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Die Fäden des Schicksals

Die Fäden des Schicksals

Titel: Die Fäden des Schicksals
Autoren: Marie Bostwick
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für verlassene Frauen. Eine Art Speicher, wo man Frauen ablädt, die ihr Verfallsdatum überschritten haben und durch neuere Modelle ersetzt wurden. Wie praktisch.« Es war sinnlos, meine Wut an diesem Mann auszulassen, doch ich konnte mich einfach nicht beherrschen. Es schien ihm jedoch nichts auszumachen. Er ignorierte meine sarkastischen Bemerkungen und fuhr fort: »Meine Schwägerin arbeitet in einem Maklerbüro. Kennen Sie die Anlage Rolling Hills am River’s Edge? Wenn Sie wollen, rufe ich Beverly an und …«
    Ich schüttelte den Kopf. »Meinen Sie die Häuser drüben am Alamo Drive? Wo es – anders, als der Name vermuten lässt – weder Hügel noch einen Fluss gibt? Nein danke.«
    Mr Lindsay lachte leise. »Na ja, was den Namen angeht, haben sie sich vielleicht ein bisschen dichterische Freiheit erlaubt, das muss ich zugeben. Zwischen hier und Austin liegen wirklich keine nennenswerten Hügel, aber einen Fluss wird es bald geben. Beverly sagte mir, dass sie nächste Woche mit den Ausschachtungsarbeiten anfangen.«
    »Ein künstlicher Fluss?« Ich lachte. »Danke, Mr Lindsay, aber von solchen Sachen habe ich die Nase voll – Plastikblumen, Schränke aus Spanplatten, Siedlungen vom Reißbrett, Freunde, die sich nicht mehr blicken lassen, gebrochene Versprechen, ein verlorenes Zuhause. Ich will etwas Echtes. Imitationen habe ich satt und diese Unterhaltung übrigens ebenfalls.« Die Stuhlbeine scharrten über den Fußboden, als ich aufstand. Mr Lindsay wirkte überrascht und ein wenig verwirrt.
    »Mrs Dixon, ich weiß, dass Sie verärgert sind, aber wir müssen jetzt wirklich zu einer Entscheidung kommen …«
    »Nein.« Erneut schüttelte ich den Kopf. »Wir müssen gar nichts. Und ich werde auch nichts tun. Jedenfalls nicht heute. Es tut mir leid, dass Sie sich umsonst herbemüht haben, Mr Lindsay, aber das hier ist immer noch mein Zuhause.«
    Ich spürte, wie mir die Tränen in die Augen schossen, doch meine Stimme hatte ich noch einigermaßen in der Gewalt. »Sie sollten jetzt besser gehen.«
    Als ich vorausging und ihm die Haustür öffnete, dachte ich, dass für mich das Gleiche galt.
    Bald darauf fand ich mich am Steuer meines Wagens auf dem Weg nach Nordosten wieder. Im Kofferraum lag mein Gepäck. Ich hatte keinen Schimmer, wohin ich überhaupt wollte, doch als ich mich der Stadtgrenze näherte, fiel mir ein, dass ich lieber jemandem Bescheid sagen sollte. Ich rief also das Büro meines Sohnes in Seattle an.
    »Claremont Solutions. Garrett am Apparat.«
    »Hallo, Schatz, ich bin’s, Mom.«
    »Hallo, Mom. Ist mit dir alles in Ordnung?« Garrett ist mein einziges Kind. Er ist ein guter Sohn und hat sich nach der Scheidung noch mehr um mich gekümmert als zuvor schon.
    »Ja, mir geht’s gut, Schatz. Ich wollte dir nur Bescheid sagen, dass ich verreise.«
    »Das ist ja großartig«, erwiderte er vorsichtig. »Ich rede dir ja schon seit Monaten zu, mal Urlaub zu machen, damit du nicht dauernd zu Hause herumsitzt und Trübsal bläst. Aber das kommt jetzt doch ein wenig überraschend. Wo soll’s denn hingehen?«
    Plötzlich wusste ich es. »Nach Neuengland, das bunte Herbstlaub ansehen. Ich wollte schon immer mal dorthin, aber dein Dad hatte keine Lust. Seine Vorstellung von Urlaub beschränkte sich darauf, am Strand in der Sonne zu braten, auch wenn ich die ganze Zeit unter einem Sonnenschirm hocken musste.«
    Ich habe eine sehr helle Haut. Zwanzig Minuten in der prallen Sonne genügen, und ich bekomme einen scheußlichen Sonnenbrand. Selbst nachdem mir vor einigen Jahren ein bösartiges Muttermal an der Schulter entfernt werden musste, buchte Rob weiterhin Strandurlaub. Ich wusste, dass ich meinen Sohn nicht mit meiner Verbitterung über seinen Vater belasten sollte, doch manchmal konnte ich meine Wut einfach nicht hinunterschlucken.
    Als Garrett nach seinem Collegeabschluss eine Stelle als Programmierer in Seattle annahm, war ich sehr enttäuscht. Ich hatte gehofft, er würde näher bei uns leben, sodass er im Urlaub und an den Wochenenden ab und zu vorbeikommen könnte. Doch nun war ich beinahe froh darüber, dass er so weit weg wohnte. Auf diese Weise bekam er es wenigstens nicht mit, wenn Rob und ich einander mit Vorwürfen bombardierten und unsere Kämpfe mithilfe von Anwälten austrugen. Wie schlimm es auch sein mochte, ich wollte doch nie, dass Garrett mit hineingezogen wurde.
    »Das klingt wirklich toll, Mom«, antwortete Garrett, ohne auf meine spitze Bemerkung einzugehen. »Weißt du schon,
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