Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Feen - Hallmann, M: Feen

Die Feen - Hallmann, M: Feen

Titel: Die Feen - Hallmann, M: Feen
Autoren: Maike Hallmann
Vom Netzwerk:
Ich habe gehört … na, egal. Lass uns schnell einräumen.«
    Der Schrank war alt und aus massivem Holz, desgleichen das Bett. Keine Sperrholzmöbel, die das Flair einer Jugendherberge verbreiteten, sondern wuchtige, schöne alte Möbel. Auf dem Kopfkissen lag blau-weiß karierte Bettwäsche. Benny strich darüber. Der Stoff war kühl und steif und ein wenig rau. Ganz allmählich klärte sich sein Kopf. Sein Vater war also weggefahren, ohne Abschied, ohne ein Wort, ohne zu fragen, ob er bleiben wollte.
    Gut, dachte er. Dann wusste er ja, woran er war. Ihm war zumute, als gäbe es ihn zweimal. Der eine Benny war betroffen, vielleicht sogar verzweifelt. Der andere betrachtete den ersten, als ginge ihn das alles gar nichts an. Als er sich auf die Bettkante setzte, fühlte er sich so schwer, als könnte er nicht wieder aufstehen. Er sah sich um. Ein einziges dieser sechs wuchtigen Betten, die sich in diesem Zimmer fast verloren, hätte in seinem Zimmer zu Hause gewirkt, als hätte sich ein Elefant in einen Kaninchenkäfig verirrt. Vor dem Kamin, in respektvollem Abstand zum offenen Feuer, standen zwei mit grünem Samt bezogene Sessel, auf einem lag ein dickes gelbbraunes Schaffell. Ein Stück neben dem Kamin standen ein Bücherregal und eine wuchtige Holztruhe mit eisernen Beschlägen. Zwei der Betten hatten dicke Pfosten, die hoch aufragten, und Vorhänge aus schwerem Stoff, die zurückgebunden waren. Sein eigenes gehörte nicht dazu. Noch einmal strich er über die Bettwäsche und über die Decke, dick und weich. Die Erkenntnis, dass er in Schottland war, sickerte in ihn ein. Er war in Schottland, und er würde in Schottland bleiben. Jedenfalls erst einmal. Zu seinem Vater wollte er jedenfalls mit Sicherheit nicht zurück. Er fragte sich, wo der jetzt war – irgendwo auf der Strecke die Steilküste entlang vermutlich, in einem kleinen knallblauen Mietwagen. In dessen Handschuhfach, fiel ihm siedendheiß ein, sein MP 3-Player lag, falls sein Vater nicht daran gedacht hatte, ihn in Bennys Gepäck zu stecken, bevor er weggefahren war. Er sprang auf und durchwühlte den Rucksack. Ein verschmähter Müsliriegel fiel ihm in die Hände, zwei Romane, jede Menge Kleinkram. Kein Player. »Scheiße«, murmelte er.
    Jetzt erst fiel ihm auf, dass Felix seine Tasche geöffnet hatte und die Sachen fein säuberlich in den Schrank räumte. »Sag mal …«
    »Ja?«
    »Hast du einen MP 3-Player gefunden? Irgendwo in einer der Taschen?«
    Hastig beugte sich Felix hinunter und schaute in den Seitentaschen nach. Kopfschütteln und ein Blick, als erwarte er dafür Prügel.
    »Scheiße.« Seufzend ließ sich Benny wieder aufs Bett plumpsen. Fing ja gut an. Er lief gern und viel, vor allem, wenn er sich nicht gut fühlte oder seine Gedanken nicht zur Ruhe kamen, und Musik gehörte zum Laufen dazu. Am liebsten hätte er seinen Vater angerufen, aber auf Glenshee Castle waren keine Handys erlaubt, und er hatte nicht daran gedacht, seins mitzuschmuggeln. »Was machst du da eigentlich?«, erkundigte er sich, obwohl es ihn nicht wirklich interessierte.
    »Ich räume deine Sachen ein.«
    »Sehe ich. Warum? Ich bin schon groß, weißt du? Ist ja sehr nett von dir, aber ich kann das auch selbst.«
    »Bin ja gleich fertig«, murmelte Felix.
    »Schläfst du auch hier im Zimmer?«
    »Nein. Du bist mein Pate. Ich will nicht, dass du Ärger bekommst.«
    »Ich bin dein was ?«
    »Mein Pate.« Sorgfältig, fast penibel, als gäbe es Tote, wenn Pullover nicht genau Ecke auf Ecke lagen, packte Felix die letzten paar Klamotten in den Schrank, strich noch einmal darüber, stellte die Tasche unten in den Schrank und schloss die Tür.
    »Wird man da nicht gefragt?«, fragte Benny.
    »Danke«, erwiderte Felix.
    »Sorry. Ich mein ja nur. Werde ich nicht gefragt? Wirst du nicht gefragt?«
    »Nein. Es wird zugeteilt.« Felix saugte die Unterlippe in den Mund und biss darauf, es gab ein schmatzendes Geräusch. Er hatte eins dieser Gesichter, die einen zum Prügelknaben qualifizierten, rund, fast ein wenig dicklich, blass wie Magermilch, die Augen groß und verschreckt. »Will war mein Pate. Du erbst mich, sozusagen. Tut mir leid. Ich bin nicht unbedingt … also … ich verstehe es, wenn du das nicht toll findest, aber so ist es eben.«
    »Moment.« Benny betrachtete ihn genauer, die hochgezogenen, runden Schultern, die schlaffe Körperhaltung, den braven Seitenscheitel. Einer von den Jungs, wegen denen man in seiner alten Schule die Tradition der Mannschaftswahlen
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher