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Die Eroberung von Plassans - 4

Die Eroberung von Plassans - 4

Titel: Die Eroberung von Plassans - 4
Autoren: Émile Zola
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weiter um sich griff.
    »Die Bude ist verloren«, murmelte Macquart, der sich, die Hände in den Taschen, seelenruhig auf dem gegenüberliegenden Bürgersteig aufgepflanzt hatte, von wo aus er das Fortschreiten der Feuersbrunst mit lebhaftem Interesse verfolgte.
    Es hatte sich dort, am Rande des Rinnsteins, ein Salon im Freien gebildet. Die Sessel waren im Halbkreis aufgestellt, gleichsam um zu gestatten, daß man bequem dem Schauspiel beiwohne. Frau de Condamin und ihr Gatte waren gerade eingetroffen. Sie seien kaum aus der Unterpräfektur nach Hause gekommen, sagten sie, als sie gehört hätten, wie Alarm geschlagen wurde. Herr de Bourdeu, Herr Maffre, Doktor Porquier, Herr Delangre, der von mehreren Mitgliedern des Stadtrates begleitet wurde, waren gleichfalls schleunigst herbeigeeilt. Alle umringten die armen Damen Rastoil, trösteten sie, traten unter Mitleidsausrufen näher. Schließlich setzte sich die Gesellschaft in die Sessel. Und die Unterhaltung begann, während zehn Schritte entfernt die Feuerspritze schnaufte und die in Brand geratenen Balken krachten.
    »Hast du meine Uhr mitgenommen, mein Freund?« fragte Frau Rastoil. »Sie lag mit der Kette auf dem Kamin.«
    »Ja, ja, ich habe sie in der Tasche«, antwortete der Präsident mit aufgedunsenem Gesicht und vor Aufregung schwankend. »Ich habe auch das Silberzeug … Ich hatte alles fortgeschafft; aber die Feuerwehrleute wollten nicht; sie sagen, das sei lächerlich.«
    Herr Péqueur des Saulaies zeigte sich immer noch sehr ruhig und sehr verbindlich.
    »Ich versichere Ihnen, daß für Ihr Haus keinerlei Gefahr besteht«, versicherte er. »Das Feuer ist eingedämmt. Sie können Ihr Tafelgeschirr wieder in Ihr Speisezimmer zurücklegen.«
    Aber Herr Rastoil wollte sich nicht von seinem Silber trennen, das er, in eine Zeitung eingeschlagen, unter dem Arm hielt.
    »Alle Türen stehen offen«, stammelte er. »Das Haus ist voller Leute, die ich nicht kenne … Sie haben in mein Dach ein Loch geschlagen, das wird schön teuer werden, es ausbessern zu lassen.«
    Frau de Condamin fragte den Unterpräfekten aus. Sie rief:
    »Aber das ist ja furchtbar! Und ich glaubte, die Mieter hätten Zeit gehabt, sich zu retten! – Man hat also keine Nachricht über Abbé Faujas?«
    »Ich habe selbst angeklopft«, sagte Herr Péqueur des Saulaies. »Niemand hat geantwortet. Als die Feuerwehrleute angekommen sind, habe ich die Tür einschlagen lassen, habe ich angeordnet, Leitern an die Fenster zu legen … Alles ist zwecklos gewesen. Einer unserer wackeren Gendarmen, der sich in die Diele vorgewagt hat, ist im Rauch beinahe erstickt.«
    »Also ist Abbé Faujas …? – Was für ein gräßlicher Tod!« fuhr die schöne Octavie schaudernd fort.
    Bleich schauten die Damen und Herren im flackernden Schein der Feuersbrunst einander an. Doktor Porquier erklärte, der Feuertod sei vielleicht nicht so schmerzhaft, wie man sich denke.
    »Man wird gepackt«, sagte er abschließend. »Das muß Sache von ein paar Sekunden sein. Es muß auch gesagt werden, daß das von der Heftigkeit der Glut abhängt.«
    Herr de Condamin zählte an seinen Fingern ab:
    »Wenn Madame Mouret, wie behauptet wird, bei ihren Eltern ist, so sind es immer noch vier: Abbé Faujas, seine Mutter, seine Schwester und sein Schwager … Das ist ganz nett!«
    In diesem Augenblick neigte sich Frau Rastoil zum Ohr ihres Gatten.
    »Gib mir meine Uhr«, murmelte sie. »Ich bin unruhig. Du bewegst dich hin und her. Du wirst dich noch draufsetzen.«
    Da eine Stimme geschrien hatte, der Wind treibe die Flammen zur Unterpräfektur hin, entschuldigte sich Herr Péqueur des Saulaies, stürzte davon, um diese neue Gefahr abzuwenden.
    Unterdessen wollte Herr Delangre, daß man eine letzte Anstrengung versuche, um den Opfern Hilfe zu bringen. Der Feuerwehrhauptmann erwiderte ihm roh, wenn er die Sache für möglich halte, solle er selber auf die Leitern steigen. Er sagte, er habe niemals ein ähnliches Feuer gesehen. Der Teufel müsse dieses Feuer angezündet haben, damit das Haus wie ein Reisigbündel an allen Enden zugleich brenne. Von ein paar gutwilligen Leuten gefolgt, machte der Bürgermeister nun den Weg durch die ChevilottesSackgasse. Von der Gartenseite aus könnte man vielleicht hinaufgelangen.
    »Wenn das nicht so traurig wäre, so wäre das sehr schön«, bemerkte Madame de Condamin, die sich beruhigte.
    Tatsächlich wurde die Feuersbrunst großartig. In mächtigen blauen Flammen schossen Funkenraketen auf; Löcher von
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