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Die facebook-Falle

Die facebook-Falle

Titel: Die facebook-Falle
Autoren: Sascha Adamek
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über einen Bewerber zu suchen beginnt. Entziehen kann sich dem nur, wer nichts oder kaum etwas von sich preisgibt. Die vielen Berichte über Cybermobbing haben auch Facebook zu Reaktionen bewogen. Das Unternehmen bemüht sich nun durch Medienkampagnen, etwa in Großbritannien, auf die Risiken hinzuweisen sowie für Eltern, Schüler und Lehrende Informationsmaterial auf seinen Online-Seiten bereitzustellen. Darin werden vor allem Jugendliche aufgefordert, keine Freundschaftsanfragen
von Fremden anzunehmen, Belästigungen zu melden und ihre Seiten für Mobber zu blockieren. In Deutschland allerdings ist von diesen Bemühungen noch nicht viel zu spüren.
    Im Jahr 2010 wurde hierzulande vor allem viel über die Privatsphäre diskutiert. Es ging um die Frage, in welchem Ausmaß globale Internetkonzerne sich unsere privaten Daten aneignen dürfen. Was zu wenig diskutiert wurde, war die Frage, warum wir den Netzwerken dieser Konzerne bereitwillig so viel Privates übereignen. Mögliche Motive dafür gibt es viele, und sie müssen sich keineswegs gegenseitig ausschließen. Es kann unsere Sehnsucht nach Kontakt sein, vielleicht auch pure Langeweile oder die Faszination der neuen Technologie, die unser Privatleben umfassend verwaltet und vernetzt. Zuweilen ist es auch Geltungsbedürfnis und manchmal schiere Dummheit.
    Zerplatzte Jobträume
    Wie unbedarft sich manche Menschen im Internet verhalten, zeigt das Beispiel eines IT-Experten. Nachdem er die letzte Bewerbungsrunde eines großen Kommunikationskonzerns erfolgreich überstanden hatte und unter zehn Bewerbern als neuer Leiter der Technologie-Sparte ausgewählt worden war, bezog er sein modernes, helles Büro mit eigener Sekretärin und genoss das wohlige Gefühl, endlich am Ziel seiner Träume angekommen zu sein. Die Freude währte indes nicht lange. Denn schon nach vier Tagen war die Sekretärin gar nicht mehr so nett wie am Anfang, und
der fünfte Arbeitstag war denn auch schon sein letzter. In der Personalabteilung überreichte ihm ein Herr, den er bis dato noch nie gesehen hatte, ein Schreiben der Konzernleitung, seine Entlassung. Entgeistert erhaschte er gerade noch einen Blick auf ein Foto, dass ihm sein Gegenüber unter die Nase hielt. Es zeigte ihn nackt in einem Kreis von nackten Frauen und Männern. Und alle hatten eine Kerze auf dem Kopf. Zwar herrscht in Deutschland Religionsfreiheit, bei allzu freizügigen Extravaganzen hört bei vielen Arbeitgebern allerdings der Spaß auf. Unser erfolgreicher Bewerber wurde nicht wegen seiner Mitgliedschaft in der esoterisch angehauchten Meditationsgruppe entlassen, sondern weil sein Foto mitsamt Namen im Netz stand. Hätte das Unternehmen bereits während der laufenden Bewerbung im Netz recherchiert, hätte er den Job gar nicht erst bekommen.
    Unternehmen strafen freie Meinungsäußerung ab
    Wie häufig recherchieren deutsche Personalchefs vor einer Bewerbung überhaupt im Netz? Diese Frage interessierte auch das Bundesverbraucherministerium. In dessen Auftrag befragte das Meinungsforschungsinstitut dimap etwa 500 Unternehmen aller Branchen und Größen, ob und in welcher Weise Bewerber zuvor im Internet überprüft würden. Die Frage, ob die Firmen dabei auch Informationen aus sozialen Netzwerken wie StudiVZ, MySpace oder Facebook nutzten, bejahten immerhin 36 Prozent. 14 Von diesen wiederum gaben 39 Prozent an, Bewerber aufgrund der Internetrecherchen
gar nicht erst zu einem Gespräch eingeladen zu haben.
    Aber was stößt den Personalchefs besonders negativ auf? Sehr private Einträge, zum Beispiel Partybilder, beeinflussen bei 46 Prozent der befragten Firmen die Auswahl negativ. Eine durchaus verständliche Haltung, sollen doch private Partylöwen keinesfalls digital mit einer Firma in Verbindung gebracht werden können. Verständlich ist auch, dass Arbeitgeber die virtuell verfügbaren Informationen über ihre Bewerber mit den Angaben in der Bewerbungsmappe abgleichen. Allzu große Abweichungen kommen bei 49 Prozent der Unternehmen schlecht an. Die größte Ablehnung (76%) schlägt allerdings Bewerbern entgegen, die sich irgendwo im Netz schon einmal negativ über ihre »Arbeit oder das Arbeitsumfeld« geäußert haben.
    Angesichts dieser Zahlen stellen sich gleich mehrere Fragen: Sind soziale Netzwerke möglicherweise kein demokratischer Zugewinn, weil die freie Meinungsäußerung hier unabsehbare negative Folgen haben kann? Oder sind deutsche Unternehmer undemokratisch, weil sie Arbeitnehmer für ihre frei
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