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Die Frau des Praesidenten - Roman

Die Frau des Praesidenten - Roman

Titel: Die Frau des Praesidenten - Roman
Autoren: Elisabeth Curtis Sittenfeld
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Hause, als uns Andrew auf dem Fahrrad die Commerce Street entgegenkam. Es war kalt andiesem Tag, Andrew trug einen Anorak, eine blaue Mütze und hatte ganz rote Backen. Er war gerade an uns vorbei, da rief Dena: »Andrew Imhof hat great balls of fire!«
    Ich sah sie entsetzt an.
    Zu meiner Überraschung, und ich glaube auch zu Denas, bremste Andrew ab. Mit einer belustigten Miene drehte er sich zu uns um und fragte: »Was hast du da eben gesagt?« Er war drahtig zu jener Zeit und noch immer kleiner als Dena und ich.
    »Ich meinte, wie in dem Lied!«, beteuerte Dena. »Du weißt schon: ›Goodness, gracious, great balls of fire‹.« In der Tat war Jerry Lee Lewis Denas Lieblingssänger, ihre Mutter hingegen war Elvis-Fan. Als im darauffolgenden Frühjahr zur mehrheitlichen Empörung der Öffentlichkeit bekannt wurde, dass Lewis seine dreizehnjährige Cousine geheiratet hatte, verfiel Dena in noch größere Schwärmerei und begann, sich Hoffnungen zu machen: Sollte es zwischen Jerry Lee und Myra Gale Brown nicht klappen, erklärte mir Dena, könne sie sich, sobald sie in der achten Klasse war, selbst mit ihm treffen.
    »Bist du den ganzen Weg hierher mit dem Fahrrad gefahren?«, fragte Dena Andrew. Die Imhofs lebten auf einer Getreidefarm ein paar Kilometer außerhalb der Stadt.
    »Bobbys Cockerspaniel hat letzte Nacht Junge bekommen«, sagte er. »Sie sind nicht größer als meine beiden Hände zusammen.« Er war nicht ganz von seinem Rad abgestiegen, sondern hielt es zwischen die Beine geklemmt und streckte nun seine in braunen Fäustlingen steckenden Hände vor, um zu demonstrieren, wie groß die Welpen waren. Ich hatte Andrew in letzter Zeit kaum beachtet, und er schien definitiv älter geworden zu sein. Zum ersten Mal, soweit ich mich erinnern konnte, führte er eine richtige Unterhaltung, statt nur verstohlen dreinzublicken und zu lächeln. Er erschien mir plötzlich in einem völlig neuen Licht, und tatsächlich war ich es nun, die nicht mehr viel zu sagen zu haben schien.
    »Können wir uns die Kleinen anschauen?«, fragte Dena.
    Andrew schüttelte den Kopf. »Bobbys Mutter sagt, sie sollen besser noch nicht so viel angefasst werden, erst, wenn sie älter sind. Ihre Pfoten und Nasen sind ganz rosa.«
    »Ich will ihre rosa Nasen sehen!«, bettelte Dena. Angesichts der Tatsache, dass die Janaszewskis einen Boxer besaßen, für den sich Dena kaum interessierte, kam mir ihr Verhalten merkwürdig vor.
    »Sie trinken oder schlafen eigentlich die ganze Zeit«, sagte Andrew. »Ihre Augen sind noch nicht mal offen.«
    Mir wurde bewusst, dass ich bislang noch nichts zu der Unterhaltung beigetragen hatte, und ich hielt Andrew eine weiße Papiertüte hin. »Lakritze?« Dena und ich kamen gerade von einer Süßigkeiten-Einkaufstour.
    »Andrew«, sagte Dena, während er die Fäustlinge auszog und in die Tüte griff, »wie ich gehört habe, hat dein Bruder gestern Abend einen Touchdown gemacht.«
    »Habt ihr das Spiel nicht gesehen?«
    Dena und ich schüttelten den Kopf.
    »Das Team hats echt drauf in diesem Jahr. Einer der Stürmer, Earl Yager, wiegt hundertvierzig Kilo.«
    »Das ist ja eklig«, sagte Dena und nahm sich eine von meinen Lakritzstangen, obwohl sie sich selbst welche gekauft hatte. »Wenn ich mal in der Highschool bin, werde ich Cheerleader. Dann trage ich jeden Freitag in der Schule meine Uniform, auch im Winter.«
    »Und du, Alice?« Andrew griff nach seinem Lenker und drehte das Vorderrad in meine Richtung. »Willst du auch mal Cheerleader werden?« Wir sahen einander an, seine braungrünen Augen waren von seinen lächerlich langen Wimpern umrahmt, und ich dachte mir, dass meine Großmutter vielleicht doch recht hatte. Selbst wenn Andrew nicht mit einem flirtete, seine Wimpern taten es pausenlos.
    »Alice wird auch in der Highschool noch bei den Pfadfindern sein«, sagte Dena. Sie war diesen Sommer aus unserer Gruppe ausgetreten, und ich dachte selbst auch darüber nach, war aber offiziell noch Mitglied.
    »Ich werde zu den Zukünftigen Lehrern Amerikas gehen«, sagte ich.
    Dena grinste. »Du meinst, weil du so ungemein schlau bist?« Das war eine besonders fiese Bemerkung. Sie wusste seit derzweiten Klasse, dass ich Lehrerin werden wollte. Damals hatte uns Miss Clougherty unterrichtet, und sie war nicht nur nett und hübsch, sondern hatte uns auch aus
Caddie und die Indianer
vorgelesen, was daraufhin mein Lieblingsbuch wurde. Jahrelang hatten Dena und ich zusammen Lehrerin gespielt, wobei wir zufällig
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