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Die florentinische Prinzessin

Die florentinische Prinzessin

Titel: Die florentinische Prinzessin
Autoren: Christopher W. Gortner
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Fünfundvierzig ihre Schwerter mit einem metallenen Zischen, das in dem riesigen Saal für einen gewaltigen Widerhall sorgte.
    Die Farbe wich aus Guises Gesicht. Voller Schadenfreude stellte ich fest, dass es uns immer noch gelang, ihm Angst einzujagen. Er hatte nicht vergessen, wie leicht zwischen diesen Mauern Blut vergossen werden konnte. Dennoch wies er seine Edlen nicht an, den Raum zu verlassen. Stattdessen förderte er mit einem Griff unter seinem Umhang eine Schriftrolle zutage.
    »Die Liga hat nur den Wunsch, dass unsere Vereinbarungen eingehalten werden«, erklärte er und legte die Rolle auf das Podest. »Dies sind unsere Bedingungen. Wir erbitten die Wiedereinsetzung der Heiligen Inquisition, um Frankreich von den Hugenotten zu befreien. Wir ersuchen Euch, Charles von Lothringen, den Sohn Eurer verstorbenen Schwester Claude, zum Erben zu ernennen sowie den Häretiker Navarra nicht nur von der Erbfolge auszuschließen, sondern überdies als Verräter zu brandmarken, dem es unter Todesstrafe verboten ist, je wieder einen Fuß in dieses Reich zu setzen.«
    Plötzlich befiel mich Furcht, als ich sah, wie Henri die Lippen aufeinanderpresste. Fast erwartete ich, er würde den Befehl herausschreien, Guise zu ergreifen und zu töten, obwohl wir uns vorher darauf geeinigt hatten, dass dies auf keinen Fall hier passieren durfte. Nicht in Paris, wo die Bevölkerung vorwiegend katholisch war und grausame Rache an uns üben würde, wenn ihrem Helden irgendetwas zustieß. Dasselbe befürchtete offenbar auch Louise, denn der Blick, den sie mit mir wechselte, zeugte von stummem Entsetzen. Arme Louise! Sie war nie auf ein Leben als Königin vorbereitet worden, musste in einer unfruchtbaren Ehe ohne eigene Kinder leben und war jetzt obendrein in einen Strudel von Hass und Täuschung geraten. Henri hätte sie nie heiraten dürfen. Sie gehörte nicht hierher.
    Schweigend starrte mein Sohn Guise an. Zu meiner Erleichterung entspannte er sich wieder, und auch sein Tonfall gab nichts preis, als er sich nach der Rolle bückte und mit einem trockenen Lachen sagte: »Anscheinend habt Ihr an alles gedacht. Ihr und Eure Edlen müsst heute Abend mit uns speisen, damit wir uns ausführlich über Eure Ansinnen unterhalten können.«
    Guise runzelte die Stirn. Sofort beschleunigte sich mein Herzschlag. Waren wir mit unserer vorgetäuschten Nachgiebigkeit zu weit gegangen?
    »Wenn Eure Majestät diese Bedingungen unterschrieben hat, wird noch Zeit genug für ein Mahl sein. In drei Tagen erwarte ich Eure Antwort.« Ohne ein weiteres Wort wandte er sich ab und schritt mit wehendem rotem Umhang hinaus. Seine Fürsten folgten ihm auf dem Fuß.
    Kaum waren sie gegangen, schleuderte Henri die Rolle von sich, sprang vom Podest und stürmte zum Kassettenfenster. Sogar hier drinnen konnte ich die Rufe hören: » Vive Guise! Vive le duc! Lang lebe Guise! Lang lebe der Herzog!«, sobald Guise und seine Männer vor dem Palast erschienen.
    Ich stellte mich neben Henri. »Sei vorsichtig«, murmelte ich. »Deine Stunde kommt noch.«
    Er blickte mich nicht an. »Nur wann?«, fragte er mit einem gepressten Flüstern.
    »Bald.« Ich drückte ihm die Schulter. »Er hat sich seine Falle selbst gestellt. Jetzt müssen wir nur noch warten, bis er hineinläuft.«

    Am bleiernen Himmel türmten sich Sturmwolken auf. Immer wieder zuckten Blitze, ohne dass es regnete. Birago fehlte mir entsetzlich. Stündlich trafen Meldungen der Spione ein, die weiterhin für mich arbeiteten. Obwohl Guise noch darauf wartete, dass mein Sohn ihm die unterschriebene Schriftrolle als Symbol für seine Kapitulation überbrachte, hatte er seine Familie zu sich nach Paris geholt. Und während die vor seinen Toren drängenden Volksmassen in ehrfürchtiger Geduld seines Erscheinens harrten, ergriffen seine Soldaten von der Stadt Besitz.
    Paris, seit Jahrhunderten Sitz der Monarchie, war zu seiner Festung geworden.
    Im Morgengrauen des dritten Tages wurde ich vom Dröhnen pulsierender Trommelwirbel geweckt. Eilig zog ich mich an. Als ich nach meinem Schultertuch griff, kam Lucrezia mit einem in ein schwarzes Tuch gewickelten Gegenstand hereingeeilt.
    »Benutzt das«, sagte sie und reichte ihn mir. »Stoßt es Guise in sein schwarzes Herz. Niemand hat das mehr verdient als er.«
    Ich wickelte den Stoff auf und brachte einen Dolch mit ineinander verschlungenen goldenen Ketten auf dem Schaft zum Vorschein. Seit Guasts Tod hatte ich ihn nicht mehr gesehen, aber es war dieselbe Waffe, mit der
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