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Die Fährte

Die Fährte

Titel: Die Fährte
Autoren: Jo Nesbø
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Er zweifelte keine Sekunde. Außerdem saß er in der Business-Lounge und verfolgte den Tele-Text über den Bankraub, als ich ihm die Details berichtete. Er legte auf, als sie seinen Flug ausriefen. Seinen und Stines. He, du!« Er drückte den Gewehrlauf auf Beates Stirn.
    »Acht.«
    »Er glaubte wohl, in die Sicherheit zu fliehen«, sagte Harry. »Er wusste ja nichts von dem Auftrag in São Paulo.«
    »Lev war ein Dieb, aber ein gutgläubiger Kerl. Er hätte mir niemals seine geheime Adresse in D'Ajuda geben dürfen.«
    »Neun.«
    Harry versuchte, nicht auf Beates monotone Roboterstimme zu hören. »Und dann hast du dem Killer die Anweisungen gegeben, gemeinsam mit dem Abschiedsbrief, den du genauso geschrieben hast wie früher die Aufsätze für Lev.«
    »Sieh an, sieh an«, sagte Trond. »Gut gearbeitet, Harry. Abgesehen davon, dass ich den Abschiedsbrief bereits vor dem Überfall abgeschickt hatte.«
    »Zehn.«
    »Nun«, sagte Harry. »Auch der Killer hat einen guten Job gemacht. Es sah wirklich beinahe so aus, als habe sich Lev selbst erhängt. Obgleich das mit dem fehlenden Finger natürlich ein bisschen verwirrte. War das die Quittung?«
    »Sagen wir es so. Ein kleiner Finger passt gut in einen normalen Briefumschlag.«
    »Ich dachte, du könntest kein Blut sehen, Trond.«
    »Elf.«
    Harry hörte entferntes Donnern durch den pfeifenden und immer stärker werdenden Wind. Die Felder und Wege um sie herum waren menschenleer, als hätten alle vor dem drohenden Unwetter Schutz gesucht.
    »Zwölf.«
    »Warum ergibst du dich nicht einfach?«, rief Harry. »Du musst doch selbst einsehen, dass es aussichtslos ist.«
    Trond lachte. »Natürlich ist es aussichtslos. Aber darum geht es doch gerade. Keine Hoffnung – nichts zu verlieren.«
    »Dreizehn.«
    »Also, wie sieht dein Plan aus?«
    »Mein Plan? Ich habe zwei Millionen Kronen aus einem Bankraub und Pläne für ein langes – warum nicht glückliches – Exil. Die Abreisepläne muss ich ein bisschen beschleunigen, aber ich war darauf vorbereitet. Das Auto ist seit dem Überfall gepackt und abfahrbereit. Ihr könnt wählen, ob ich euch mit den Handschellen an das Gitter ketten oder erschießen soll.«
    »Vierzehn.«
    »Du weißt, dass das nicht klappt«, sagte Harry.
    »Glaub mir, ich weiß verdammt gut, wie man verschwindet. Lev hat doch kaum etwas anderes gemacht. Zwanzig Minuten Vorsprung ist alles, was ich brauche. Dann habe ich das Transportmittel und meine Identität bereits zweimal gewechselt. Ich habe vier Autos und vier Pässe entlang meiner Fluchtroute und gute Kontakte. Zum Beispiel in São Paulo. Zwanzig Millionen Einwohner. Da kannst du ja dann mit der Suche anfangen.«
    »Fünfzehn.«
    »Deine Kollegin hier wird bald sterben, Harry. Also, was sollen wir machen?«
    »Du hast zu viel erzählt«, sagte Harry. »Du wirst uns so oder so töten.«
    »Das musst du selbst herausfinden. Was hast du für Alternativen?«
    »Dass du für mich stirbst«, sagte Harry und lud seine Pistole.
    »Sechzehn«, hauchte Beate.
     
    Harry war fertig.
    »Nette Theorie, Hole«, sagte Ivarsson. »Besonders die mit dem Killer in Brasilien. Wirklich …« Er entblößte seine kleinen Zähne zu einem winzigen Lächeln: »Exotisch. Mehr haben Sie nicht? Beweise zum Beispiel?«
    »Die Handschrift auf dem Abschiedsbrief«, sagte Harry.
    »Sie haben doch gerade gesagt, dass sie nicht mit der Handschrift von Trond Grette übereinstimmt.«
    »Nicht so, wie er normal schreibt, nein. Aber in den Aufsätzen …«
    »Haben Sie einen Zeugen dafür, dass Trond diese Aufsätze geschrieben hat?«
    »Nein«, sagte Harry.
    Ivarsson stöhnte: »Sie haben also keinen einzigen wirklichen Beweis in diesem Fall.«
    »Mordfall«, sagte Harry leise und sah Ivarsson an. Am Rande seines Blickfeldes sah er Møller beschämt zu Boden blicken und Beate vor Verzweiflung die Hände kneten. Der Polizeipräsident räusperte sich.
     
    Harry entsicherte die Waffe.
    »Was tust du da?« Trond kniff die Augen zusammen und stieß den Gewehrlauf an Beates Stirn, so dass ihr Kopf nach hinten schlug.
    »Einundzwanzig«, stöhnte sie.
    »Ist es nicht befreiend«, fragte Harry, »wenn man endlich erkennt, dass man nichts mehr zu verlieren hat? Das macht alle Entscheidungen um so vieles leichter.«
    »Du bluffst.«
    »Tu ich das?« Harry drückte den Lauf seiner Pistole gegen seinen linken Unterarm und drückte ab. Der Knall war laut und scharf. Es vergingen einige Zehntelsekunden, ehe das Echo an den Hochhäusern
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