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Die facebook-Falle

Die facebook-Falle

Titel: Die facebook-Falle
Autoren: Sascha Adamek
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auf einen Online-Artikel aus einer Kunstzeitschrift mit seinem Namen und notiert: Beauvilles Frau Simone betätigt sich politisch. In dem Artikel heißt es, das Ehepaar habe fünf Wochen Urlaub in einem Künstlerdorf im Tessin gemacht. Fotos zeigen die beiden beim Rundgang durch ein Atelier voller Skulpturen und an einem Seeufer. Hobans Internetrecherche fördert auch eine Todesanzeige aus der Zeitung Nord Éclaire zutage, in welcher der Name Gerard Beauville auftaucht. Seine Großmutter, die in der französischen Provinz Nord-Pas-de-Calais gelebt hatte,
war vor fünf Jahren gestorben. Im nächsten Schritt prüft er Beauvilles Sozialbeziehungen. Hier muss er sich allerdings vorsehen. Denn während Facebook-Nutzern nicht mitgeteilt wird, wer auf ihren Seiten surft, wird das bei den Premiumkonten von Xing gemeldet. Hoban kann dies also nicht mit seinem normalen Account tun. Schnell stellt sich heraus, dass Gerard Beauville nicht nur mit Geschäftsfreunden, sondern auch mit ehemaligen Studienfreunden vernetzt ist. Hoban notiert sich die Namen, denn jeder von ihnen könnte je nach Ermittlungsergebnis am Schluss Kandidat für ein verdeckt geführtes Interview sein. Da er nichts Auffälliges findet, schreibt er in sein Notebook: »Businesspartner sauber. « Wie aber steht es mit Beauvilles Familie, seinem Sohn, seinen zwei Töchtern und den Enkeln?
    Hoban ruft die Facebook-Seite von Beauvilles Sohn Philippe auf. Allein die Fülle des Materials macht den Ermittler nun neugieriger: Hunderte von Fotos, auf denen auch der Bankmanager in spe zu betrachten ist, und ein Link zu einem familieneigenen Blog. Hoban weiß, dass die diskrete Bankenweilt allzu offenherzige Mitarbeiter nicht schätzt. Beauvilles Sohn Philippe ist mit einer Sizilianerin namens Rosanna verheiratet, und seit einem halben Jahr sind beide stolze Eltern des kleinen Ricardo. Das Familienglück scheint aber nicht ungetrübt. So bloggt Rosanna: »Ricardo hat mir heute meine Brustwarze blutig gebissen, Ihr glaubt nicht, wie das schmerzt.« In einem anderen Eintrag schreibt sie: »Ein Jammer, Phil und ich haben keinen Sex, das kann dauern, und ich hoffe, er sucht sich keine Geliebte ;-).« Rosanna macht aus ihren Ängsten und Sorgen kein Geheimnis und sorgt für familiäre Internetpräsenz auf allen Kanälen.
Auf der Familien-Homepage finden sich mit YouTube verlinkte Videos und natürlich eine Menge bewegte Bilder mit dem Opa Gerard Beauville beim Winterspaziergang und sogar in dessen privatem Haus. Auch den genauen Standort ihrer großzügigen Stadtwohnung macht Hoban mit einem Mausklick aus. Die Familie hatte sie zeitweise vermietet und zu diesem Zweck bei Google Maps eingestellt. Der Ermittler macht einige Screenshots, die er seinem Bericht später hinzufügen wird. Bei Beauvilles Tochter Laure wird er nicht fündig, sie scheint keine besondere Affinität zum Internet zu haben. Von ihrer Familie gibt es keine privaten Spuren im Netz.
    Anders verhält es sich mit Dominique Beauville. Auf sie ist Hoban bereits im Impressum eines politischen Magazins für Schwule und Lesben gestoßen. Die Artikel von Dominique hatten keine anstößigen Inhalte, aber die erotischen Titelbilder bereiten dem Ermittler Kopfzerbrechen. »Ich glaube nicht, dass der Vorstand der Bank darüber amüsiert sein wird«, sagt er. Er muss mehr über Dominique erfahren, denn sie könnte sich als die Schwachstelle des künftigen Bankmanagers erweisen. Merkwürdigerweise findet er zunächst keine Facebook-Seite. Hoban versucht es mit einer anderen Suchvariante und plötzlich erscheint eine Seite: auf Japanisch. Der Internet-Detektiv runzelt leicht die Stirn. Erstaunt und etwas amüsiert betrachtet Hoban das Foto: Es zeigt eine blonde, kurzhaarige Frau mit Schnurrbart. Ist es wirklich Dominique? Hoban muss einen Augenblick lachen. Er beherrscht sieben Sprachen, ausgerechnet Japanisch ist nicht darunter. Nun vergleicht er das Foto mit anderen von Dominique. »Hier ist
sie noch mal ohne Schnurrbart.« Dominique findet sich an vielen Stellen im Netz. Sie nimmt regelmäßig an schwullesbischen Demonstrationen teil und schreibt für diverse Zeitschriften. Mit Dominique begnügt sich der Ermittler allerdings nicht, jetzt sind alle Freunde und insbesondere Dominiques Lebenspartnerin an der Reihe. Die trägt keinen Schnurrbart. »Dominique Beauville ist wirklich ein sehr gutes Beispiel, wie jemand sein ganzes Privatleben, nicht nur bei Facebook, sondern im gesamten Web ausgebreitet hat«, sagt Hoban, »was
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