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Die Farben der Sehnsucht

Die Farben der Sehnsucht

Titel: Die Farben der Sehnsucht
Autoren: DEBBIE MACOMBER
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wandeln würde. Julia hatte eine unglaublich ergreifende Bitte an ihre Mutter gerichtet. Es erschien mir unvorstellbar, dass Margaret die Gefühle meiner Nichte ignorieren könnte.
    Julia hatte mich mit ihrer Einsicht beeindruckt. Aus ihren Worten sprach eine Weisheit, die andere in ihrem Alter noch lange nicht hatten. Denn sie wusste, dass sie nicht eher gesund werden würde, bis ihre Mutter ihren Hass überwunden hätte. Sie konnte ihr Leben nicht weiterleben, wenn Margaret es nicht auch tat.
    Unglücklicherweise konnte ich die Veränderung, die ich mir so sehr gewünscht hatte, an Margaret nicht beobachten. Das überraschte mich nicht wirklich, da meine Schwes ter sehr introvertiert ist. Ich weiß nur sehr selten, was sie denkt – außer sie hat schlechte Laune und ärgert sich über irgendetwas. Dann gibt es keinen Zweifel. Der Tag, an dem ich mein Geschäft eröffnete, ist ein gutes Beispiel. Margaret marschierte in den Laden und erklärte mir, dass das A Good Yar n dem Untergang geweiht wäre. Nach diesen aufmunternden Worten ging sie wieder. Ich werde ihre düstere Vorhersage (die natürlich nicht wahr geworden ist) niemals vergessen.
    Doch genauso lebhaft erinnere ich mich an den Tag, als ich bemerkte, wie sehr meine Schwester mich liebt. Ein paar Monate nachdem ich das Geschäft eröffnet hatte, bekam ich nach einer Routineuntersuchung bei meinem Arzt Angst, wieder an Krebs erkrankt zu sein. Angs t ist vielleicht nicht der richtige Ausdruck, um zu beschreiben, was ich empfand. Panik trifft es eher.
    Ich musste ins Krankenhaus. Margaret, die Krankenhäuser eigentlich hasst, kam mich besuchen und zog Brad hinter sich her in mein Zimmer. In meiner Hoffnungslosigkeit und Verzweiflung hatte ich die Beziehung mit Brad beendet. Doch Margaret wollte nicht glauben, nicht akzeptieren, dass ich ihn nicht wiedersehen wollte. Und so nahm sie die Angelegenheit selbst in die Hand. Das war ein eindeutiger Liebesbeweis, den ich nicht ignorieren konnte.
    Wenn ich den Wendepunkt in unserer Beziehung benennen sollte, so wäre es diese Begebenheit. Margaret weinte mit mir, als mir schließlich mitgeteilt wurde, dass ich krebsfrei war. In mancher Hinsicht war sie vielleicht sogar noch erleichterter als ich. Denn ich hatte meine Entscheidung bereits getroffen: Wenn der Krebs zum dritten Mal zurückgekehrt wäre, hätte ich eine Behandlung abgelehnt.
    Das alles wirkt rückblickend betrachtet ziemlich melodramatisch. Zum Glück wurde mir die Entscheidung abgenommen – denn die Wahrheit ist, dass ich nicht weiß, ob ich das auch durchgezogen hätte. Die Behandlung abzulehnen bedeutet in den meisten Fällen den sicheren Tod. Egal, was auch immer ich gesagt habe, es gab einen Teil von mir, der – selbst im Angesicht der schlimmsten Chemo – leben wollte. Und inzwischen gibt es keinen Zweifel mehr daran, wie meine Entscheidung aussähe, wenn der Krebs zurückkehren würde.
    Es war Dienstag, und ich war schon früh im Geschäft, um Rechnungen zu bezahlen und mich um den Papierkram zu kümmern.
    Vieles war in der letzten Zeit geschehen.
    Zuerst einmal hatten Alix und Jordan Hochzeit gefeiert …
    Alix sah einfach bezaubernd aus, glücklich. Doch kurz vor der Trauung hatte Pastor Turner, Jordans Vater, verkünden müssen, dass seine Mutter an jenem Morgen gestorben war. Er erklärte uns, dass sie ihre Familie um sich gehabt hatte und bereit gewesen war zu sterben. Sein Gebet war bewegend, und was eigentlich eine Tragödie hätte sein sollen, wurde zu einer Feier des Lebens.
    Colette war nach der Hochzeit seltsamerweise verschollen – in den Nachrichten sah ich, dass Christian Dempsey zurück war und nahm an, dass die beiden zusammen waren. Ich sah sie am Montag ganz kurz auf der improvisierten Pressekonferenz am Flughafen. Sie hielt sich im Hintergrund und ließ Christian keine Sekunde aus den Augen. Ich fragte mich, ob sich da schon die nächste Hochzeit anbahnte.
    Mom war in die Einrichtung für Demenzkranke gezogen und hatte sich gut eingelebt. Jeden Tag staunte ich über die Veränderung, die mit ihr vor sich ging, seit sie die dringend benötigte individuelle Pflege bekam. Schon nach knapp zwei Wochen ging es ihr spürbar besser. Sie nahm an den Aktivitäten der Einrichtung teil und aß zusammen mit den anderen Bewohnern.
    Um zehn Uhr ging die Eingangstür auf, und Margaret kam in den Laden. Sie warf die Morgenzeitung auf die Ecke meines Schreibtisches, wo ich mit einer Tasse Tee und einem Stapel Rechnungen saß.
    „Hast du das
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