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Die Eroberung von Plassans - 4

Die Eroberung von Plassans - 4

Titel: Die Eroberung von Plassans - 4
Autoren: Émile Zola
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bei einer ganzen Reihe realistischer Erzähler bis in die jüngste Zeit hinein sträflich vernachlässigt wurde, dessen Aufhellung aber gerade auch für eine adäquate Übersetzung eines Prosaschriftstellers von entscheidender Bedeutung ist.
    Zum dritten haben sich – wiederum vornehmlich französische – Literaturhistoriker bemüht, alles das aus den zeitgenössischen Tageszeitungen und Zeitschriften auszugraben, was weder zu Zolas Lebzeiten noch in den nach seinem Tode erschienenen »Gesamtausgaben« je wieder veröffentlicht worden ist und ein neues Licht vor allem auf die frühen Schaffensjahre des Autors und den Umfang seiner journalistischen Betätigung wirft.
    Auf Grund der bis zu diesem Zeitpunkt vorhandenen Gesamtausgaben konnte es scheinen, als hätte sich Zola nach dem fieberhaften Pressekampf um die Durchsetzung einer neuen Kunst in Literatur und Malerei Mitte der sechziger Jahre des 19. Jahrhunderts als Literaturkritiker und theoretiker zurückgezogen und wäre, mit Ausnahme seiner Artikel für den »Westnik Jewropy«, erst mit den 1880/81 veröffentlichten Aufsatzbänden wieder in die journalistische Arena getreten, dann allerdings mit unglaublicher Verve, Heftigkeit und Intensität, um kurz darauf von neuem zu verstummen und sich erst bei der Dreyfusaffäre der Presse zu bedienen, und zwar diesmal für den offenen politischen Kampf. Dieses konsequente politische Auftreten in der Öffentlichkeit aber konnte bei der ungenügenden Kenntnis seines gesamten schriftstellerischen Werdeganges als eine fast überraschende Wendung erscheinen. Die Neupublikation der Parlamentsberichte, die Zola in den Jahren 1870/71 während einer der größten politischen Krisen Frankreichs – Zusammenbruch des Kaiserreichs, Deutsch Französischer Krieg und Commune – für die Zeitung »La Cloche« schrieb, gestattete bereits eine entscheidende Korrektur dieses Bildes. Zeigten diese Berichte doch den jungen Zola als einen für die Politik hellhörigen Schriftsteller, der Tag für Tag das politische Geschehen aus nächster Nähe verfolgte, kommentierte, interpretierte und im Kampf der aufeinanderprallenden Meinungen eine eigene Stellung bezog.
    Die Bemühungen der Herausgeber von Zolas Werken in der »Bibliothèque de la Pléïade« und im »Cercle du livre précieux«, die noch klaffenden Lücken in unseren Kenntnissen zu schließen, ermöglichen endlich nicht nur eine fundierte und umfassende Beurteilung von Zolas publizistischer Tätigkeit, sondern vor allem auch eine genauere Einschätzung seiner gesamten politischen Entwicklung. Wie sehr die genaue Kenntnis der zeitgeschichtlichen Zusammenhänge und der Teilnahme Zolas an den aktuellen politischen Auseinandersetzungen die literaturhistorische Interpretation eines Einzelromans zu vertiefen vermag, hat Mitterands Annotation zu dem Roman »Die Eroberung von Plassans« in der Plejadenausgabe gezeigt.
    Dieser Roman ist der vierte in der Gesamtreihe. Mit ihm kehrt Zola nach seinem Ausflug in die Pariser Gesellschaft des Kaiserreichs – wo die hochgekommenen Grundstücksmakler, Spekulanten und zweideutigen Politiker den Ton angeben (»Die Beute«) und das satte Kleinbürgertum seinen Gewinn einstreicht und sichert (»Der Bauch von Paris«) – nach Plassans, in die Provinz zurück, die er am Abend des geglückten Staatsstreiches Napoleons und des gelungenen Schurkenstücks der Rougons (»Das Glück der Familie Rougon«) verlassen hatte.
    »Es ist Zeit«, so schreibt er in seinen Entwürfen, »nach Plassans zurückzukehren …«, das er dann für lange Zeit, bis zum letzten Roman, dem »Doktor Pascal«, dem Abschluß seiner Familiengeschichte, nicht mehr aufsuchen wird. Denn nachdem er im zweiten und dritten Band die Auswirkungen des Staatsstreichs in der Gesellschaft der Hauptstadt gezeigt hat, muß er nun zeigen, wie sich die Provinz in diesen Jahren entwickelt, »wo das Kaiserreich ungestört inmitten einer satten Bourgeoisie thront, auf der das väterliche Auge einer kleinen Gruppe von Beamten ruht. Völlige Erschlaffung der Legitimisten. Ein Teil des Klerus sogar bonapartistisch, noch keinerlei Gegenströmungen. Das Entsetzen über den Staatsstreich hält noch vor.« Mit diesen Sätzen umreißt Zola das »soziale Drama« der »Eroberung von Plassans«.
    Das »physiologische Drama« dieses Romans dagegen – man darf nicht vergessen, daß zwischen diesen Überlegungen und den Planentwürfen knappe fünf Jahre liegen und Zola auf die beiden Aspekte seiner großen Natur und
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