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Die Flammenfrau

Die Flammenfrau

Titel: Die Flammenfrau
Autoren: Jana Held
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mich geschlagen und mir weh getan. Aber er kann auch sehr nett sein. Antana hat gesagt, daß er einmal sehr, sehr nett war. Früher, bevor sein Kopf weh tat, bevor der Geist immer wieder kam.«
    »Welcher Geist?«
    Raban zuckte mit den Schulter. »Antana hat gesagt, daß Pyros den Geist von Elinor töten muß, um gesund zu werden, weil der Geist des Alten ihm keine Ruhe läßt!«
    Brunhild versuchte sich vorzustellen, ob Ritter Bruno auch einmal nett war, bevor er krank wurde. Ob Ritter Bruno vielleicht auch einen Geist töten mußte?
    »Sag, wo ist dieser Geist, den man töten muß, um gesund zu werden?«
    »Weiß ich nicht!«
    »Schade«, rief Brunhild enttäuscht. Sie hätte Ritter Bruno gerne geholfen. Sie kam nicht weiter in ihren Gedanken, denn unten am See war ein Mann erschienen. Er trug ein dunkles Gewand. Seine langen Haare fielen ihm über die Schulter, und er schaute immerzu auf den Wasserfall. Brunhild betrachtete ihn fasziniert. Das war kein Mann aus dem alten Volk. Er war schön, doch irgend etwas an ihm machte ihr Angst.
    Raban drückte ihre Hand. Wie gebannt starrte er auf den Mann.
    »Ist das dein Vater?« fragte Brunhild leise. Ihr Herz begann laut zu schlagen, daß sie meinte, der Fremde unten am See müßte es hören.
    Der Junge nickte.
    Das Mädchen lauschte. Eine einzelne helle Stimme hatte begonnen, ein Lied zu singen. Brunhild kannte es nicht, aber es war ein sehr durchdringendes Lied, das sie tief berührte. Unwillkürlich verließ sie ihr Versteck, um dem Gesang zu folgen. Sie wollte mehr davon hören und ging näher an den See heran.
    Camire hatte sich aufgerichtet. Das Wasser reichte ihr nur noch bis zur Hüfte. Ihre nackte, weiße Haut schimmerte silbern in dem sanften Mondlicht, ihre Brüste waren weich, und das lange blonde Haar umspielte sie wie ein verzauberter Schleier.
    »Oh«, machte Brunhild. Sie war sich sicher, nie zuvor etwas so Schönes gesehen zu haben.
     

     
    »Kommt schon, Bruno, wir können die Frauen nicht alleine lassen! Ich habe gesehen, wie drei von ihnen bewaffnet über den Hügel zu dem brennenden Tempel gingen. Weiß der Teufel, was da los ist.« Faramund fluchte, als er über das achtlos liegengelassene Schwert des anderen stolperte. »Steht endlich auf.«
    Der junge Ritter schüttelte Bruno ein wenig, doch der Schwertmeister bewegte sich nicht. Er lag seit Tagen schon wieder nur auf seinen Decken und hatte die Welt vergessen. Die ehemals so klaren Augen blieben stumpf und glanzlos.
    Faramund gab es auf. Bruno von Falkenstein war ein kranker Mann. Wahrscheinlich mußte er sich endgültig damit abfinden, daß der Geist des Ritters jenseits von allem irdischen Leben in einer eigenen Welt gefangen war. Es war eine Schande.
    Seufzend wandte er sich um. Er würde alleine zum Wasserfall gehen! Die Frauen sprachen davon, daß die Hohepriesterin sie zu den Waffen gerufen hatte. Faramund wollte als Ritter nicht zurückbleiben. Er konnte sich weder das Feuer im Tempel erklären noch die Aufregung, mit der hier alle verschwunden waren, aber er war gewillt, für dieses Volk zu kämpfen, dessen Gastfreundschaft er schon so lange genoß.
    Während er sich ein ledernes Hemd überzog, das eine der Frauen ihm hier genäht hatte, wurde es draußen plötzlich merkwürdig still, so als hielte alles den Atem an. Selbst das Feuer schien mit einmal stiller zu brennen.
    Aus der Ferne erklang leise eine Frauenstimme. Erst sanft, dann immer kräftiger sang sie ein bezauberndes Lied. Faramund lauschte. Ohne Zweifel, es war eine Liebesmelodie, die mit solcher Schönheit dargebracht wurde, daß es ihn magisch anzog. An keinem Hof, an dem er in seinem Leben verweilt hatte, war er jemals in den Genuß gekommen, eine solche Stimme zu hören.
    Langsam ging Faramund zum Höhlenausgang. Er ließ die Bänder des Hemdes offen und trat zwei Schritte nach draußen. Es war, als ob die Stimme ihn riefe, um in ihm alle Liebe zu wecken, zu der ein Mann überhaupt nur fähig war.
    Welch seltsame Magie, dachte er und erschrak fast zu Tode, als sich ihm von hinten eine schwere Hand auf die Schultern legte.
    »Sie stirbt«, sagte Bruno von Falkenstein. Sein Blick hatte eine tiefe Klarheit, die Faramund Tränen in die Augen trieb.
    »Kommt endlich,« fuhr der Schwertmeister fort, während er sich sein Schwert umgürtete. »Sie stirbt. Wir müssen ihr helfen.«
     

     
    Brunhild hielt den Atem an. Raban drückte ihre Hand, die er die ganze Zeit festgehalten hatte.
    »Das war das schönste Lied, das ich je
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