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Die Essenz der Lehre Buddhas

Die Essenz der Lehre Buddhas

Titel: Die Essenz der Lehre Buddhas
Autoren: Dalai Lama
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Gefühle nutzen. So reduzieren wir die egoistischen abträglichen Regungen und vermehren die selbstlosen und aufbauenden, was in uns selbst und für andere Glück erzeugt.
    Wir werden mit dieser Fähigkeit des Mitfühlens geboren, die ja auch ganz entscheidend für unser Leben und Weiterleben ist. Gefühlsregungen wie Angst und Widerwillen können ebenfalls für unser Überleben wichtig sein, aber Ärger kann uns eine falsche und für unseren Verstand allzu überzeugende Selbstsicherheit geben. Dann achten wir nicht mehr auf unsere eher positiven Gefühlsregungen, wir vernachlässigen den Respekt gegenüber
anderen, unsere Mitverantwortung für das Gemeinwohl, unseren mitfühlenden Sinn für die Probleme anderer. Wir wiegen uns in einer falschen Unabhängigkeit und bilden uns ein, wir brauchten die anderen nicht. Dieses übersteigerte Ich-Gefühl entfernt uns von dem Frieden und dem Glück, die wir für uns selbst suchen, und auf andere wirkt es sich ebenso negativ aus.
    Das Ich oder Selbst im Buddhismus
    In manchen unserer Glaubenstraditionen gibt es einen Schöpfer oder Gott, in anderen nicht. Buddhismus und Jainismus sind die einzigen beiden nicht theistischen Religionen, die heute noch praktiziert werden. In der Samkhya-Philosophie des alten Indien gab es sowohl einen theistischen Zweig mit dem Glauben an den Schöpfergott Brahma als auch eine nicht theistische Bewegung, aber ich bin noch keinem Anhänger dieser Lehre begegnet und weiß deshalb nicht, ob es noch welche gibt.
    Für die Jainisten und nicht theistischen Samkhyas gibt es ein eigenständiges Ich oder Selbst, für das sie den Ausdruck Atman verwenden. Im Buddhismus wird die Existenz eines unabhängigen Ichs verneint. Darin also liegt der Unterschied zwischen buddhistischen und nicht buddhistischen Philosophien des alten Indien: Die einen
postulieren ein gleich bleibendes, ewiges Ich, die anderen verneinen es.
    Auch im Buddhismus verwenden wir das Wort »ich«, aber jeglicher Ich-Begriff wird lediglich als Bezeichnung für unseren Körper und Geist gesehen.
    Den drei nicht theistischen Lehren ist der Glaube an das Karma genannte Gesetz der Kausalität gemeinsam, das für alles verantwortlich ist, was sonst einem Schöpfer zugeschrieben werden könnte.
    Abhängiges Entstehen
    Der größte Unterschied zwischen buddhistischen und nicht buddhistischen Lehren liegt im Prinzip des abhängigen Entstehens – Pratityasamutpada auf Sanskrit. Äußerlich gesehen ist mit diesem Begriff gemeint, dass alle Dinge von Ursachen und Bedingungen abhängig sind. Die Entstehung aller Dinge wird unter dem Gesichtspunkt von Ursachen und Wirkungen betrachtet. Wenn, um ein Beispiel zu nennen, spirituelle Praxis wirksam ist und innere Veränderungen bewirkt, dann liegt das an diesem Prinzip des abhängigen Entstehens. Nach buddhistischer Auffassung kommt es zu solchen Veränderungen nicht, weil Gott es so will, sondern deshalb, weil wir für die richtigen Ursachen gesorgt haben. Daher die Worte des Buddha, dass wir unser eigener Herr sind.
Wenn unser künftiges Wohlergehen in unseren eigenen Händen liegt, sind wir es auch, die mit unserem Verhalten bestimmen, ob eine glückliche Zukunft vor uns liegt oder nicht.

Kapitel 2
Die Kennzeichen des Buddhismus

    D er Buddhismus kann anhand von vier »Siegeln« von anderen Glaubenstraditionen oder philosophischen Schulen unterschieden werden. Das sind die Kennzeichen des Buddhismus, sie machen seine Eigenart aus.
    Das erste dieser Siegel besagt, dass alle aus Bedingungen hervorgegangenen Dinge nicht von Dauer, sondern vergänglich sind. Das kennen wir sehr gut, schließlich erleben wir ja unser Älterwerden. Vergänglichkeit erscheint uns aber auch in der stofflichen Welt ringsum, die sich mit den Jahreszeiten und Jahren, aber auch von Tag zu Tag ändert.
    Vergänglichkeit meint jedoch nicht nur, dass die Dinge sich abnutzen und schließlich zerfallen, sondern kann auch einen subtileren Sinn haben. Alle Dinge existieren nur Augenblick für Augenblick, jeder Augenblick ihres Daseins zieht den nächsten nach sich und dieser dann wieder den nächsten. Nehmen wir einen Apfel. Die ersten ein, zwei Tage bleibt er, was Aussehen und Reifegrad angeht, ziemlich gleich. Im Laufe der weiteren Tage wird er jedoch immer reifer und schließlich überreif, und zuletzt fault er. Wenn wir ihn nur lange genug sich selbst überlassen, zerfällt er und ist nicht mehr als Apfel zu erkennen. Irgendwann löst er sich vollkommen auf,
und dann ist gar kein
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