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Die Feenflöte

Die Feenflöte

Titel: Die Feenflöte
Autoren: Gerhard Rose
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Kasten. Er war leer.
    "Sehen sie, ich habe ein paar Vorkehrungen getroffen. Hätte ich das getan, wenn ich nicht wüßte, wer sie sind? Und von wem anders sollte ich es wissen, wenn nicht von den Feen selbst? Die echte Feenflöte hat meine Begleiterin, und sie hält sie gut fest. Deshalb habe ich mich zwischen sie beide gedrängt. Ich vermute, sie sind äußerst geschickt mit ihren Fingern und wären tatsächlich in der Lage, die beiden Flöten unbemerkt zu vertauschen."
    "Es ist wahr, was er sagt. Ich war dabei." sagte Catherine.
    Merlane war völlig verunsichert. Sollte sie ihm glauben? Es konnte eigentlich nicht anders sein.
    "Und was ist mit dem Buch?" wollte sie wissen.
    "Das habe ich im Feenschloß zurückgelassen. Sie wissen mindestens so gut wie ich, wie wertvoll es ist. Das Dekret des Feenkönigs am seinem Ende verlangt ohnehin, es solle gut verwahrt werden."
    "Ich glaube ihnen nicht. Sie wollen mich täuschen!"
    Erneut machte sie einen Schritt auf Sean zu und stand ihm bereits bedrohlich nahe.
    "Das war wohl nicht anders zu erwarten," sagte Sean und zog den Zweig mit den silbrigen Knospen aus der Manteltasche. Er hielt ihn vor Merlanes Gesicht.
    "Sagt ihnen das was? Als man es mir überreichte hieß es, dies sei ein Feendokument."
    Merlane starrte auf den Zweig. Allmählich begann sie zu zweifeln. Wenn dies ein Täuschungsmanöver war, dann war es das geschickteste und raffinierteste und am besten ausgedachte aller Zeiten! Falls es das war, so konnte es ganz sicher nicht von Menschen erdacht worden sein. Blitzartig entriß sie Sean den Zweig und trat einen Schritt zurück.
    Ein vertrautes Gefühl kribbelte in ihren Fingerspitzen. Tatsächlich! Ein Feendokument des Weisen Rates, eindeutig echt. Merlane kam aus dem Staunen nicht mehr heraus.
    "Hat jemand von ihnen Feuer?" fragte sie.
    "Feuer? Nein, wir rauchen nicht. Aber sicher hat jemand in der Agentur Feuer."
    Catherine warf einen Blick auf den Schreibtisch.
    "Da liegt ein Feuerzeug."
    Merlane schnappte es sich und trat noch ein Stück zurück. Sie hielt den Zweig mit ihrer Linken so weit wie möglich vor sich und zündete das Feuerzeug. Eine Weile drehte sie die Knospenspitze in der Flamme hin und her. Sean war innerlich hin und her gerissen. Was tat sie da? Wollte sie das Dokument vernichten? Oder war das Ganze am Ende Teil einer Verschwörung? Hatten sie ihn in Sicherheit gewiegt, um ihn durch einen Zauberakt um so schlimmer zu strafen? Sollte er Merlane den Zweig entreißen, bevor es zu spät war?
    Dichter Rauch stieg von der Spitze des Zweiges auf. Eine halb durchsichtige Wolke formte sich. Obwohl sich kein Luftzug in dem Raum bewegte, wirbelte sie umher, ohne sich dabei aufzulösen. Staunend beobachteten sie, wie der Rauch nacheinander unterschiedliche Formen annahm. Sean erkannte andeutungsweise die Gesichtszüge der Fee, die ihm das Feendokument überreicht hatte, rätselhafte Symbole, gefolgt von zwei ihm bekannten musikalischen Zeichen aus dem
Tor der Musik
. Zuletzt formte der Rauch seine eigenen Gesichtszüge nach. Während er noch ungläubig hinschaute, löste sich der Rauch unversehens im Nichts auf.
    Merlane hielt den Zweig noch immer in der Hand. Er war unversehrt, nur die silbrige Farbe an seiner Spitze war verschwunden. Nachdenklich sah sie Sean an.
    "Sie sind ein erstaunlicher Mensch, Mister Dennehy. Das hätte ich wirklich nicht gedacht. Jedenfalls glaube ich ihnen jetzt."
    Mit einer raschen Bewegung zog sie etwas aus ihrer Jacke hervor und hielt es Sean hin.
    "Dies ist das Duplikat der Flöte," sagte sie. "Hätten sie den Unterschied bemerkt?"
    Sean schüttelte den Kopf. Catherine war neben ihn getreten und blickte das Instrument an. Unter ihrer Jacke hielt sie die echte Feenflöte ganz fest in der Hand.
    "Wir haben uns große Mühe gegeben." sagte Merlane.
    "Sagen sie mir eines, Miss Merlane, wozu sollte es gut sein, die Instrumente auszutauschen? Ging es nur um das ursprüngliche alte Original?"
    "Nein, Mister Dennehy. Ich weiß nicht recht, ob ich ihnen das anvertrauen darf. Andererseits...." Merlane zögerte. Sicher würde er sich sehr erschrecken, wenn er die volle Wahrheit erfuhr. Sie legte das Duplikat auf den Schreibtisch.
    "Diese Flöte ist aus Teufelsgold gemacht. Es hätte sich zu gegebener Zeit in ein völlig verrostetes Stück Eisen verwandelt."
    Sean überlief eine heftige Gänsehaut am ganzen Körper. Catherine wurde blass.
    "Das war also der Plan. Meine Güte, habe ich ein Glück gehabt."
    "Allerdings," nickte Merlane,
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