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Die Flüchtlinge

Die Flüchtlinge

Titel: Die Flüchtlinge
Autoren: Marta Randall
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und verkaufte meine Juwelen bis auf einen auf dem Markt von Benetan. Ich ließ ihn als Geschenk für meine Gastgeber zurück. Vier Tage später machten Spider und ich uns auf den Heimweg.
     
    Warum?
    Als ich die Tickets kaufte, meine Juwelen abstieß und packte, wußte ich es selbst noch nicht. Vielleicht erinnerte ich mich an Meyas geflüsterte Worte auf der Veranda des Kennerin-Anwesens.
    „Ich glaube dir.“
    Hatte sie das? Zuerst glaubte ich nicht daran. Später war ich mir dessen nicht mehr so sicher. Ging ich nach Hause, um eine Frage zu beantworten?
    Spider füllte mich ganz aus. Warum? Weil er Spider war, sicher – und auch weil er mir gehörte. Ich konnte einfach nicht anders, als ihn gern haben. Ich konnte es nicht aufgeben. Ich konnte mir nicht einmal vorstellen, daß es jemanden gab, der ihn nicht gern hatte.
    Hatte man mich genauso geliebt? Hatte Mish sich nachts über mein Bett gebeugt, die Decken geradegezogen, mich angesehen? Würde sie sich daran erinnern? War in ihr noch etwas von der Liebe zu Hart, dem Vater Spiders und dem Sohn Jasons übriggeblieben?
    Oh, ich hatte sie im Zorn verlassen, war wieder einmal betrogen und beraubt worden und auf einen anderen Planeten gegangen. Arrogant. Agressiv. Überlegen. Hart, der Macher und Veränderer.
    Ich hatte sie für böse gehalten. Mish. Quilla. Hoku. Ozchan. Ich hatte sie für grausam und dumm gehalten und mußte schließlich einsehen, daß sie nicht grausamer und dummer gewesen waren als ich – oder eher noch weniger. Oh, in dieser Beziehung hatte ich sie sicher übertroffen. Ich kannte sie überhaupt nicht. Ich kannte weder die Leute, die ich in ihnen sah, noch die, für die ich sie gerne gehalten hätte. Und wie sollte ich mich selbst kennenlernen, bevor ich sie nicht kannte?
    Der Duft der Luftblumen in einer Herbstnacht.
    Warum nach Hause gehen? Ich wußte es nicht. Vielleicht werde ich es nie wissen. Aber in dem Augenblick, in dem ich auf dem Raumhafen von Benetan den Namen meines Bruders hörte, wußte ich so sicher, wie ich atmete, daß ich nach Hause zurückkehren würde. Der Grund schien mir keine Rolle zu spielen.
     
    Je näher wir allerdings Aerie kamen, desto unsicherer wurde ich, ob meine Entscheidung richtig gewesen war. Abgesehen von der Tatsache, daß Jes nach mir gesucht hatte, wußte ich nichts von dem, was inzwischen in meiner Familie vorgefallen war. Ich hatte keine Ahnung, was mich erwartete. Chaos und Haß? Möglicherweise. Quillas verzerrt schreiendes Gesicht. Oder ein kühler Willkommensgruß, wie man ihn für Leute bereithält, die man lieber wieder gehen sieht. Oh, diese trübseligen Unterhaltungen, diese Nächte voller Langeweile. Kleine Leute und ihre kleinen Wünsche, dünne Stimmchen und geringfügige Laster. Hokus faltige Grimmigkeit. Mims frostige Verachtung. Ich fragte mich, ob Spider es verstehen würde, wenn die Familie uns den Eintritt verwehrte und uns ablehnte. Was würde meine Mutter zu mir sagen?
    An diesem Punkt angekommen, war ich nahe daran, die Reise aufzugeben, aber dann erinnerte ich mich wieder an Meya, und die Ungewißheit kehrte zurück. Vielleicht, dachte ich, verändern wir uns überhaupt nicht; wir werfen einfach eine Schale ab oder stellen fest, daß wir tiefer in die anderen hineinsehen. Vielleicht ziehen wir unter unseren Schalen nur um. Ich hielt die Tickets in der Hand, die mich zu einem Heim bringen sollten, das ich nicht kannte, zu Menschen, die ich so wenig kannte wie mich selbst. Mish. Quilla. Meya. Jes. Tabor. Ozchan. Aber ohne in Erfahrung zu bringen, was mich in dem Haus auf dem Hügel erwartete, konnte ich nicht umkehren. Das konnte ich nur erfahren, wenn ich nach Hause zurückkehrte.
    Als wir dort ankamen, blieb ich im Schatten der Luke stehen und sah mir den Landeplatz an.
    Er hatte sich in den letzten zweieinhalb Jahren verändert. Es gab mehr Gebäude. Die alte Funkbude war durch einen Bau aus Stahl und Plastik ersetzt worden. Die Straße nach Haven war gepflastert. Aber die Kaedos umsäumten noch immer die fernen Hügel, und der Geruch der See und Luftblumen mischte sich mit den ätzenden Düften des Hafens. Ich nahm Spiders Hand in die meine und stieg aus.
    Das Transportbüro, in dem wir unser Gepäck an uns nahmen, war fast leer. Die Frau, die hinter dem Schalter stand, sah kaum auf, als sie mir ein Dray vermietete.
    „Lassen Sie es bei Kohls Lokal stehen, in der Mitte der Ortschaft. Kann man gar nicht verfehlen. Aber bringen Sie es in den Stall, denn es ist momentan niemand
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