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Die Fehler-Raeuber

Die Fehler-Raeuber

Titel: Die Fehler-Raeuber
Autoren: Andreas Schlueter
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der Hosentasche gefallenes Bonbonpapier hier, ein zerrissener Schnürsenkel dort – schwupp – ein mächtiger Satz, und Mörfi war von einem zum anderen gefehlert. Gesprungen hätte man beinahe sagen können, wenn es zwischen Springen und Fehlern nicht einen entscheidenden Unterschied gegeben hätte. Fehlern konnte man auch durch Wände hindurch. Wenn Johanna sich über das plötzliche Auftauchen oder Verschwinden Mörfis wunderte, dann war Mörfi meistens herbei- oder fortgefehlert. Aber zum Fehlern benötigte man eben Fehler! Doch dieses Haus war menschenleer – niemand da, der einen Fehler machte. So konnte Mörfi dem Schatten-Zengel nicht hinterherfehlern, sondern hätte an der Tür hochklettern müssen. Die Tür war zu glatt.

    Mörfi hätte Juanito mitnehmen sollen! Nun stand es hier und wusste nicht weiter. Der Zengel war ihm entwischt. Mörfi fluchte furchtbar und war gleichzeitig sehr traurig. Die Gemeinschaft der Fehlerteufel hatte ihm eine große Aufgabe anvertraut und es hatte alles vermasselt. Der königliche Fehlerwerfer war gestohlen, der Dieb verschwunden, Mörfi saß mit leeren Händen da und konnte der Gemeinschaft der Fehlerteufel nicht einmal einen Tipp geben, wo die Fehlerwerfer versteckt sein könnten.
    Mörfi beschloss zu warten. Etwas anderes konnte es im Moment nicht tun. Kam der Schatten-Zengel wieder ohne Fehlerwerfer heraus, hatte Mörfi das Versteck gefunden. Ließ der Zengel sich nicht wieder blicken, führte der Weg hinter der Tür weiter. Vielleicht würde Mörfi ihn verfolgen können, wenn am nächsten Morgen ein Mensch kam und einen Fehler machte?
    Wie immer Mörfi es drehte und wendete, das Beste war, dazusitzen und zu warten … zu warten … zu warten …Wenn es nur nicht schon so schrecklich müde wäre … aber Mörfi durfte auf keinen Fall einschlafen … Nur, die Augen … die Augen wurden plötzlich schwer …
    Mörfi erwachte, als es menschliche Stimmen hörte. Sein erster Blick fiel auf eine Uhr, die über der Tür hing. Sie zeigte halb neun. Als Mörfi dieses Gebäude betreten hatte, war es zehn gewesen. Da die Uhr vermutlich nicht rückwärts lief, blieb nur eine Erklärung: Mörfi hatte die ganze Nacht geschlafen.
    „Vernixt und zugefläht!“, schimpfte es. Sie war eingeschlafen und hatte alles verpasst. War der Zengel aus dem Raum wieder herausgekommen oder weitergelaufen?
    Mörfi musste nachschauen! Das Fehlerteufelchen krabbelte hinter der Steckdose hervor und sah an der Wand hoch. Es schaute, roch und horchte wie am Abend zuvor, aber immer noch nichts – weit und breit kein Fehler zu entdecken, über den es hätte fehlern können! So etwas hatte Mörfi noch nie erlebt. Irgendwo gab es immer Fehler, die man nutzen konnte, wenn Menschen in der Nähe waren. Oftmals waren in den Menschenhäusern die Ecken nicht richtig tapeziert, besaß die Wandfarbe an einer Stelle einen falschen Farbton oder es flackerte eine Glühbirne – aber in diesem Haus? Nichts! Oder die Fehler waren nur zu gut versteckt. Das war in den vergangenen Jahren erschwerend hinzugekommen. Die Orte nahmen zu, an denen die Menschen ihre Fehler bis zur Unkenntlichkeit vertuschten.

    „Verflixt verzwickt!“, fand Mörfi. Es gab nur eine Möglichkeit, durch die Tür zu gelangen. Es musste warten, bis der erste Mensch den Flur betrat und einen Fehler machte.
    Mörfi hatte Glück. Da vorn kam schon jemand. Der Mensch trug einen riesigen Zengel auf seinem Rücken. Die Chancen für einen Fehler standen also schlecht. Der Mensch war ein Fehlerhasser, erkannte Mörfi.
    „Dröge und öde!“, schimpfte es, als der Mensch hinter einer der Türen verschwunden war. Nichts war passiert. Rein gar nichts!
    Da kamen schon die nächsten. Eine Frau und ein Mann. Die Frau trug ein graues Kostüm, um den Hals ein rotes Tuch. Rot mochte Mörfi wahnsinnig gern. Deshalb trug es auch ein rotes Mäntelchen, so wie alle aus der Fehlerteufelgemeinschaft immer irgendetwas Rotes trugen. Grau aber hasste es. Wie kam die Frau bloß dazu, Rot mit Grau zu kombinieren?
    „Grässlich hässlich!“, schimpfte Mörfi leise vor sich hin. Die Haare hatte die Frau in der Mitte des Kopfes zusammengesteckt, als hätte sie ein Vogelnest gebaut. Auf der Nase trug sie eine kleine randlose Brille mit halben Gläsern, über die hinweg sie den Mann streng ansah.
    Eine Frau, die Fehler hasste. Das war Mörfi auf den ersten Blick klar.
    Der Mann zog einen Rollwagen hinter sich her. Darauf waren fünf große Kisten gestapelt.
    Die Frau öffnete
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