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Die Flammenfrau

Die Flammenfrau

Titel: Die Flammenfrau
Autoren: Jana Held
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hinabsinken. Dann zog Luovana den Rubin aus der Quelle hinaus und prüfte ihn. Er war jetzt strahlend rot. Ein sanfter Glanz lag darüber. Seine Kraft würde für eine Weile anhalten. Sie zog den Mantel über die Schultern und schaute zum oberen Bergkamm, wo sie ihr Pferd zurückgelassen hatte. Aysar, ihre graue Stute, wieherte.
    Luovana betrachtete das Tier erstaunt. Es erschien ihr nervös, es tänzelte hin und her und schüttelte den schönen, schmalen Kopf, so daß die lange weiße Mähne wie ein Schleier herumflog.
    Mit leichten Schritten kletterte Luovana geschwind über die Steine hinauf zu dem Hochplateau. Sie hielt der Stute die Hand hin und schaute ins Tal. Über das große Schneefeld unterhalb der Anhöhe galoppierten zwei reiterlose Pferde genau auf die Berge zu. Ein großer Adler verfolgte die Tiere und trieb sie zum steilen Paß, der hinauf zum schwarzen Felsenhof führte.
    Luovana streichelte beruhigend ihrem Pferd über die Nüstern. »Lursa ist wieder auf der Jagd«, flüsterte sie. »Ihr Adler Pyros hat für diese Jahreszeit reiche Beute gemacht, es sind zwei stattliche Pferde.«
    Die Frau griff nach Köcher und Bogen, die an einem nahen Stein lehnten, und schwang sich auf den glatten Rücken der Stute.
    »Wo zwei gesattelte Pferde sind, müssen auch zwei Reiter sein«, sagte sie. »Vielleicht können wir das Ende dieser Jagd noch verhindern.«
     

     
    Faramund stapfte mißmutig durch den Schnee. Die Berge schienen überhaupt nicht näher zu kommen. Gelegentlich warf er einen verzweifelten Blick auf Brunos versteinertes Gesicht, doch der Ritter schritt schweigend einher. Er schien mit den Gedanken weit fort zu sein. Faramund fragte sich oft, was wohl in dem Älteren vorging. Seit dem Turnier in Worms, bei dem Genovefa zu Tode gekommen war, hatte Bruno häufig diesen harten Ausdruck in den Augen. Sein ganzes Wesen schien mehr und mehr von einer unheimlichen Düsternis erfaßt zu werden. Die Trauer schien ihn selbst für ein Abenteuer unempfindlich zu machen, obwohl man ihm derer doch so viele nachsagte. Wie konnte er so gelassen hinnehmen, daß ihm ein Adler sein Pferd stahl?
    Am Hofe zu Worms hatte König Dankrat große Stücke auf den Ritter und seine Waffenkünste gehalten. Er ließ es sich nicht nehmen, ihn täglich zu einem Übungskampf zu fordern, allerdings auch, um anschließend mit dem Ritter am Kaminfeuer zu sitzen und von verwegenen Taten zu berichten. König Dankrat war ein großer, kräftiger Mann mit klaren, grauen Augen und einem kurzen roten Bart, der seinem Gesicht etwas Unverwechselbares verlieh. Er war ein Mann voller Tatkraft, und in seiner Jugend war er wie viele andere Ritter auf der Suche nach Heldentaten ausgezogen. Dankrat liebte es, bei einem guten Wein davon zu schwärmen. Jedermann am Hofe wußte, daß der edle Herr von Falkenstein nicht nur ein guter Kämpfer, sondern auch ein guter Zuhörer war. Immer wieder konnte er interessiert einer Geschichte folgen, stellte Fragen und begeisterte sich an einer Heldentat wie der Erzähler selbst. Doch wenn man ihn aufforderte, aus seinem Leben zu berichten, dann lenkte er freundlich das Gespräch in eine andere Richtung, oder er schwieg ganz einfach. Wahrscheinlich rankten sich deshalb um sein Leben die geheimnisvollsten Legenden. Keiner wußte, was genau Bruno von Falkenstein wirklich erlebt hatte, bevor er und Genovefa des Königs Gäste wurden. Von Berta, der Köchin des Hofes, hatte Faramund erfahren, daß der Schwertmeister die schöne Genovefa aus den Händen eines finsteren Ritters befreit hatte. Er war mit ihr durch dunkle Wälder bis nach Worms geflohen. Naß wie die Katzen seien sie vor dem Burgtor angekommen, hatte die Köchin erzählte, denn es hatte die ganze Nacht über geregnet. Und in ihrer Küche hatte der edle Herr mit dem schönen Fräulein gesessen, um sich bei einer heißen Suppe aufzuwärmen.
    »Warum berichtet Ihr eigentlich nie von Euren Heldentaten?« fragte Faramund unvermittelt und war selbst erstaunt, daß ihm die Frage, die ihm seit Anbeginn der Reise auf dem Herzen lag, nun so einfach von den Lippen ging.
    »Was meint Ihr?« Bruno blieb stehen. Wie aus weiter Ferne schaute der Altere ihn an. Seine dunklen Locken kräuselten sich bis auf die breiten Schultern und boten einen interessanten Kontrast zu dem tiefen Blau seiner Augen. Er war ein Stück größer als Faramund, so daß der junge Mann unweigerlich zu ihm aufblicken mußte, wenn er dem Blick des Schwertmeisters standhalten wollte.
    »Was habt
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