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Die Essenz der Lehre Buddhas

Die Essenz der Lehre Buddhas

Titel: Die Essenz der Lehre Buddhas
Autoren: Dalai Lama
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Religion ernsthaft praktiziert, absolut nichts, was ihn berechtigen würde, einem anderen in irgendeiner Weise zu schaden. Sie sagen ganz im Gegenteil, dass einer, der seinen Mitmenschen im Namen des Islam Schaden zufügt, kein wahrer Muslim ist. Sehen wir also zu, dass wir uns nicht zur Kritik am Islam hinreißen lassen, nur weil Einzelne uns ein so falsches Bild von einer der großen Religionen der Welt vermittelt haben.
    Mut machen mir die engagierten christlichen Mönche und Nonnen, aber auch die Rabbis, denen ich begegnet bin und die einerseits ihrer eigenen religiösen Überlieferung zutiefst verbunden bleiben, während sie sich zugleich bestimmte buddhistische Praktiken zu eigen machen, die sie als förderlich empfinden. Als der Buddha Shakyamuni vor 2500 Jahren zu lehren begann und der Welt eine neue spirituelle Philosophie und Praxis vermittelte, bezog auch er nützliche Elemente ein, die ihren
Ursprung anderswo hatten, zum Beispiel den Glauben an frühere Leben und die Ausbildung eines vollkommen gesammelten Geistes.
    Wenn wir mehr über andere Glaubensrichtungen und ihre Ideen erfahren möchten, ist es zugleich wichtig, dass wir unserem eigenen Glauben treu bleiben. Meiner Meinung nach ist es sicherer und besser, in unserer eigenen Glaubenstradition zu bleiben – zu leicht begeistern wir uns doch für eine Neuerwerbung, nur um später zu merken, dass sie uns doch nicht zufriedenstellt. Es besteht die Gefahr, dass unser anfängliches Interesse für den Buddhismus zu viel von der Begeisterung des Neulings hat und dann später die Ernüchterung folgt. Bei meinem ersten Besuch in Indien – das war 1956 – lernte ich eine Europäerin kennen, die buddhistische Nonne geworden war und sich der Praxis ihrer neuen Religion mit größter Hingabe zu widmen schien. Als ich 1959 als Flüchtling wieder nach Indien kam, erkundigte ich mich nach ihr und erfuhr, dass von ihrem ganzen glühenden Eifer nichts geblieben war, als sie in ihr Heimatland zurückkehrte. Dort wurde sie sogar eine entschiedene Kritikerin des Buddhismus.
    Dann erinnere ich mich auch an eine Frau aus Polen, die in den Vierzigerjahren des vorigen Jahrhunderts Mitglied der Theosophischen Gesellschaft in Madras geworden war. Sie war meinen tibetischen Landsleuten eine große Hilfe, weil sie ein Schulsystem für die Flüchtlingskinder aufbaute. Sie entwickelte ein großes Interesse am
Buddhismus, und irgendwann entstand der Eindruck, sie sei eine Buddhistin geworden. Viel später jedoch, als sie schon über achtzig war und das nahende Ende spürte, kam der Gedanke an einen Schöpfer mit Macht zurück, und es entstand eine für sie verwirrende Situation. Ich gab ihr den Rat, an Gott zu denken, ihre Liebe zu Gott zu leben und zu ihrem Gott zu beten. Deshalb rate ich jedem, in seiner eigenen Tradition zu bleiben. Wenn wir die Religion wechseln, ohne uns vorher wirklich vergewissert zu haben, was wir da Neues annehmen, werden wir wohl nicht das Glück finden, das wir suchen.
    Der Sinn des Lebens
    Wohlstand mag für unser Glück wichtig sein, aber ich glaube nicht, dass er einen gar so hohen Stellenwert hat. Reichtum allein bringt keine tiefe Zufriedenheit mit sich. Wir wissen nur zu gut, dass die Besitzenden sehr unglücklich sein können. Darüber hinaus glaube ich, dass auch Lebensgefährten nicht entscheidend sind. In einer Ehe mag man zeitweilig Geborgenheit finden, einen gewissen Schutz vor den Schmerzen des Lebens, aber das tiefe Glück, das wir alle suchen, hat letztlich nicht gar so viel mit Familie und Freunden zu tun. Die Menschen, denen wir uns nahe fühlen, bringen oft Sorgen und Befürchtungen in unser Leben, während tiefes
Glück, das sich sogar auf unsere körperliche Verfassung auswirken kann, einem ruhigen und friedvollen Geist entspringt.
    Ein intelligenter Geist, in dem eine gewisse Ruhe und Mitgefühl herrschen, kann sich zu einem wahrhaft friedvollen Geist entwickeln, der uns selbst und die Menschen in unserer Umgebung glücklich macht. Wie gelangen wir zu einem Geist, in dem Ruhe und Frieden herrschen? Rauschmittel sind nicht der Weg. Man könnte meinen, dass die Tiere in ihrer Unschuld die Lösung kennen, doch der Geist der Tiere ist beschränkt und nicht über eine gewisse Grenze hinaus zu entwickeln.
    Für mich ist das Mitfühlen ein geistiges Vermögen, durch das wir zu wahrem dauerhaftem Frieden und innerer Stärke finden können. Diesen Zug können wir durch unsere Intelligenz entwickeln, wenn wir sie zur Veränderung unserer
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