Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Ewigen Jagdgruende der Frau Weinwurm

Die Ewigen Jagdgruende der Frau Weinwurm

Titel: Die Ewigen Jagdgruende der Frau Weinwurm
Autoren: Louise Fu
Vom Netzwerk:
und blieb an der zweiten Weinflasche auf dem Bartresen
hängen. Nachdenklich ließ sie sich auf einer Sessellehne nieder. Im Raum wurde
es langsam dämmerig und aus dieser Entfernung sah es aus, als ob ein
zusammengerollter Teppich achtlos vor die Bar geworfen worden wäre. Frau
Weinwurm griff nach hinten und zog sich Lilianes Kaschmirdecke über Kopf und
Schultern, knotete die Enden unter dem Kinn und über dem Bauch zusammen. Wie
lange brauchte das Blut, um nicht mehr hektisch und getrieben durch die Adern
zu pumpen, wann verlangsamte sich der Strom und kam zur Ruhe, wann konnte sie
den Skalp nehmen, ohne Gefahr zu laufen, ihren schönen Rock zu beflecken?
    Und
gleichzeitig: Musste sie doch sicher gehen, absolut sicher gehen, dass die
Leopardendame tot war und nicht mehr aufspringen würde wie ein Springteufelchen
und ihr eine Nase drehte!
    Frau
Weinwurm wusste, wie es war, wenn das Blut wie ein Geysir aus offenen
Handgelenken spritzte, sie spürte die rauen Kanten einer rostigen Nagelschere,
die Terese nicht weggeräumt hatte, obwohl es ihr der Psychodoktor eindringlich
empfohlen hatte, aber Terese hatte diese Schere vergessen, weil sie tief in den
Falten ihres alten, rosenbedruckten Kulturbeutels steckte und niemand wusste
mehr, dass es sie gab, aber Ivonne hatte sie gefunden und rasch in ihrer Jeans
versteckt, und hatte Terese nicht vielleicht doch davon gewusst?
    Ich gebe dir noch etwas Zeit, ruhe dich schön aus,
drehe langsam die Schleusen zu, lass dein Blut in aller Ruhe versickern, trocknen,
verdunsten! Derweil, meine Süße, will ich nicht untätig sein, denn vielleicht
wälzt du dich gleich auf die Seite und starrst mich mit deinen Frettchenaugen vorwurfsvoll
an?
    Vorsichtig,
um nicht über den Saum ihres Kaschmirgewandes zu straucheln, trippelte Frau
Weinwurm zu einem Zweisitzer und zerrte ein Kissen von der Lehne. Es war steif
und unhandlich und Frau Weinwurm schwankte zu Liliane, als liefe sie über die
Planken eines heftig schlingernden Schiefes in Seenot. Vor dem leblosen Körper
blieb sie stehen. Hinter Liliane sickerte Wein über den Marmorboden, Scherben
lagen überall, und Frau Weinwurm drehte sich um, drückte das Kissen an ihr
Hinterteil und peilte Lilianes Kopfposition an, ohne genau zu wissen, ob sie
traf und Eins Zwei Drei Spring! Spring! ließ sie sich nach unten fallen
und krachte gegen etwas Hartes, was wohl der Kopf war, denn, sie lugte nach
links über die Schulter, neben dem Kissen lag der Pailletten-Torso und darunter
staken die Beine, rechts war nichts zu sehen, so dass der Kopf ganz bedeckt
sein musste. Fein, fein, fein, es wird also nicht immer ein Bauchklatscher,
wenn du springst!
    Frau Weinwurm drückte sich fester
in das Kissen, schlang die Arme um die Knie und rutschte im Takt vor und
zurück, während sie leise, zärtlich, als wiege sie ein Kind in den Schlaf,
summte:
    » Shame shame on
you,
    Shame, shame on you,
    Took my friendship as
a token,
    When returned, it was
broken,
    Hide
your face, shame on you. «
    Frau
Weinwurm hielt inne und betrachtete Lilianes glattes Dekollete. Es hob und
senkte sich nicht. Sie beugte sich hinab und zwickte Lilianes Busen, drückte
fester, als prüfte sie das Fruchtfleisch einer Mango, spätestens jetzt müssten
quiekende Laute unter dem Kissen hervordringen, doch nein, nichts.
    Sie
stand auf und trat das Kissen beiseite. Der Wein hatte sich seinen Weg unter
dem Körper gebahnt und den Saum der Kaschmirdecke getränkt. Sie reckte sich auf
Zehenspitzen und griff über Lilianes Körper hinweg nach der zweiten Weinflasche
auf dem Bartresen.
    Jetzt gehen wir mal ganz auf Nummer sicher, Billy
the Kid!
    Mit
der einen Hand hielt sie die Decke fest und schwang mit der anderen die
Weinflasche hoch über ihrem Kopf.
    Krawumm!
    Erstaunt
blickte Frau Weinwurm auf die unversehrte Flasche in ihrer Hand. Abgeglitten an
der glatten, faltenfreien Stirn? Sie probierte es noch zweimal, hieb die
Flasche dann gegen den Marmorboden, dass Scherben und Flüssigkeit spritzten,
und schlug mit dem Rest einmal kräftig gegen Lilianes Schläfe.
    Noch ein Tod, wie am Marterpfahl! Und nun der letzte
Tod, meine Süße, dann bin ich sicher!
    Frau Weinwurm fischte eine
Glasscherbe aus der Lache und schnitt Lilianes schlanken, zart gebräunten Arm
auf, saubere, exakt parallele Schnitte, dicht nebeneinander, Millimeter nur
voneinander entfernt. Sie arbeitete konzentriert, bis sie zur Pulsader
gelangte, kurz zögerte, in der Blutlache nach geeigneterem Material wühlte und
dann
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher