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Die Flammenfrau

Die Flammenfrau

Titel: Die Flammenfrau
Autoren: Jana Held
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sich, und sein Fuchs, der zuerst dem Vogel seitwärts auswich, stieg plötzlich nervös auf die Hinterbeine. Auch Faramunds Brauner tänzelte ein paar Schritte zur Seite durch den tiefen Schnee. Der Adler jagte über die Reiter hinweg, zog eine Schleife hinter ihnen und setzte noch einmal, mit den Krallen voraus, zum Angriff an.
    »Bei allen Dämonen der Hölle«, fluchte Faramund.
    Bruno zog sein Schwert. Er hatte noch nie davon gehört, daß ein Adler Reiter angriff. Mit beiden Händen holte er zum Schlag aus. Doch der Greif war schneller. Mit einem lauten Schrei drehte er sich erneut in der Luft und gewann wieder an Höhe.
    Er zielte diesmal auf das breite Hinterteil von Brunos Fuchs, so daß der Wallach einen verzweifelten Sprung nach vorn machte. Bruno, der sich nur mit den Beinen an dem Fuchs festklammerte, verlor das Gleichgewicht und fiel mit dem Schwert kopfüber in den Schnee. Der Fuchs nutzte die gewonnene Freiheit und galoppierte über das weiße Feld davon.
    »Faramund, schnell mein Pferd«, rief Bruno.
    Faramund setzte dem Fuchs nach, ohne weiter auf den Raubvogel zu achten. Erst als sein Pferd sich aufbäumte und wiehernd die Vorderbeine in die Luft warf, bemerkte Faramund, daß der Adler sie umkreist hatte.
    Bruno sah aus einiger Entfernung die schwere Hinterhand des Braunen in die Höhe wirbeln. Er wollte Faramund warnen, doch es war zu spät. Der junge Gefährte verlor den Halt und landete auf ähnliche Weise im Schnee wie er selbst.
    »Wenn ich diesen Teufel erwische, werde ich ihm jede Feder einzeln ausreißen!« rief Faramund aufgebracht, als Bruno näher kam. Zornbebend hatte er die Rechte drohend zur Faust erhoben. »Über dem Feuer sollte man ihn rösten!«
    Bruno nickte. »Ja, das wäre die gerechte Strafe für ein derart dreistes Federvieh.«
    Beide sahen sie ihren Pferden nach, die der Adler auf die Berge zu trieb.
    »Und nun?« Fragend schaute Faramund den Ritter an.
    »Ihr wolltet doch ein Abenteuer, edler Ritter«, bemerkte Bruno und klopfte sich umständlich den Schnee aus dem Umhang.
    »Aber doch nicht so eines!«
    Bruno lächelte. »Wißt Ihr, junger Freund, mit den Abenteuern ist es so eine Sache, sie sind leider nie, wie man sie sich erträumt, und eigentlich sind sie auch erst wirklich richtig schön, wenn man sie hinter sich hat.«
    Faramund schnaufte ärgerlich und schaute wieder den fliehenden Pferden nach, die allmählich im Schatten der Berge verschwanden.
    »Was tun wir jetzt?« fragte er.
    »Zu Fuß gehen!«
    Faramund warf einen kurzen Blick auf seine ledernen Stiefel, die von der Feuchtigkeit des Schnees bereits dunkel glänzten. »Ich hasse es zu laufen.«
     

     
    Weißer Rauch stieg senkrecht aus der Quelle und zerriß an den scharfen Kanten des schwarzen Gesteins zu kleinen Fetzen. Luovana trat auf die Quelle zu und zog ihren Mantel aus. Der warme Dampf strich ihr über die Haut, die angenehm zu prickeln begann. Sie kniete sich nieder und griff mit der Linken nach dem langen Lederriemen, der um ihren Hals hing. Dann zog sie ihn über den Kopf. Der Rubin an dem Band schimmerte matt in dem fahlen Licht. Luovana wickelte das Band geschickt um ihre Hand und ließ den großen roten Stein langsam in dem warmen Dampf baumeln. Aufmerksam beobachtete sie die geheimnisvollen Schwingungen, die den Stein mit dem Rauch verbanden. Jedes Auf und Ab des Rubins war für sie ein Zeichen, daß die Göttin der Gwenyar sich ihrer annahm. Als die Schwingungen nachließen, drehte Luovana ihr Handgelenk, der Lederriemen wickelte sich ab, bis der rote Stein den kochenden Strudel der Quelle erreichte.
    Für einen Augenblick verfärbte sich das Wasser blutrot, dann jedoch war es wieder klar. Luovana schloß die Augen, und wie von selbst drangen ihr die alten Worte des Rituals über die Lippen, die sie von den Gwenyar gelernt hatte. Sie mußte lächeln, als sie spürte, wie leicht ihr diese schweren Worte nun in den Sinn kamen. Vor fünf Wintern, als die Priesterinnen ihr den Rubin überreicht hatten, war sie fast daran verzweifelt, so fremd war ihr diese Sprache erschienen.
    Mehr und mehr erhob sie ihre Stimme, bis ein geheimnisvoller Gesang daraus entstand. Der Stein wurde von der Quelle gereinigt und mit neuer Kraft versehen. Die Göttin war mit ihr.
    Langsam ließ Luovana den Rubin an dem ledernen Band immer tiefer in die Quelle sinken, bis der heiße Dampf ihr unangenehm auf der Haut brannte. Sie spürte, wie der Stein schwerer wurde, wie er zog und zerrte, als wolle er noch weiter
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