Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Fotografin

Die Fotografin

Titel: Die Fotografin
Autoren: Anne Chaplet
Vom Netzwerk:
mußte Karens Gesichtsausdruck richtig gedeutet haben. »Sie gelten nicht als kooperationsbereit, Frau Stark, vielleicht ist Ihnen das auch schon mal aufgefallen. Es gab nur eine Möglichkeit – Ihnen den Fall aus der Hand zu nehmen.«
    So einfach war das also. Und was war mit der Wahrheit? Karen lehnte sich gegen den Türstock und versuchte, ihre Gedanken zu ordnen. Hatte sie all die Jahre einem Rechtsstaat und seinen Institutionen gedient, die sich politischen Zwecken beugten, solange sie nur mit der nötigen Autorität vorgetragen wurden?
    »Und was ist Ihre Rolle in diesem – Spiel zugunsten der Allgemeinheit?« fragte sie schließlich.
    »Das BKA ist an den Generalstaatsanwalt herangetreten und der ist beim Ministerium vorstellig geworden. Sie wissen doch, wie so etwas geht.« Natürlich, dachte Karen. So was weiß man doch. »Und Sie hatten den Auftrag, mich daran zu hindern, in Sachen Eva Rauch weiterzuermitteln?«
    »Ich habe Sie nicht gehindert. Ich habe Ihnen die Angelegenheit aus der Hand genommen. Das war alles. Ich ahnte nicht, daß das die Sache nur noch schlimmer machen würde.« Angelika Kämpfer trommelte mit den Fingern auf die leere Schreibtischplatte. »Wenn Sie Ruhe gegeben hätten…«, sagte sie leise.
    »Was dann? Dann hätte Ruben Berg den nächsten auf seiner Liste erledigen können.«
    Angelika Kämpfer sah sie ruhig an. »Man hätte ihn daran gehindert. Aber ohne Ihre Einmischung hätte sich sein Tod verhindern lassen. Und Dorothea v. Plato wäre nicht ruiniert für ihr Leben.«
    Ungebeten machte sich bei Karen so etwas wie Bewunderung bemerkbar. Angelika Kämpfer wußte, wo man die Daumenschrauben ansetzt.
    »Und wenn es Sie tröstet, Frau Stark: Ich verlasse die Abteilung.«
    »Ah – ja?« Angelika Kämpfers Loyalität wurde gewißlich belohnt. »Und wohin gehen Sie?«
    Plötzlich lachte die andere. Ihr Gesicht verlor alle Strenge. »Ins Kosovo. Ein funktionierendes Justizwesen aufbauen. Das täte Ihnen auch gut, Frau Kollegin. Ihr übertriebener Idealismus ist dort mehr am Platz als hier.«
    Karen war wie vom Donner gerührt. Die Kämpfer war weggelobt worden und war auch noch froh darüber. Warum? Weil es ihr nicht gelungen war, die Affäre unter dem Deckel zu halten?
    Sie drehte sich um und öffnete die Tür. »Die Flucht ins Ausland hätten Sie sich sparen können, Frau Kollegin«, sagte sie, ohne sich umzudrehen. »Dorothea v. Plato hat zwar geschossen, aber sie hat schlecht gezielt. Und Ruben Berg wird sich hüten, wegen eines Streifschusses Anzeige gegen sie zu erstatten. Es ist alles in Butter.«
    Bis auf die drei Toten, von denen niemand etwas wissen will. Bis auf gebrochene Biografien und gebrochene Herzen.
    »Aber es war gut, daß wir miteinander geredet haben.«
    Karen zog die Tür behutsam hinter sich ins Schloß. Sie fühlte eine große Leere in sich aufsteigen. Sie fürchtete sich vor dem Gedanken, der sich ihr aufdrängte, und versuchte, ihn zu verscheuchen.
    Was, wenn Angelika Kämpfer recht hätte?

13
    Klein-Roda in der Rhön,
4 Monate später
    D ie Chrysanthemen waren über Nacht schwarz geworden. Nur das Weinlaub leuchtete noch strahlend rot und goldgelb. Doch eines nach dem anderen lösten sich die Blätter von den Reben und flatterten zu Boden. Die letzten Kartoffeln streckten welk gewordenes Laub in die noch milde Luft. Ein überfälliger Apfel stürzte vom Baum und zerplatzte auf dem Pflaster.
    »Halt mal«, sagte Gregor Kosinski und reichte Bremer seine Zigarette.
    »Jawohl, Herr Kriminalhauptkommissar.« Paul hielt die Kippe am ausgestreckten Arm auf Distanz.
    Gregor hieb mit konzentriertem Gesicht und einem kurzen, harten Hammerschlag den Zapfhahn ins Fäßchen. Paul konnte den Hahn gerade noch zudrehen, bevor das dunkle Bier über den Gartentisch schäumte.
    »Bier?« rief Paul, als er mit zwei Krügen ins Haus trat. Karen hockte vor dem Kaminfeuer und spielte schon seit einer halben Stunde mit Nemax. Der kleine Kater liebte es, nach Fellmäusen zu springen und Weinkorken hinterherzurasen.
    Sie kam mit gerötetem Gesicht in die Küche, auf der Schulter das schnurrende Tier, das an einer ihrer Haarsträhnen kaute. »Er sieht haargenau wie Alexas Katze aus!«
    Er war der kleinste des Wurfs gewesen. Bremer fiel auf, wie schlank Karen geworden war. »Du hast abgenommen«, sagte er.
    Sie zuckte mit den Schultern.
    »Früher hätte dich das gefreut.«
    »Ach früher.« Sie nahm ihm einen Krug Bier aus der Hand und folgte Gregor Kosinski an den Eßtisch.
    Bremer
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher