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Die Familie ohne Namen

Die Familie ohne Namen

Titel: Die Familie ohne Namen
Autoren: Jules Verne
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Leben zu Ende gehen, das den Becher des Unglücks bis zur Neige gekostet und die Last alles Elends getragen hatte, welches das Schicksal einem menschlichen Wesen nur aufzubürden vermochte.
    Wenn seine Mutter nicht mehr wäre, wenn er ihre alten treuen Augen zugedrückt, er die Erde sich über deren Leiche hatte schließen sehen, dann war Johann entschlossen, dieses Land zu fliehen, das ihn ja von sich stieß.
     

    Gegen elf Uhr Vormittags begann das Vorspiel des Angriffs. (S. 382.)
     
    Er dachte zu verschwinden, glaubte, daß man seiner nicht mehr erwähnen werde – nicht einmal, nachdem der Tod endlich gekommen sein würde, auch ihn zu erlösen.
     

    Es wäre unmöglich gewesen, sich zu schützen. (S. 382.)
     
    Die letzten Worte seiner Mutter ließen ihn aber wieder auf die Absicht verzichten, die Aufgabe zu verlassen, der er sich ergeben, um das Verbrechen seines Vaters zu sühnen.
    Mit einer Stimme, aus welcher schon ihre letzten Seufzer hervorklangen, sagte Bridget:
    »Mein Sohn, Dein Bruder ist todt und ich… ich werde sterben, nachdem ich genug gelitten! Ich beklage mich nicht! Gott ist gerecht! Das ist die Sühne, welche er auferlegt; um diese aber voll zu machen, Johann, mußt Du alle Beschimpfungen vergessen und erst Dein Werk wieder aufnehmen. Du hast nicht das Recht, dasselbe zu verlassen… Deine Pflicht, mein Johann, ist es, Dich Deinem Vaterlande zu weihen, bis auch Du einen ehrenvollen Untergang findest«…
    Mit diesen Worten hatte sich Bridgets Seele der irdischen Hülle entrungen.
    Johann schloß die Todte in seine Arme und drückte sanft die Augen zu, welche so viel geweint hatten.
Zwölftes Capitel.
Die letzten Tage.
    Die Lage der Patrioten auf der Insel Navy war allmählich eine sehr kritische geworden und konnte so offenbar nicht lange andauern. Die Entscheidung war nur noch eine Frage von Tagen – vielleicht nur von Stunden.
    Wenn der Oberst Mac Nab auch noch immer zögerte, den Uebergang über den Niagara zu unternehmen, so machte er doch das Lager der Aufständischen mehr und mehr unhaltbar. Am Ufer bei Chippewa hatten die Königlichen eine Batterie aufgefahren, und die Blaumützen sahen sich außer Stande, dieser zu antworten, da sie nur über eine einzige Kanone verfügten. Einige Hundert Gewehre – die einzige Waffe, von der sie in der Entfernung Gebrauch machen konnten, um einen Landungsversuch abzuschlagen – blieben natürlich wirkungslos gegen die Artillerie der königlichen Truppen.
    Die Amerikaner interessirten sich zwar ohne Zweifel für den Erfolg des franco-canadischen Aufstandes, desto beklagenswerther war es aber, daß die Regierung der Vereinigten Staaten aus politischer Rücksichtnahme von Beginn des Kampfes an die strengste Neutralität beachten zu müssen glaubte. Diese allein hätte die Geschütze liefern können, an denen es den Reformern fehlte; damit wären jedoch die Einsprüche Englands hervorgerufen worden, und das gerade zu einer Zeit, wo der geringste Zwischenfall einen Bruch herbeizuführen drohte, wie das wenige Monate später wirklich eintraf. Die Vertheidigungsmittel der Insel Navy waren also sehr beschränkte. Sogar an Munition und Proviant konnte leicht Mangel eintreten, obwohl sie in dieser Beziehung von Schlosser, Buffalo und Niagara-Falls aus versorgt wurde, soweit es die Hilfsquellen des Landes zuließen. Deshalb fuhren denn große und kleine Boote ununterbrochen auf dem rechten Stromarme hin und her, und der Oberst Mac Nab hatte in Folge dessen oberhalb und unterhalb Chippewas einige Geschütze aufstellen lassen, um diese stromauf-und stromabwärts der Insel von der Seite her zu bestreichen.
    Wie erwähnt, unterhielt eines dieser Boote, der kleine Dampfer »Caroline«, eine schnelle Verbindung zwischen dem Lager und dem Ufer von Schlosser. Dieser war immer stark besetzt mit Neugierigen, welche sich drängten, den Vertheidigern der Insel Navy einen Besuch abzustatten.
    Unter solchen Umständen bedurfte es für die Anführer dieser Handvoll Männer einer ganz außergewöhnlichen Energie, um den Kampf nicht aufzugeben. Leider verringerte sich überdies die Zahl der Combattanten von Tag zu Tag, und Viele, die den Muth verloren hatten, ließen sich nach Schlosser übersetzen, um nicht wieder zurückzukehren.
    Seit jenem traurigen Auftritte, der mit dem Fortgange Johanns geendet und dem er selbst beigewohnt, hatte Herr de Vaudreuil das Haus noch nicht wieder verlassen. Er vermochte sich kaum aufrecht zu erhalten und seine Tochter verließ ihn keinen
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