Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Flammen der Dunkelheit

Die Flammen der Dunkelheit

Titel: Die Flammen der Dunkelheit
Autoren: Evelyne Okonnek
Vom Netzwerk:
Schulter, als wollte er ihn zum Schweigen bringen. Glic verstand die Geste und verstummte verwirrt. Niemand sonst sagte etwas, eine drückende Stille senkte sich über den Raum.
    Dorc schaute den Erwählten an. Sein Blick wurde erwidert und etwas Merkwürdiges geschah. Als ob sie aus der Zeit gefallen wären, sahen die beiden Männer einander forschend an. Sie entdeckten die Qual in den Augen ihres Gegenübers, das Unvermögen, die Wahrheit anzunehmen, und beide wussten, dies konnte nur jemand verstehen, der selbst an dem Punkt angelangt war, wo man sich verloren und nichts als Dunkelheit gefunden hatte.
    »Dorchadas«, sagte Dorc und der Erwählte nickte.
    »Ja, die Hölle«, flüsterte er. »Ich habe sie gesehen. Es ist nur Leere …«
    »… und Dunkelheit«, vollendete Dorc den Satz und wieder nickte das Oberhaupt von Jalluths Priesterschaft, das ein Dämon war.
    Auch er ist ein Opfer, dachte Dorc. Aber Néal hatte dann versucht, sich auf Kosten anderer die Wirklichkeit nach seiner Vorstellung zu formen.
    »Sie hat meine Seele zerstört«, sagte der Erwählte mit brüchiger Stimme.
    »Und du hast es tausendfach vergolten«, erwiderte Dorc. Diese Worte schienen seinen Gegner aufzuwecken. »Es ist nicht genug! Niemals!«, rief er.
    »Ich weiß, wovon du sprichst«, bestätigte Dorc. »Aber nichts wird dir Heilung bringen. Das ist die bittere Wahrheit!«
    »Ich lasse sie nicht gehen! Sie gehört an meine Seite!«, kreischte der Erwählte plötzlich wie von Sinnen. Vielleicht war er das auch. Denn einen wichtigen Unterschied gab es zwischen ihnen: Der Erwählte war allein. Dorc spürte, dass er die Verbindung zu ihm verloren hatte und nichts und niemand könnte Néal je wieder erreichen. Es war Zeit zu gehen! Er drückte Glics Schulter, die er nicht losgelassen hatte. Mit der anderen Hand gab er Lasair hinter seinem Rücken ein Zeichen zu verschwinden. Auch Aithreo hatte es wohl gesehen, denn im selben Augenblick schleuderte er einen Lichtstrahl auf seinen ehemaligen Freund.
    Néal verbrannte nicht wie die Menschen, aber er ging zu Boden. Sofort rappelte er sich wieder auf. Noch im Aufstehen begriffen, setzte er sich mit der gleichen Waffe zur Wehr, und jetzt war es Aithreo, der taumelte.
    Dorc wartete nicht länger, packte Glic und schob ihn zur Tür. Mit vereinten Kräften gelang es ihnen, sie aufzureißen. Der Kampf schien Néals Magie zu schwächen. »Geh mit Lasair!«, sagte Dorc zu Glic. »Ich helfe, Néal aufzuhalten.«
    Der hatte eben Aithreo in die Knie gezwungen. Dann holte er einen Dolch hervor, der am Kopfende des Sarges befestigt gewesen sein musste. Diese Waffe würde Aithreo wirklich gefährlich werden, aber gleichzeitig schwächte sie den Träger. Nun zog auch Dorc sein Schwert. Der ganze Raum war angefüllt mit entladener Magie. Es knisterte und das Licht flackerte. Bevor Néal den Dolch nutzen konnte, traf ihn ein weiterer magischer Strahl aus Aithreos Hand und er flog gegen die Wand.
    »Lauft!«, brüllte Aithreo, machte einen gewaltigen Satz, stieß Dorc zur Tür hinaus und schlug sie zu. Dorc hörte, wie ein Riegel einrastete. Einen Augenblick zögerte er und überlegte, ob er die Tür eintreten sollte, dann drehte er sich um und folgte den anderen, die gerade im gegenüberliegenden Gang verschwanden.
    Sie kamen nicht so schnell voran wie erhofft. Lasair weigerte sich, ihre Last herzugeben, und zweimal wählte sie in ihrer Hast den falschen Weg. Zähneknirschend mussten sie umkehren.
    »Wir finden hier nie raus«, murrte Glic. Aber dann erreichten sie doch die Treppe, die nach oben führte. Sie schien mindestens doppelt so lang zu sein, und die vier wurden immer langsamer. Endlich erreichten sie den Raum in der dritten Ebene. Vorsichtig öffnete Dorc die Tür. Alles war ruhig und der Gang immer noch leer. Sie rannten zur Wendeltreppe und nachdem auch dort keine Flammenkrieger zu sehen oder zu hören waren, erklommen sie keuchend die Stufen.
    Glic hatte das Gefühl, seine Schuhe blieben am Boden kleben, in seinen Lungen brannte Feuer. »Ich kann nicht mehr!«, japste er. Es war ihm unmöglich zu hören, ob er eine Antwort bekam, das Rauschen in seinen Ohren war zu laut. Aber er sah, dass Lasair und schließlich auch Dorc langsamer wurde. Im Gewölbekeller blieb sie stehen und legte Grian vorsichtig auf die Erde. Dann sank sie in die Knie.
    »Nur einen Augenblick!«, sagte sie schwer atmend. Dorc und Glic ließen sich neben ihr fallen. Sie wären keinen einzigen Schritt weiter gekommen. Aber lange
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher