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Die Fäden des Schicksals

Die Fäden des Schicksals

Titel: Die Fäden des Schicksals
Autoren: Marie Bostwick
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wann du zurückkommst? Wo wirst du wohnen?«
    Ich lächelte vor mich in. »Ehrlich gesagt habe ich keine Ahnung. Ich werde wohl bleiben, wo es mir gefällt, und zurückkommen, wenn ich Lust dazu habe.«
    Ich hörte, wie Garrett mit dem Finger gegen den Telefonhörer tippte. »Hallo, Vermittlung? Entschuldigen Sie, aber da stimmt etwas nicht mit der Leitung. Mir war so, als hätte ich meine Mutter sagen hören, dass sie keine Pläne gemacht hat. Und das ausgerechnet von Evelyn Dixon, Vorsitzende der jährlichen Versteigerung zugunsten des Jugendclubs, aktives Mitglied des Presbyteriums, des Beirats der Kinderbücherei, der Nachbarschaftshilfe und anerkannt beste Organisatorin von ganz Texas. Das muss ich einfach falsch verstanden haben.« Als er lachte, musste ich ebenfalls lächeln. Wie miserabel es mir auch ging, Garretts Lachen hatte es noch jedes Mal geschafft, mich aufzuheitern.
    »Ich weiß, das sieht mir nicht ähnlich, aber wie du wahrscheinlich bemerkt hast, bin ich mit meinem normalen Verhalten in letzter Zeit nicht gut weggekommen. Da dachte ich mir, ich probiere mal was Neues aus und werde spontan und unberechenbar.«
    »Ich verstehe«, sagte Garrett mit gespieltem Ernst. »Und wie läuft das bisher so?«
    »Na ja, da ich noch nicht einmal aus Texas raus bin, ist die Frage noch ein wenig verfrüht. Im Moment fühle ich mich besser als seit Langem, aber das wird wohl kaum so bleiben. Genau jetzt erfährt dein Vater wahrscheinlich von so einem Speditions-Cowboy, dass ich ihn an die Luft gesetzt und mich geweigert habe, einen Termin für meinen Umzug zu machen. Und dann dauert es bestimmt nicht mehr lange, bis Rob mich auf dem Handy anruft und mich fragt, ob ich den Verstand verloren habe.« Ich kicherte. »Ich weiß nicht, vielleicht habe ich das ja wirklich. Meinst du, ich sollte es ihm verraten?«
    »Nicht nötig. Ich wette, er weiß es schon. Er weiß ja immer alles im Voraus«, erwiderte Garrett scherzhaft, doch dann wurde er ernst.
    »Hör mal, Mom, ich muss jetzt wieder an die Arbeit, aber ich finde es ganz großartig, dass du mal für ein paar Tage wegfährst. Bis zum Umzug bleibt dir noch jede Menge Zeit, und wenn alle Stricke reißen, setze ich mich ins Flugzeug und komme runter, um dir beim Packen zu helfen.«
    »Danke, mein Liebling, aber das wird nicht nötig sein. Ich bin bestimmt rechtzeitig zurück, aber trotzdem vielen Dank für das Angebot.«
    Ich drückte die »Beenden«-Taste. Im Rückspiegel sah ich, wie die Skyline der klimatisierten Hochhaustürme, die aus der flachen Landschaft ragten, sich langsam in der Ferne verlor.
    Dann drehte ich das Radio lauter, um die scheppernde elektronische Version von Your Man zu übertönen, die immer dann erklang, wenn Rob mich auf dem Handy anrief, und setzte meinen Weg nach Nordosten fort.
    Der junge Polizist starrte mich an und wartete auf meine Antwort.
    »Was mich nach Connecticut führt? Ach, nur so eine Idee. Ich wollte schon immer mal den Indian Summer sehen.«
    Er nickte langsam. Vermutlich überlegte er, ob er mich ins Röhrchen pusten lassen sollte, entschied sich dann jedoch dagegen. Vielleicht erinnerte ich ihn an seine Mutter.
    »Tut mir leid, dass Ihre Reise gleich mit einem Strafzettel beginnt, aber so schnell, wie Sie gefahren sind, bleibt mir nichts anderes übrig«, sagte er, während er etwas auf seinen Block kritzelte. Dann riss er das Blatt ab und reichte es mir.
    »Willkommen in Neuengland, Ms Dixon.«

2
    Evelyn Dixon
    Als ich an jenem Tag im Ortskern stand und mich langsam um die eigene Achse drehte, dachte ich, dass New Bern in Connecticut genau so aussah, wie ein Städtchen in Neuengland aussehen sollte. Dieser Meinung bin ich noch immer.
    Das höchste Gebäude im Ort ist die Kirche der Kongregationalisten, die sich an der schmalen Westseite der Grünanlage befindet. Mit ihrer imposanten Fassade wirkt die Kirche wie ein Bindeglied zwischen Himmel und Erde, das an die Allgegenwart Gottes gemahnt. Ihre Türen und Fenster, in regelmäßigen Abständen unter dem weißen hölzernen Glockenturm in der Mitte angeordnet, sind ein Muster an Symmetrie. Neben der Kirche – und mit den gleichen einfachen weißen Holzschindeln verkleidet – erstreckt sich eine Reihe alter Wohnhäuser, die vermutlich aus dem Ende des achtzehnten Jahrhunderts stammen und auf ziemlich kleinen Grundstücken stehen. Sie ähneln einander sehr, denn sie haben allesamt rechteckige Grundrisse, sind zwei Stockwerke hoch und mit einer breiten Veranda und einem
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