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Die Farben des Chaos

Titel: Die Farben des Chaos
Autoren: L. E. Modesitt
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absichtlich nicht allzu genau hin?
    Er schürzte die Lippen. Keine dieser Möglichkeiten gefiel ihm, aber er musste sich eingestehen, dass er nicht genug wusste, um den wirklichen Grund zu kennen.
    Unten schleppten die Wächter die Krüge mit Öl, die wahrscheinlich mit Bleipigment überzogen waren, ins Lager. Die konfiszierten Waren wurden alle acht Tage versteigert, und wer den Zuschlag bekam, musste außer dem Preis auch alle Zölle und Gebühren entrichten. Das Gold, das dadurch hereinkam, wurde für den Bau und die Unterhaltung der Straßen verwendet, wie Cerryl von Kinowin erfahren hatte.
    Selbst wenn manche Schmuggler Erfolg hatten, so verstand Cerryl nicht, warum die Leute es immer wieder versuchten. Gewürze waren nur schwer vom Tuch oder Holz eines Wagens zu unterscheiden, aber Metallgegenstände konnte man ganz sicher nicht durch die Tore schmuggeln. Leyladin, die Graue oder Schwarze Magierin mit den rötlich blonden Haaren, die der Gilde als Heilerin diente, war vielleicht zu feineren Wahrnehmungen fähig, aber die meisten Weißen Magier waren es nicht. Doch selbst der unbegabteste Weiße Magier konnte Metall spüren, und wenn es hinter einer Elle dickem Holz verborgen war.
    Er schüttelte den Kopf und fürchtete, dass er die Antwort längst kannte. Die Gilde behielt ihre Geheimnisse für sich und hütete sie gut. Cerryl erinnerte sich an den Flüchtling, der von einem Magier der Gilde in Asche verwandelt worden war. Cerryl hatte damals noch als Gehilfe für den Sägemüller Dylert gearbeitet und durch einen Spalt in der Tür des Holzschuppens nach draußen gespäht.
    Unter Diborls Aufsicht holte ein Wächter die beiden Gefangenen, die zur Straßenreinigung eingeteilt waren,
    damit sie die Asche vom Wagen fegten. Jeden Morgen brachte einer der Wächter zu diesem Zweck ein paar Gefangene mit. Für gewöhnlich waren es Männer, die den Frieden gestört hatten, ohne ein schwereres Verbrechen zu begehen, das eine Verbannung zum Straßenbau gerechtfertigt hätte.
    Cerryl rieb sich die Stirn und blickte nach Westen. Die Sonne stand noch ein gutes Stück über den niedrigen Hügeln, aber die Tore würden erst geschlossen werden, wenn es ganz dunkel war. Glücklicherweise war es Winter und die Sonne ging früh unter. -Er mochte sich kaum vorstellen, wie lang der Dienst im Sommer war. Er freute sich wahrhaftig nicht darauf.
    Obermagier Kinowin hatte erklärt, dass Cerryl in den ersten paar Dienstjahren als vollwertiger Magier immer wieder für eine oder zwei Jahreszeiten am Tor würde Dienst tun müssen, bis die Gilde eine neue Aufgabe für ihn fand. Aber welche anderen Aufgaben konnte die Gilde schon haben? Und welche neuen Fähigkeiten sollte er auf solch einem Posten entwickeln? Mit Waffen konnte er ganz sicher nicht umgehen und mit den Energien im Innern der Erde konnte er im Gegensatz zu Kinowin, Eliasar und Jeslek ebenfalls nichts anfangen. Ein Chaos-Heiler wie Broka war er auch nicht. Die Gilde brauchte keine Magier, die als Schriftgelehrte aushelfen konnten, aber genau dort lag seine Stärke.
    Also konnte er sich darauf einstellen, noch zwei oder drei Jahre lang Wagen zu beobachten und herauszufinden, wer sich um das Entrichten der Straßenzölle zu drücken versuchte oder feine Tücher und Gewürze in die Stadt schmuggeln wollte.
    Er drehte sich um, marschierte wieder auf der Plattform hin und her und wünschte sich, die Sonne möge endlich untergehen. Er blickte kurz zur leeren, kalten Hauptstraße, die wärmer, viel wärmer ausgesehen hätte, wenn Leyladin irgendwo in der Nähe gewesen wäre.
    Aber manchmal half es ihm nicht einmal, an Leyladin zu denken. Sie war eine Heilerin und er ein Weißer Magier, und Schwarz und Weiß passten nicht unbedingt zusammen. Manche Weißen konnten nicht einmal Schwarze Magier berühren, ohne körperliche Schmerzen zu empfinden. Er hatte bisher nur ihre Hände gehalten, mehr nicht. Würde es dabei bleiben müssen?
    Er schritt unruhig, fast zornig auf dem Dach hin und her.

 
II
     
    … Zu der Zeit, als die Winde sich verlagerten und der Regen nicht mehr so stark auf Candar nieder fiel, als das gute Weideland von Kyphros sich in eine karge Wüste verwandelte und die Steinhügel eher jenen Öfen ähnelten, in denen Metall geschmolzen wird, begann man überall auf der Welt zu verstehen, welch große Gefahr von der Schwarzen Insel drohte.
    Selbst der Kaiser von Hamor schickte seine Flotte bis in den Golf von Candar und suchte die Talismane der dunklen Ordnung, die von
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