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Die Frau, die ein Jahr im Bett blieb (German Edition)

Die Frau, die ein Jahr im Bett blieb (German Edition)

Titel: Die Frau, die ein Jahr im Bett blieb (German Edition)
Autoren: Sue Townsend
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Ikea angeschlossen waren, hatten sich Brian, Brianne und Brian junior nebeneinander auf Briannes Bett gesetzt und einander nichts zu sagen gewusst.
    Brian hatte diverse Male: »So«, gesagt.
    Die Zwillinge warteten, dass er weitersprach, doch er verfiel wieder in Schweigen.
    Schließlich räusperte er sich und sagte: »So, der Tag ist gekommen, hm? Beängstigend für mich und Mum, und erst recht für euch beide … Ihr steht jetzt auf eigenen Füßen, lernt neue Leute kennen.«
    Er stand auf und sah sie an. »Kinder, gebt euch ein bisschen Mühe, nett zu den anderen Studenten zu sein. Brianne, stell dich den anderen vor, versuch zu lächeln. Sie sind nicht so schlau wie du und Brian junior, aber schlau sein ist nicht alles.«
    Brian junior sagte mit flacher Stimme: »Wir sind hier, um zu arbeiten, Dad. Wenn wir Freunde bräuchten, wären wir bei Facebook.«
    Brianne nahm ihren Bruder bei der Hand und sagte: »Vielleicht wäre es gut, eine Freundin zu haben, Bri. Irgendwer, mit der ich reden kann und so, über … « Sie zögerte.
    Brian ergänzte: »Klamotten und Jungs und Frisuren.«
    Brianne dachte: »Bäh! Frisuren? Nein, ich möchte über die Wunder der Welt reden, die Geheimnisse des Universums.«
    Brian junior sagte: »Wir können uns Freunde suchen, wenn wir unseren Doktor haben.«
    Brian lachte: »Mach dich locker, BJ. Besauf dich, lass dich flachlegen, und reiche wenigstens ein Mal einen Essay zu spät ein. Du bist Student, klau ein Verkehrshütchen.«
    Brianne sah ihren Bruder an. Sie konnte sich Brian junior ebenso wenig sturzbetrunken mit einem Verkehrshütchen auf dem Kopf vorstellen wie in limonengrünem Lycra beim Rumbatanzen in dieser albernen Sendung Let’s Dance.
    Bevor Brian ging, gab es unbeholfene Umarmungen und Schulterklopfen. Nasen wurden geküsst, statt Lippen und Wangen. In ihrer Hast, das enge Zimmer zu verlassen, traten sie einander auf die Zehen. Der Fahrstuhl brauchte ewig für die sechs Stockwerke nach oben. Sie hörten, wie er sich quietschend und ächzend näherte.
    Als sich die Türen öffneten, rannte Brian praktisch hinein. Er winkte den Zwillingen zum Abschied, und sie winkten zurück. Nach ein paar Sekunden drückte Brian den Knopf fürs Erdgeschoss, und die Zwillinge klatschten sich ab.
    Dann kehrte der Fahrstuhl zurück, mit Brian an Bord.
    Die Zwillinge sahen mit Entsetzen, dass ihr Vater weinte. Sie wollten schon einsteigen, da schlossen sich die Türen wieder, und der Fahrstuhl ruckelte nach unten.
    »Warum weint Dad?«, fragte Brian junior.
    Brianne sagte: »Ich glaube, er ist traurig, weil wir weg sind.«
    Brian junior wunderte sich. »Und ist das eine normale Reaktion?«
    »Ich glaub schon.«
    »Mum hat beim Abschied nicht geweint.«
    »Nein, Mum findet, man sollte sich Tränen für Tragödien aufsparen.«
    Sie hatten einige Augenblicke beim Fahrstuhl gewartet, um zu sehen, ob er ihren Vater noch einmal zurückbrachte. Als das nicht geschah, gingen sie auf ihre Zimmer und versuchten, allerdings vergeblich, ihre Mutter zu erreichen.

3
    Um zehn Uhr kam Brian senior ins Schlafzimmer und begann sich auszuziehen.
    Eva schloss die Augen. Sie hörte, wie sich seine Pyjamaschublade öffnete und schloss. Sie ließ ihm eine Minute, um seinen Schlafanzug anzuziehen, dann sagte sie, den Rücken ihm zugewandt: »Brian, ich möchte nicht, dass du heute Nacht in diesem Bett schläfst. Warum schläfst du nicht in Brian juniors Zimmer? Da ist es garantiert sauber und ordentlich, zwanghaft ordentlich.«
    »Fühlst du dich krank?«, fragte Brian. »Körperlich?«, fügte er hinzu.
    »Nein«, sagte sie. »Mir geht es gut.«
    Brian belehrte sie: »Wusstest du, Eva, dass den Patienten in manchen therapeutischen Einrichtungen verboten wird, die Formulierung ›Mir geht es gut‹ zu benutzen? Weil es ihnen ausnahmslos nicht gut geht. Gib zu, du bist verstört, weil die Zwillinge ausgezogen sind.«
    »Nein, ich bin froh, dass sie weg sind.«
    Brians Stimme bebte vor Zorn. »Es gehört sich für eine Mutter nicht, so etwas zu sagen.«
    Eva drehte sich um und sah ihn an. »Wir haben ihre Erziehung verbockt«, sagte sie. »Brianne lässt sich von jedem schikanieren, und Brian junior kriegt Panik, sobald er mit einem anderen Menschen reden muss.«
    Brian setzte sich auf die Bettkante. »Ich gebe zu, es sind sensible Kinder.«
    »Neurotisch ist das richtige Wort«, sagte Eva. »Als sie klein waren, saßen sie oft stundenlang in einem Pappkarton.«
    Brian sagte: »Das wusste ich nicht. Was haben sie
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