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Die florentinische Prinzessin

Die florentinische Prinzessin

Titel: Die florentinische Prinzessin
Autoren: Christopher W. Gortner
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Schicksal wird sich erfüllen. Es ist vielleicht nicht das Schicksal, das Ihr Euch wünscht, Caterina de Medici, doch erfüllen wird es sich.«
    Er streckte die Hand aus und streichelte mir über die Wange. Ich schlang die Arme um seine knochige Gestalt. Für einen Augenblick erschien er mir so klein wie ich. Dann entzog er sich mir. »Ihr beehrt mich mit Eurer Zuneigung, Duchessina. Dafür möchte ich Euch dies hier schenken.«
    Er fasste in seine Tasche, öffnete meine Hand und legte eine Phiole hinein, die an einer dünnen Silberkette hing und mit einer bernsteinfarbenen Flüssigkeit gefüllt war.
    »Darin befindet sich ein starkes Elixier. Ihr dürft es nur verwenden, wenn Ihr keine andere Wahl mehr habt. Wird es auf die falsche Weise, zur falschen Zeit verwendet, kann es tödlich für Euch sein – und für andere.«
    »Was ist es denn?« Ich konnte mir nicht vorstellen, dass etwas so Kleines eine so starke Wirkung haben sollte.
    »Manche würden es Erlösung nennen, andere Gift.«
    Ich staunte. »Wozu sollte ich Gift brauchen?«
    »Hoffen wir, nie. Dennoch ist es mein Geschenk an Euch.« Er verstummte, legte den Kopf schief, als ob er horchte. »Nun versteckt die Phiole und hütet sie gut. Eure Tante wird ungeduldig. Ihr müsst gehen.«
    Man hatte mir beigebracht, dass es unhöflich sei, ein Geschenk abzulehnen, also legte ich mir die Kette um den Hals und ließ die Phiole in meinen Ausschnitt gleiten. »Ich hoffe, wir können Euch bald einmal wieder besuchen, Maestro«, sagte ich. Dann fiel mir die Geldbörse ein, und ich zog sie aus der Manteltasche. »Die ist für Euch.«
    Er nahm sie entgegen, als sei sie ganz nebensächlich. »Geht mit Gott, Duchessina.«
    Ich war schon an der Tür, als er plötzlich sagte: »Noch etwas. « Ich wandte mich zu ihm um. »Sagt Madama Strozzi, sie soll Euch rechtzeitig in Sicherheit bringen. Sagt ihr, Rom wird fallen.«
    Ich nickte beklommen und trat hinaus auf den Treppenabsatz, wo Carlo wartete. Als ich einen letzten Blick zurück in die Studierstube warf, hatte das Licht sich verändert. Der Maestro saß jetzt im Dunkeln, und doch wusste ich, dass er lächelte.
    Carlo brachte mich zurück nach unten; ich dankte ihm und verabschiedete mich. Cosimo brach in Tränen aus. »Verlass uns nicht!« Carlo musste ihn festhalten, als er versuchte, sich an mich zu klammern.
    Ich lächelte Cosimo zu. »Ich muss jetzt heimgehen, aber ich verspreche dir, dass ich bald wiederkomme.«
    »Das geht nicht«, schluchzte er, und die Tränen liefen ihm die schmutzigen Wangen hinab. »Alle werden tot sein.«
    »Tot?« Ich sah Carlo an. »Was meint er?«
    Carlo rollte die Augen. »Er sagt immer so seltsame Dinge. Hör auf damit, Cosimo. Du machst ihr Angst.«
    Cosimo blickte mit verzweifelter Miene zu mir auf. Ich spürte eine plötzliche Leere, als ich mich vorbeugte, um ihn auf die Wange zu küssen. »Bis bald«, sagte ich und zwang mich dazu zu lächeln. »Sei brav und gehorche deinem Bruder.«
    Meine Tante wartete noch an der gleichen Stelle, wo ich sie verlassen hatte. Als der Diener seinen Wachposten an der Hauswand verließ, fragte sie: »Hat er dir Antwort auf deine Fragen gegeben?«
    »Ich glaube schon.« Ich erinnerte mich an die Warnung des Maestro, dass wenige Verständnis dafür aufbringen würden, und fügte hinzu: »Er sagt, ich lerne zu viel und hatte einen Ohnmachtsanfall. «
    Ich weiß nicht, wo die Worte herkamen, doch es waren offenbar die richtigen, denn die Miene meiner Tante erhellte sich mit unverkennbarer Erleichterung. » Bene «, sagte sie. Sie nahm mich an die Hand. »Hat er sonst nichts gesagt?«
    Ich wiederholte seine letzten rätselhaften Worte. »Wisst Ihr, was er damit meint?«
    Sie zuckte die Schultern. »Die meiste Zeit frage ich mich, ob er selbst weiß, was er meint.« Schweigend kehrten wir zurück zum Palazzo.
    Im Gehen tastete ich mit der freien Hand über mein Mieder, wo ich die Phiole dicht am Herzen fühlte.

3
    »Caterina, mein Kind, wacht auf!«
    Ich öffnete die Augen und sah meine Kammerjungfer über mich gebeugt, in der Hand eine Kerze, deren flackernde Flamme riesige Schatten an die Wände warf. »Madama Strozzi bittet Euch in die Halle«, sagte sie. »Ihr müsst Euch rasch ankleiden. «
    Ich nickte, schlüpfte aus dem Bett und ließ sie mir mein Nachthemd ausziehen und mich in ein Kleid schnüren. Während sie mir hastig die Haare flocht, fragte ich mich, was meine Tante wohl von mir wollte. Im Palazzo war eine zunehmende Spannung zu spüren, seit
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