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Die Erfinder des guten Geschmacks

Die Erfinder des guten Geschmacks

Titel: Die Erfinder des guten Geschmacks
Autoren: Jörg Zipprick
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sie dort wirklich die französische Küche?
    Ganz Frankreich konnte wohl kaum am Königshof geändert werden. Reisende aus dem 16. Jahrhundert, darunter viele Adlige, berichteten von der hohen Qualität der französischen Küche. Einer davon war Jérôme Lippomano, venezianischer Botschafter in Frankreich, der 1577 nicht an Lob sparte:
    »In allen Städten und selbst in den Dörfern findet man alle Arten fertiger Speisen und alle Speisefolgen sind so arrangiert, dass sie nur noch gegart werden müssen. Da gibt es etwas, das mir unglaublich erschien und das meine Leser mir nie glauben werden, dass nämlich ein Kapaun, ein Rebhuhn und ein Hase fertig gespickt und gebraten weniger kosten, als wenn man sie lebend auf dem Markt oder in den Vororten von Paris kaufte […]
    Schwein ist die Nahrung der Armen, derjenigen, die wirklich arm sind. Jeder Arbeiter, jeder Händler möchte an guten Tagen Hammel, Wild, Rebhuhn, genau wie die Reichen, und an armen Tagen Lachs, Stockfisch, Salzhering, die aus den Niederlanden kommen […] Die Geschäfte von Paris sind voll davon. Man isst auch frische Butter und Milchprodukte. Es gibt jede Menge Gemüse […]
    Paris hat in aller Fülle alles, was man sich wünschen kann: Lebensmittel kommen über die Seine aus der Picardie, der Auvergne, dem Burgund, der Champagne, der Normandie; auch wenn die Bevölkerung unzählbar ist, fehlt nichts, alles scheint vom Himmel zu fallen. Jedoch ist der Preis der Nahrungsmittel etwas hoch; ehrlich gesagt geben die Franzosen nur für Essen Geld aus […] Deshalb gibt es hier Metzger, Rôtisseure,Verkäufer, Zuckerbäcker, Tavernen in einer Zahl, die wirklich verwirrt […]
    Die Rôtisseure und die Konditoren arrangieren in weniger als einer Stunde ein Diner, ein Souper für zehn, zwanzig oder 100 Personen, der Rôtisseur gibt das Fleisch, der Konditor Pasteten, Tourtes, Entrées und Desserts, der Koch Gelees, Saucen und Ragout.«
    Den Rôtisseur kann man vage mit »Garer« oder »Griller« übersetzen. Schon 1248 gab es den Berufsstand des »Oyeur«, des Gänsebraters, nachdem König Ludwig IX. zur Bildung von Ständen nebst verbindlicher Lehrzeit aufgerufen hatte. Unter Ludwig XII. änderte sich deren Name zum »Rôtisseur«. Gebraten wurden damals Geflügel, Wild und Hammel. Restaurants im heutigen Sinne gab es nicht, gekocht wurde in Tavernen, Geschäften oder beim »Rôtisseur«.
    Lippomano jedenfalls scheint eine lebendige Feinschmeckernation zu beschreiben und schildert bereits das heute noch vorherrschende Bild vom genießerischen Franzosen, der, egal ob arm oder reich, seine finanziellen Mittel in kulinarische Genüsse investiert. Auch der Schweizer Thomas Platter bewunderte im ausgehenden 16. Jahrhundert die Pariser Gastronomie: »In der langen und wichtigen Rue St Denis und in vielen anderen Orten der Stadt gibt es zahlreiche Auberges […], Herbergen und Patisserien […] und niemand kann, sollte plötzlich ein Gast erscheinen, und sei es der König selbst, sich entschuldigen, ihn nicht empfangen zu können, denn in einer halben Stunde kann man […] ein eines Prinzen würdiges Mahl organisieren […] Man glaubt an das Paradies auf Erden […] Man kann staunen, dass allerorten die Hotels und Auberges voll ausgebucht sind.«
    Übrigens wurden genau wie bei Martino da Como auch damals in Frankreich schon Regionalgerichte beschrieben. DerLyoner Mediziner Jean-Baptiste Bruyerin erklärte in De re cibaria von 1560, dass in der Auvergne viel Käse aus lokaler Produktion gegessen werde. Im Périgord und im Limousin hingegen aßen die Leute Kastanien. In den Regionen Hainaut und Artois standen Butter und Milchprodukte auf dem Speiseplan, »weil das Land eine Fülle von Weiden hat«. In der Normandie hingegen ernährte man sich von Äpfeln und Birnen. Und natürlich wurde genau wie in der Bretagne Fisch gegessen. Auch am Mittelmeer liebte man Meerestiere, Oliven und Kapern, dazu Feigen, Weintrauben, Rosinen, Zitronen und Orangen.
    Der Autor erläuterte, dass sich diese Art zu speisen der der Spanier annähere. Man würde dort auch keine Butter kennen, sondern mit Öl würzen. Aus der Region Burgund überliefert der Mediziner ein Sprichwort: »besser eine gute Mahlzeit als schöne Kleider«. Und lästert, ein Burgunder hätte folglich Därme aus Seide (zitiert nach Philippe Gillet: Par Mets et par Vins ).
    Olivier de Serres (1539-1619), einer der führenden Agronomen seiner Zeit, widmete sich dem Weinbau und sprach sich für naturbelassenen Rebensaft
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