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Die Fackeln der Freiheit: Ein Lord-John-Roman (German Edition)

Die Fackeln der Freiheit: Ein Lord-John-Roman (German Edition)

Titel: Die Fackeln der Freiheit: Ein Lord-John-Roman (German Edition)
Autoren: Diana Gabaldon
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doch das Gefühl begann sich jetzt auf eine Stelle zu konzentrieren.
    Er konnte die Hände nicht ruhig halten und fluchte leise, denn seine aufgeschürfte Haut erinnerte ihn erneut an seinen überstürzten Aufbruch aus dem Haus seines Vaters. Nein, verdammt, nicht dem Haus seines Vaters. Lord Johns Haus.
    »Du verdammter Bastard !«, murmelte er. »Du hast es gewusst. Du hast es die ganze Zeit gewusst!« Das versetzte ihn beinahe noch mehr in Wut als die erschütternde Enthüllung, wer sein Vater war – dass sein Stiefvater, den er geliebt hatte, dem er mehr als jedem anderen Menschen vertraut hatte –, dass ihn der verdammte Lord John Grey sein Leben lang angelogen hatte!
    Alle hatten ihn angelogen.
    Alle.
    Er fühlte sich plötzlich, als sei er in eine Kruste aus gefrorenem Schnee eingebrochen und darunter geradewegs in einen unvermuteten Fluss gestürzt. Als sei er unter dem Eis in die schwarze Atemlosigkeit gerissen worden, hilflos und stumm, während die ungezügelte Kälte sein Herz umklammerte.
    Hinter ihm ertönte ein leises Geräusch, und er fuhr instinktiv herum, doch erst beim Anblick der erschütterten Hure begriff er, dass er hemmungslos weinte. Die Tränen liefen ihm über das Gesicht, und sein feuchter, halb versteifter Schwanz hing ihm aus der Hose.
    »Verschwindet«, krächzte er, während er hektisch versuchte, seine Kleider wieder zu ordnen.
    Statt zu verschwinden, kam sie auf ihn zu, eine Karaffe in der einen und zwei Zinnbecher in der anderen Hand.
    »Fehlt Euch etwas?«, fragte sie und sah ihn von der Seite her an. »Kommt, ich schenke Euch etwas ein. Ihr könnt es mir erzählen.«
    »Nein!«
    Sie kam auf ihn zu, jedoch langsamer. Durch seine tränennassen Augen sah er ihren Mund zucken, als sie seinen Schwanz sah.
    »Das Wasser war für Eure armen Hände gedacht«, sagte sie und gab sich sichtlich Mühe, nicht zu lachen. »Ich muss aber zugeben, dass Ihr ein echter Gentleman seid.«
    »Das bin ich nicht!«
    Sie blinzelte.
    »Ist es etwa eine Beleidigung, Euch so zu nennen?«
    Überwältigt vor Wut hieb er blind um sich und schlug ihr die Karaffe aus der Hand. Sie zerbarst in tausend Scherben, und es regnete billigen Wein. Sie schrie auf, als das Rot ihren Unterrock durchtränkte.
    »Ihr Bastard !«, kreischte sie, dann holte sie aus und warf ihm die Becher an den Kopf. Sie traf jedoch nicht, stattdessen fielen sie scheppernd zu Boden und rollten davon. Sie war im Begriff, sich der Tür zuzuwenden, und rief »Ned! Ned!«, als er auf sie zustürmte und sie abfing.
    Er wollte doch nur, dass sie auhörte zu kreischen, wollte doch nur verhindern, dass sie die männliche Aufsicht des Hauses herbeirief. Er legte ihr die Hand auf den Mund, riss sie von der Tür zurück und versuchte mit der anderen Hand, ihre rudernden Arme unter Kontrolle zu bringen.
    »Tut mir leid, tut mir leid«, sagte er immer wieder. »Ich wollte nicht – ich will nicht – oh, verdammt !« Sie hatte ihn abrupt mit dem Ellbogen an der Nase erwischt, und er ließ sie los und hob die Hand an das Gesicht. Das Blut tropfte ihm zwischen den Fingern hindurch.
    Ihr Gesicht hatte dort, wo er sie festgehalten hatte, einen roten Abdruck, und ihr Blick war wild. Sie wich zurück und rieb sich mit dem Handrücken über den Mund.
    »Fort … mit Euch!«, keuchte sie.
    Das ließ er sich nicht zweimal sagen. Er rauschte an ihr vorüber, schob sich an einem kräftigen Kerl vorbei, der die Treppe hinaufgerannt kam, und lief auf die Gasse hinaus. Erst als er die Straße erreichte, begriff er, dass er in Hemdsärmeln war, weil er Rock und Weste zurückgelassen hatte, und dass sein Hosenlatz offen stand.
    »Ellesmere!«, sagte eine entsetzte Stimme. Er blickte entgeistert auf und stellte fest, dass er im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit einer Gruppe von englischen Offizieren stand, darunter auch Alexander Lindsay, der Graf von Balcarres.
    »Guter Gott, Ellesmere, was ist denn passiert?« Sandy war sein Freund, und er war bereits dabei, sich ein großes schneeweißes Taschentuch aus dem Ärmel zu ziehen. Das drückte er William vor die Nase, kniff ihm die Nasenlöcher zu und bestand darauf, dass er den Kopf in den Nacken legte.
    »Hat man Euch etwa aufgelauert und Euch ausgeraubt?«, wollte einer der anderen wissen. »Gott! Diese grässliche Stadt!«
    Ihre Gegenwart tröstete ihn – und brachte ihn gleichzeitig furchtbar in Verlegenheit. Er war schließlich keiner der Ihren mehr.
    »War es so? Ein Überfall?«, sagte der Nächste und sah sich
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