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Die Farben der Sehnsucht

Die Farben der Sehnsucht

Titel: Die Farben der Sehnsucht
Autoren: DEBBIE MACOMBER
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Wachen konnten Margaret nicht abhalten.
    Einen Parkplatz zu finden und in die Einrichtung zu gelangen war nichts für willensschwache Menschen. All die Vorschriften und Regeln, die zu beachten waren, nur um mit einem Beamten reden zu können, erstaunten mich.
    Als wir schließlich mit einem Justizvollzugsbeamten sprechen konnten, kam Margaret direkt zum Punkt. „Kann ich Danny Chesterfield sehen?“, fragte sie.
    Er blickte sie an, als hätte sie soeben um eine Privataudienz beim Papst gebeten. „Nein.“ Weitere Erklärungen lieferte er nicht. „Die Besuchszeiten sind vorbei“, erklärte er mehr als sarkastisch. „Falls Sie es noch nicht bemerkt ha ben sollten: Dies hier ist eine Justizvollzugsanstalt. Auch bekannt als Gefängnis. Mr. Chesterfield ist eines schweren Verbrechens angeklagt.“
    „Das freut mich zu hören.“ Margaret empfand offensichtlich kein Fünkchen Mitleid für Danny Chesterfield. „Könnten Sie ihm etwas von mir geben?“
    „Lady, hören Sie. Ich bin mir sicher, dass Sie es gut meinen …“
    „Eigentlich meine ich es nich t gut. Ich bin sehr froh, dass er hinter Gittern ist. Aber ich weiß auch, dass diese Gefühle für ihn mich nicht länger zerfressen dürfen.“ Sie holte ein Paket aus ihrer großen Handtasche und schob es dem Justizvollzugsbeamten entgegen.
    „Was ist das?“, fragte er skeptisch.
    „Es ist ein Gebetsschal“, erklärte Margaret. „Ich habe ihn selbst gestrickt. Geben Sie ihm den Schal und sagen Sie ihm … sagen Sie ihm …“, fuhr Margaret mit erstickter Stimme fort, „… sagen Sie Mr. Chesterfield, dass ich wirklich versuche, ihm zu vergeben, was er meiner Tochter angetan hat. Ich bete für ihn und ich bete für mich – denn das alles ist nicht einfach, wissen Sie?“
    Also das war es. Darum hatte Margaret Danny Chesterfield sehen wollen. Um ihm den Gebetsschal zu überreichen. Ich musste meine Tränen zurückdrängen. Wie sehr sich meine Schwester verändert hatte, berührte mich. Obwohl es nicht leicht gewesen war, hatte sie sich Julias Worte zu Herzen genommen.
    Ich legte meinen Arm um ihre Schultern.
    Der Justizvollzugsbeamte wirkte mit einem Mal verändert. „Sie wissen es noch gar nicht, oder?“
    Margaret fuhr sich mit dem Handrücken über die Augen, als wäre es ein Verbrechen, Gefühle zu zeigen. Stumm schüttelte sie den Kopf.
    „Danny Chesterfield hatte einen Autounfall“, sagte er.
    „Das stand in der Zeitung“, antwortete ich für Margaret.
    „Was nicht in der Zeitung stand, ist, dass er von der Taille ab gelähmt ist.“
    Margaret erstarrte und blickte den Beamten an.
    „Er hat eine Querschnittslähmung erlitten. Dadurch wird er für den Rest seines Lebens auf einen Rollstuhl angewiesen sein.“
    Kurz darauf verließen wir das King County Gefängnis . Margaret wirkte in Gedanken versunken, während wir über den Parkplatz zu ihrem Auto gingen.
    „Das habe ich ihm nicht gewünscht“, sagte sie leise.
    „Natürlich nicht“, entgegnete ich.
    Bis vor Kurzem hätte ich ihr das nicht geglaubt. Doch jetzt wusste ich, dass es stimmte.

39. KAPITEL
    Alix Townsend Turne r
    Grandma Turners Beerdigung war ein würdiges Fest, dachte Alix. Sie hatte nicht gewusst, was sie erwartete. Wie so vieles in ihrem Leben hatte sie noch nie eine Beerdigung miterlebt. Sogar als ihr Bruder an einer Überdosis starb, war sie die Einzige gewesen, die um ihn getrauert hatte. Es war auch niemand da, um das Begräbnis zu bezahlen, und so hatte der Staat die Kosten übernommen. Ihr einziger Bruder war eingeäschert und in einem anonymen Grab beigesetzt worden. Alix kannte nur den Namen des Friedhofs, auf dem Toms Asche lag.
    Sie hatte angenommen, dass bei Sarah Turners Beerdigung viel Trauer herrschte und viele Tränen vergossen wurden. Obwohl Letzteres stimmte und beinahe jeder weinte, war die Stimmung doch voller Freude – die Zeremonie glich eher der Feier eines erfüllten Lebens und einer von allen geliebten und verehrten Frau.
    Lange bevor sie starb, hatte Grandma Turner sich um die Formalitäten ihrer Beisetzung gekümmert, so dass ihre Kinder sich nicht darum sorgen mussten. Sie hatte angeordnet, welche Lieder gesungen werden sollten und welche Lesung in der Messe gehalten wurde. Nur in welchen Kleidern sie beerdigt werden würde, hatte sie nicht entschieden – diese Aufgabe übernahmen ihre beiden Schwiegertöchter.
    Alix und Jordan waren rechtzeitig zur Totenfeier am Abend vor der Beerdigung aus Kanada zurückgekehrt. Diese Feier war etwas ganz Neues
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