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Die facebook-Falle

Die facebook-Falle

Titel: Die facebook-Falle
Autoren: Sascha Adamek
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wächst von Tag zu Tag.
    Doch auch im digitalen Kapitalismus gibt es zum Glück
Unternehmen, die diese Not zu Geld machen: Die neue Branche heißt Reputationsmanagement und kümmert sich darum, den im Internet angeschlagenen Ruf von Menschen wiederherzustellen. Christian Keppel arbeitet für die Agentur »Dein guter Ruf.de « in Essen. Täglich erreichen die Agentur rund 30 Anfragen von erschrockenen Internet-Nutzern oder, im Fall von Kindern und Jugendlichen, von verstörten Eltern, die Hilfe benötigen. Ich fragte Keppel, was er Zuckerberg raten würde, um sein Arschloch-Image loszuwerden. »Ich würde ihm vorerst zum Stillhalten raten«, sagte Keppel, »denn jede sofortige öffentliche Reaktion bedeutet noch höhere Aufmerksamkeit für diese unangenehmen Geschichten.« Allerdings würde er ihm auch raten, einen Anwalt zu beauftragen, der ohne großes Aufsehen gegen Beleidigungen und mögliche Falschdarstellungen vorgeht. Vermutlich braucht Zuckerberg aber keinen Reputationsberater, denn er hat fast alles richtig gemacht. Er gab keine Interviews zu dem Film und erzeugte zudem mit seiner Schulspende ein positives Echo in allen großen Medien.
    Spurenbeseitigung ist ein lukratives Geschäft
    Reputationsmanager können viel davon erzählen, was Menschen sich selbst zufügen, wenn sie ihr Privatleben im Netz entblößen. Nehmen wir beispielsweise die Geschichte von Harry Sorglos 6 , die den einen oder anderen, der einen solchen Zeitgenossen schon einmal erleiden musste, mit klammheimlicher Freude erfüllen mag. Harry hatte sich schon immer exzessiv amüsiert, was nicht weiter tragisch
wäre, hätte er es nicht stets auf Kosten anderer getan. In letzter Zeit hat es der 38-Jährige wohl etwas zu bunt getrieben mit der Damenwelt, wofür er prompt die Quittung erhält. Einige der betroffenen Damen gründen eine Facebook-Gruppe mit seinem Namen und dem Attribut »Blender«. Das Profil-Foto präsentiert ihn als klassischen Goldkettchentyp mit offenem Hemd und Sonnenbrille. Es ist ein Foto aus seinem Facebook-Privatalbum, das für die gesamte Facebook-Gemeinschaft einsehbar ist. Auf der Pinnwand der Gruppe erfährt jedermann und jede Frau, dass er »der größte Angeber des Planeten« sei, dass er seinen weiblichen Opfern stets das sage, was sie hören wollten. Gern verspreche er Frauen zur Abwechslung einen coolen Job oder einen schicken Wochenendtrip, um sie ins Bett zu kriegen, was überhaupt sein einziges Trachten sei. Nicht gerade schmeichelhaft für den Gigolo, aber durchaus sachdienlich für seine potenziellen Opfer. Irgendwann muss dem Mann seine unvorteilhafte Netzpräsenz aufgefallen sein, denn er suchte die Reputationsmanager auf und investierte eine Stange Geld, die Gruppe zur Auflösung zu zwingen und die Einträge löschen zu lassen.
    Die Geschichten aus dem Reich der Rufrettung beginnen meist bei Dingen, die Menschen auf Plattformen wie Facebook preisgeben, und enden nicht selten mit dem, was andere daraus machen. Manchmal trifft es auch Menschen, die gar nichts mit dem Internet zu tun haben. Ein Lehrer aus der Schweiz hatte das Problem vieler Lehrer. Er war gut drei Jahrzehnte älter als seine Schüler und hatte zwei »Schwächen«: Er lispelte und kämpfte mit einer feuchten Aussprache. Bei seinen Schülern scheint er aber auch aus
anderen Gründen nicht sonderlich beliebt gewesen zu sein, sonst hätten sie sich kaum solche Mühe gegeben, ihm digital an den Kragen zu gehen. Sie gründeten eine »Fanpage«, eine »Fanseite«, für ihren Lehrer, samt einem Foto als Profilbild und einer Fülle von Aufnahmen, die ihn während des Unterrichts und bei einer Klassenfahrt zeigten. Allerdings versahen sie die »Fanseite« permanent mit üblen Kommentaren zu seinen Marotten und seinem Unvermögen, ordentlich zu unterrichten. Und auch die Bilder waren wenig schmeichelhaft. Da der Mann ansonsten im Netz kaum in Erscheinung trat, erschien seine Facebook-Fanseite bei Google schon an dritter Stelle – bei insgesamt fünf Treffern, denn Facebook hat ein gutes Ranking bei Google. Welche Schüler hinter der Aktion standen, fand der Mann nicht heraus, denn sie hatten die Seite unter einem Pseudonym gegründet. Also wandte er sich an die Essener Reputationsmanager, die das Löschen der Einträge veranlassten. Der Lehrer selbst war nicht einmal bei Facebook angemeldet.
    Laut einer Online-Umfrage der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft aus dem Jahr 2008 waren acht Prozent aller Lehrer schon einmal Opfer einer
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