    Brian sagte: »Bist du das, Mami?«
    Eva griff erneut nach dem Hörer, wobei sie vorsichtig die Hand über die Sprechmuschel legte.
    »Wer soll es denn sonst sein? Niemand außer mir geht in diesem Haus ans Telefon. Ich bin sieben Tage die Woche allein.«
    Brian sagte: »Aber … äh … du … äh … hast nicht gern Besuch.«
    »Nein, ich hab nicht gern Besuch, aber es wäre schön, jemanden zu haben, den man abweisen kann. Wie auch immer, worum geht’s? Ich sehe gerade Emmerdale .«
    Brian sagte: »Tut
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